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Frau an Bord (Das Kleeblatt)

Frau an Bord (Das Kleeblatt)

Titel: Frau an Bord (Das Kleeblatt)
Autoren: Hansi Hartwig
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überhaupt erscheinen, sitzt diese Trine alleine in einer Ecke und nicht mal nach einer Flasche Schluck wird sie locker. Sei also schon mal gewarnt: Die ist ein Partykiller, wie er im Buche steht.“ Simone schüttelte sich übertrieben angewidert. Gleich darauf zeigte sie erneut ihr lausbubenhaftes Schmunzeln. „Und wo wirst du jetzt wohnen?“
    E inen abgrundtiefen Seufzer ausstoßend zuckte Susanne die Schultern. „Keine Ahnung. Mir bleibt wohl nichts anderes übrig, als euren überaus gütigen Chief Mate zu fragen.“ Sie hüstelte geziert hinter vorgehaltener Hand und spitzte die Lippen. „Dabei hatte ich wirklich nicht vor, gleich auf der ersten Reise sämtliche Betten durchzuprobieren. Welch falsches Bild von mir muss euch dieses Verhalten aufdrängen? Wenn ich das meiner Freundin erzähle, wird sie mich für nymphoman halten. Mich! Ha, ausgerechnet. Na ja, wenigstens kann ich nicht über Langeweile klagen. Wie heißt der Chief Mate eigentlich?“
    „Äh … mmmh … tja, gute Frage.“ Die Stewardess hielt sich den Zeigefinger an die Lippen, wackelte mit dem Kopf wie ein altes Hutzelweib und tat, als durchforste sie angestrengt ihr Gedächtnis.
    „He , als Bereichsleiter Wirtschaft ist er dein Chef, oder nicht?“
    „ Mag sein, aber weißt du, ich habe schon eine ganze Menge von diesen Kerlen verschlissen, seit ich als Springer für die Kümos in der Ostsee angefangen habe. Dort hatte ich mitunter jede Woche einen anderen …“
    Si mone kratzte sich am Kinn und dehnte die Pause – des Effektes wegen – noch etwas in die Länge. „Einen anderen Chef. Was stellst du dir vor, wo ich da hingekommen wäre, hätte ich mir jeden Namen gemerkt? Die meisten waren es ohnehin nicht wert, dass man sich auch nur deren Gesichter angesehen hat. Mach dir also keine Rübe und nenne ihn ganz einfach Chief Mate.“ Simone brach in schallendes Gelächter aus und schlug Susanne auf die Schulter, was diese förmlich in die Knie sinken ließ. „Ja, Chief Mate, klingt doch gut, oder?“

3. Kapitel
     
    So kam es, dass Susanne einmal mehr ihre Reisetasche schnappte und sich beide ein weiteres Deck tiefer schleppte.
    Hier also! Simone hatte diesen düsteren Ort den Assi-Gang genannt. Abgesehen von Bäcker und Stewardess pflegten auf dieser Seite des Decks ausschließlich Maschinen-Assistenten zu wohnen, keine Asozialen, wie ihr Simone versichert hatte – obwohl es einem mitunter ganz genau so vorkam.
    Toll! dachte sie mit unverhülltem Sarkasmus. Hier stand sie quasi direkt im Magen des Schiffes, weit weg vom Hirn und ziemlich im Dunkeln. Ein Deck tiefer befand sich schon der Maschinenraum mit seinen Rohren und Leitungen, Kupplungen und Getrieben, Kesseln und Tanks, die dem Gewirr von Gedärm und dem darin befindlichen wüsten Inhalt ähnelten. Ob es dort auch so roch? All die verdächtigen Geräusche, das Rumoren und Klopfen, Zischen und Dröhnen legten diese Vermutung nahe.
    Sie ließ ihren Blick von einer in die andere Richtung schweifen. Viel gab es wahrhaftig nicht zu entdecken. Ein Schott reihte sich an das nächste, die meisten davon standen offen. Wahrscheinlich litten hier alle unter Platzangst. Ausgetretene Läufer bedeckten den Stahlboden, es gab einige verstaubte Lampen mit Metallgittern als Schirm, an allen Ecken und Enden hingen Handfeuerlöscher. Auf dem Gang selber stach lediglich ein bis zur Decke reichender, mindestens zwei Meter breiter Kühlschrank mit einem Handrad zum Öffnen ins Auge. Das Tageslicht fand kaum seinen Weg den Niedergang hinab, weshalb sogar tagsüber die Lampen brannten und den schmalen Gang in ein dämmriges Halbdunkel tauchten. Es stank nach Schweiß und Staub, Maschinenöl und …
    Unwillkürlich atmete Susanne flacher. Ach, vergiss es! schalt sie sich. Und denk bloß nicht drüber nach. Es ist jetzt dein Zuhause. Und sag ja nicht, du hast es nicht gewollt! Wenn du es darauf anlegst, lassen sich nämlich leicht hundert Zeugen finden, die das Gegenteil bezeugen. Du hast es mehr als alles andere auf dieser Welt gewollt, mehr als eine Familie in einem kleinen Dorf hinter den sieben Bergen, mehr als den treuherzigen Mehli oder ein geordnetes Leben an Land mit einem fürsorglichen Ehemann, einem niedlichen Häuschen mit Garten und einem Rockzipfel voller rotznasiger Kinder.
    „An die Arbeit, altes Haus, und sieh es von der positiven Seite. Von hier vertreibt dich nämlich garantiert keiner mehr, höchstens Ratten, Mäuse und Flöhe. Hoffen wir einfach mal, dass bei Platzmangel niemand
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