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FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter

FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter

Titel: FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter
Autoren: Siegfried Wittwer
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dass so eine gerade ihrem Sohn hatte helfen müssen. Überhaupt hassten es die Frieses, von anderen abhängig oder ihnen zu Dank verpflichtet sein zu müssen.
    Rosa hatte sich gerade wieder zu Conrad gesetzt, als der Büttel angetrottet kam, seine Hellebarde auf der Schulter. Er war in der ganzen Stadt als alter Säufer bekannt, tat aber seine Pflicht, wenn er nüchtern war. Deshalb hatte man ihn bisher nicht entlassen.
    »Nun, was ist?«, wollte er wissen und blickte die Gerberstochter mit wässrigen, blutunterlaufenen Augen an. Wahrscheinlich hatte er die letzte Nacht wieder durchgezecht. Er wies auf den Jungen. »Was hat der Bursche angestellt?«
    »Nichts«, erwiderte Rosa dem Stadtsoldaten, »er hat gar nichts angestellt. Er ist nur ins Wasser gefallen und hat sich den Fuß verknackst.«
    »Und weshalb hast du mich rufen lassen?«
    Der Büttel war sichtlich ungehalten. Doch ehe Rosa ihm antworten konnte, eilten zwei Männer die Böschung hinunter, Stadtschreiber Friese und ein junger Mann im hellbraunen Überrock, seidenen Wams, in schwarzen Kniehosen und mit federgeschmücktem Barett – Benno Greve, der Advokat. Rosas Augen glänzten, als sie ihn sah. Jetzt, wo sie den Sohn des Stadtschreibers gerettet hatte, würde Benno Greve sie bestimmt wahrnehmen. Auf der anderen Seite schämte sie sich für ihren Aufzug: Die Haare waren nass und hingen wirr um ihre Schultern, und ihr Kleid war feucht und zerknittert. Wie sollte sie da seine Aufmerksamkeit gewinnen? Sicherlich war sie für ihn nur eine der unscheinbaren Mägde. Jemand, der seine Pflicht zu tun hatte und keinen Dank dafür erwarten durfte.
    Stadtschreiber Friese war ganz außer Atem. Kein Wunder bei seinen mehr als zwei Zentnern Körpergewicht. Sein aufgedunsenes Gesicht hatte sich vor Erregung gerötet und seine Stimme zitterte, als er Rosa anherrschte: »Was hast du mit meinem Sohn gemacht? Los, raus mit der Sprache!«
    »Soll ich sie festnehmen, Herr?«, mischte sich der Büttel ein, doch Friese wies ihn unwirsch ab.
    »Hast du meinen Sohn etwa in den Fluss gestoßen, du nichtsnutziges Weibsstück?«
    Der Stadtschreiber hatte seine Fäuste geballt, als wollte er die Gerberstochter schlagen, doch er befürchtete wohl, sich dabei schmutzig zu machen. Deshalb hielt er sich zurück.
    »Papa, nein«, ließ sich nun Conrad mit leiser Stimme vernehmen.
    »Was?«, fuhr Friese herum und starrte seinen Sohn an. »Was hast du gesagt? Hat sie dir etwas angetan?«
    Der Junge schüttelte stumm den Kopf. Offensichtlich fürchtete er, der Zorn seines Vaters träfe nun ihn. Alle starrten ihn nun an. Nur Rosa tätschelte beruhigend seine Schulter.
    »Lass deine Finger von meinem Jungen!«, herrschte sie der Stadtschreiber an. »Hast du nicht schon genug Unheil angerichtet?«
    Rosa wusste nicht, wie ihr geschah. Statt Dank erhielt sie Drohungen. Das hatte sie nicht erwartet. Auch wenn Heinrich Friese im Stadtrat saß, war er ein grober Klotz, unsensibel und vernagelt. Anstatt zu fragen, ob es seinem Jungen gut ging, schüttete er einfach nur Verdächtigungen aus.
    Ihre Augen glitten zu Benno Greve hinüber. Um die Lippen des jungen Mannes spielte ein leichtes Lächeln, so als ahnte er, was in Wirklichkeit geschehen war. Plötzlich zwinkerte er ihr mit einem Auge zu. Rosas Herz machte einen Sprung. Der Advokat schien auf ihrer Seite zu stehen! Dabei hatte Conrad noch immer nicht erzählt, dass er beinahe ertrunken war und Rosa ihn aus dem Fluss gezogen hatte.
    »Papa«, setzte der Junge erneut an, »sie hat mir nichts getan. Sie hat mich gerettet.« Er stockte, dann fuhr er fort. »Ich bin im Wasser ausgerutscht. Mein Fuß«, er zeigte auf den geschwollenen Knöchel, »mein Fuß war zwischen den Steinen eingeklemmt. Ich habe keine Luft mehr bekommen. Aber Rosa hat mich befreit und ans Ufer gezogen.«
    Conrad senkte seinen Kopf und schwieg. Was sollte er auch mehr sagen? Gleich würde es ein Donnerwetter geben und eine Maulschelle setzen. Er kannte seinen Vater und sein ungezügeltes Temperament.
    Doch Friese stand nur da, als hätte man ihn zum Zwölfuhrläuten im oberen Kirchturm der Katharinenkirche gesperrt. Schließlich fasste er sich, knurrte ein kurzes »Hab Dank«, zog Conrad am Ohrläppchen auf die Füße und wandte sich zum Gehen. Doch dann besann er sich, griff in seine Wamstasche, zog einige Groschen heraus und drückte sie der verdutzten Rosa in die Hand.
    »Nein, ich will kein Geld«, sagte sie brüskiert und versuchte die Münzen zurückzugeben. Doch Friese
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