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Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Titel: Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)
Autoren: Hera Lind
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sagte ich. »Welches Schweinderl hättens denn gern?«
    Endlich! Er war von selbst drauf gekommen!
    »Jetzt fällt es dir wie Schuppen aus den Flossen, was?«
    »Ein blaues«, sagte Klaus.
    Der Fisch kam.
    Wir beachteten ihn nicht.
    »Freust du dich …?«, fragte ich nach einer Weile.
    Klaus sah mich durchdringend an. »Das hast du ja ganz schön raffiniert eingefädelt!«
    »Wieso ich?«
    Klaus grinste.
    »Und deine Karriere? Frau Kammersängerin, morgen ist Premiere!«
    »Morgen sieht man es vielleicht noch nicht«, überlegte ich.
    »Du weißt genau, was ich meine!«
    Klaus nahm meine Hand und hielt sie einfach fest.
    Wir schwiegen. Der Fisch dampfte vor sich hin.
    »Wie stellst du dir das denn vor?«, fragte Klaus.
    »Es muss also gehen!«
    »Wie bitte? Wie stellst du dir dein Leben vor?!«
    »UNSER Leben stelle ich mir so vor: Wir müssen es von Grund auf neu strukturieren. Zum Beispiel nehmen wir eine Besetzungsänderung vor. Tante Pupke geht, Karlchen Frohmuth kommt. Wie findest du das?«
    Klaus hielt den Zeitpunkt für geeignet, nun mit seiner Überraschung rauszurücken.
    »Sie wäre sowieso ausgezogen. Stell dir vor.«
    »Ich versuche es gerade. Tante Pupke zieht aus …? Nein. Das kann ich mir nicht vorstellen. Ganz ausgeschlossen. Ich träume das bloß alles.«
    Gleich wache ich auf und liege einsam in des Geigers biberbettwäschebezogenem Bett und denke dem Traume nach. Träne auf Träne dann stürzet hernieder …
    »Doch. Du hättest gar nicht schwanger werden müssen. Das war ganz unnötige Mühe.«
    »Och«, sagte ich, »nicht der Rede wert! Hat aber Spaß gemacht. Sie zieht AUS?!?«
    »Ja. Ich habe es ihr nahegelegt. Und stell dir vor: Sie hatte es ohnehin schon vorgehabt! Sie wollte uns bloß nicht im Stich lassen!«
    Ich starrte ihn an. Tante Pupke wollte uns nicht im Stich lassen. WAR sie nicht rührend!! IMMER dachte sie zuletzt an sich!
    »Was hat sie denn vor? Heiratet sie etwa diesen Cholesterin-Walter?«
    »Erraten. Welches Schweinderl hättest DU denn gern?«
    »Auch ein blaues«, sagte ich.
    Wir guckten uns an. Ziemlich lange und ziemlich intensiv. Verdammt. Zu ihm gehörte ich? Wie hatte ich je daran zweifeln können?
    Klaus war ja ein Mann der Tat! Er hatte es getan! Ganz von selbst. Ohne embryonalen Druck von innen.
    Ich fühlte auf meinem Bauch herum. Ganz klar. Da regte sich Leben. Oder war das nur der Fisch, der dort hin und her schwamm?
    »Und du hast es ihr NAHEgelegt? Auf deine unnachahmlich diplomatische, sachliche und liebenswürdige Art?«
    »Ja. Ich wusste plötzlich, dass ich dich um nichts in der Welt verlieren wollte. Schon gar nicht wegen Frau Pupke.«
    »Und da hast du sie einfach rausgeschmissen? Einfach so?!? Erzähl ma! Was hast du wörtlich gesagt?«, geiferte ich begeistert.
    »Na ja, ich wollte ihr eine Abfindung zahlen, wie das im Allgemeinen so üblich ist, aber …«
    »Sie hat sie nicht genommen«, unterbrach ich ihn.
    »Sie hat mich gar nicht ausreden lassen. Übrigens eine eurer wenigen Gemeinsamkeiten. Gerade als ich ihr alles erklären wollte, platzte sie damit heraus, dass sie den Cholesterin-Walter heiratet. Warum, weiß ich auch nicht. Steuerliche Gründe waren es nicht.«
    »Hast du dich gleich erkundigt, ob man hilflose, cholesterinverseuchte Alt-Gesellen von der Steuer absetzen kann?«, fragte ich hämisch.
    Klaus lachte. »Deinen Sinn für Humor hast du jedenfalls nicht verloren. Jetzt aber zu dir! Wie stellst du dir den Alltag vor, mit zwei kleinen Kindern, die noch nicht mal laufen können?«
    »Es gibt da von der Firma Klapperstorch ein ganz irres Kinderwagenmodell«, sagte ich eifrig. »Hinten kann der Säugling liegen, und vorne hockt das Kleinkind. Die Türkenfrauen haben alle so was!«
    »Aber deine Karriere?!«, fragte Klaus verstört.
    »Eile mit Weile«, sagte ich. »Nur keine hektische Hast.«
    Dann begann ich mit Wonne, den Fisch zu verzehren. Klaus konnte ganz gegen jede Gewohnheit keinen Bissen runterkriegen. Ganz klar. Er wurde Vater.
    Tags drauf musste die heilige Familie schon wieder Abschied nehmen. Wir wanderten Hand in Hand zur Buckelpiste, Klaus, Paulchen mit Windmühle im Tragesack und ich.
    »Die Pflicht ruft«, sagte ich betont lässig, um jedwede Gefühlswallung im Tränensack zu lassen. »Frauen wie ich müssen nun mal an ihr Fortkommen denken. Karrierefrauen kommen nur auf Stippvisite zu Mann und Kind und lassen die Familie nach wenigen Stunden frustriert zurück, um wieder ein bisschen am beruflichen Fortkommen zu basteln.
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