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Freiwild Mann

Freiwild Mann

Titel: Freiwild Mann
Autoren: Edmund Cooper
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kann?“
    „Ich weiß es nicht“, sagte Rura. „Nenn es Weiblichkeit. Nenn es Dummheit. Ich weiß nur, daß es keinen anderen Weg gibt, um am Leben zu bleiben.“
    „Komm mit mir zurück. Wir können die Sache zurechtbiegen. Komm zurück. Noch ist es Zeit.“
    Rura schüttelte den Kopf. „Du tust mir leid. Ehrlich, du tust mir leid. Du hast keine Ahnung, und du wirst nie eine Ahnung haben.“
    Diarmid sagte: „Mach dich auf die Socken, Höllenhure. In einer Minute habe ich meine Geduld und mein Wohlwollen verloren.“
    Garnet schaute ihn an. Der Haß war aus ihren Augen verschwunden und von Unglauben ersetzt. „Wenn ich überlebe, dann habe ich etwas zu erzählen. Wenn es mir jemand glaubt.“
    „Wenn du durch Schottland gelaufen bist, dann hast du wirklich eine Geschichte zu erzählen.“
    „Gebt ihr mir nicht etwas zu essen – oder eine Waffe?“
    „Ist dir dein Leben nicht genug?“
    „Gib ihr doch eine Notration“, bat Rura. „Das schadet keinem.“
    „Nun denn, gib ihr eine. Das mag bis zum großen Glen reichen – wenn sie nicht einen hungrigen Hochländer trifft.“
    Garnet nahm die Notration, in der Rura einen Dolch versteckt hatte.
    „Danke, Rura Alexandra. Viele Dinge tun mir leid.“
    „Uns allen tun viele Dinge leid.“
    Die Vernichterin drehte sich um und ging davon. Als das Blut wieder in ihren Gliedern zu zirkulieren begann, hinkte sie ein wenig vor Schmerzen.
    Mit einem Aufbrüllen und einem Funkenregen, der gegen den schneebeladenen Himmel wie ein wunderschöner Quell wirkte, stürzte das Dach des Hauses ein; die letzten Schätze von Jenny und Duncan Lindsay wurden aufgefressen.
    Rura fühlte sich jetzt zu leer, um zu weinen. „Wo fahren wir hin?“ fragte sie.
    „Nach Norden. Wir könnten auch nach Osten fahren. Es wäre vielleicht angenehmer für uns, aber es wäre auch angenehmer für die Grenzer – wenn sie die Sache weiterverfolgen. Nein, wir müssen nach Norden fahren und nach einem neuen Haus ausschauen. Es sollte nicht allzu schwierig sein. Der Tank des neuen Frautos ist noch ziemlich voll … Komm, Rura. Du fühlst dich wieder besser, wenn wir eine andere Zuflucht gefunden haben.“
    Sie lächelte. „Es wird nicht Lindsays Zuflucht sein.“
    „Nein. Zweifellos wird aber auch sie ihre eigene Geschichte haben. Und wir führen sie fort. Hast du alles, was du mitnehmen willst, eingepackt?“
    „Das Notwendigste. Waffen, Nahrung, Kleider. Und das eine oder das andere Souvenir.“
    „Bücher?“
    Sie nickte. „Bücher – und diese alten Briefe und den Heiratsvertrag. Das scheint ein Teil von uns geworden zu sein. Hältst du mich für verrückt?“
    „Nein, Mädel. Die Welt ist verrückt.“ Er versuchte, sie aufzuheitern. „Ungefähr siebzig Kilometer nördlich von hier ist ein Ort, Lochinver. Er liegt an einem kleinen Meer-Loch, und an klaren Tagen kann man die Insel Lewis und die Äußeren Hebriden sehen. Du wirst Lochinver mögen. An einem einzigen Tag kann man an zwanzig Frischwasserseen vorbeiwandern. Die Forellen sind die besten in Schottland. Und Hirschwälder gibt es dort und Schluchten, wie sie in Märchen beschrieben werden. Ist das nichts?“
    Sie preßte sich an ihn. „Doch, das wäre sehr viel.“
    „Dann steig ins Frauto, und wir fahren los. Wir fahren übers Meer. Heute ist kaum Seegang, nichts, was uns unangenehm wäre. Wir können noch vor Einbruch der Dunkelheit in Lochinver sein.“
    „Sind Leute in Lochinver?“
    „Ich bezweifle es. Aber wenn welche da sind, dann gehören sie zu meinem Volk. Und wir werden dort willkommen sein.“
    Rura nahm den Fahrersitz ein, überprüfte die Instrumente und startete die Maschinen. Als das Frauto sich erhob, warf sie einen letzten Blick auf Lindsays Zuflucht. Durch den leichten Vorhang der Schneeflocken sah sie das Begräbnisfeuer. Tote Träume brannten.
    Dann startete sie das Frauto und fuhr eine Pinienallee entlang zum Meer hinunter.
     

29
     
    Lochinver war genau das, was Diarmid versprochen hatte; ein wunderhübscher, verlassener kleiner Ort. Eine Anhäufung leerstehender Häuser. Es war kein Leben zu entdecken.
    Sie kamen eine Stunde vor der Dämmerung von der See her über das Loch. Niemand schoß auf sie. Nur die Geräusche des Meeres waren zu hören, und nur das öde schottische Zwielicht war zu sehen.
    Rura landete das Frauto auf der ehemaligen Hauptstraße und stieg aus. Sie zitterte in der ruhigen, kalten Luft und betrachtete sich die Ruinen der Häuser und der wenigen größeren Gebäude, leblos
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