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Frau an Bord (Das Kleeblatt)

Frau an Bord (Das Kleeblatt)

Titel: Frau an Bord (Das Kleeblatt)
Autoren: Hansi Hartwig
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„Momentan zieht sie es vor, mit dem Dritten …“ Er hob die lächerlich in die Höhe gezwirbelten Augenbrauen und seine Zungenspitze lugte zwischen zwei Reihen schiefer Zähne hervor. „Sie wissen schon.“
    Nein, sie wusste nichts und noch viel weniger interessierte sie sich für irgendwelchen Bordtratsch. Offensichtlich erwartete der Nautiker auch gar keine Antwort von ihr, denn er wandte sich wieder seinen beiden Gesprächspartnern zu und ließ Susanne ohne ein weiteres Wort stehen. Sie kam sich wie der letzte Dorftrottel vor und starrte mit Todesverachtung den Rücken des Chief Mate an, während sie ihm in Gedanken probehalber den Hals umdrehte – freilich nicht, ohne ihm zuvor sein Grinsen und jeden Zahn einzeln aus der arroganten Visage geschlagen zu haben.
    Die Kammer der Oberstewardess. Das hörte sich nicht unbedingt nach einer dauerhaften Bleibe an. Das hörte sich nach einem gottverdammten Provisorium an!
    Na, von mir aus, dann eben ein Deck tiefer. Seufzend packte sie ihr Bündel zusammen und schleppte es die steile Treppe nach unten. Das war natürlich auch eine Möglichkeit, die Zeit totzuschlagen und das Schiff kennenzulernen. Susanne kniff die Augen zusammen und schaute sich um wie eine hochgradig Kurzsichtige. Stand hier irgendwo „Oberstewardess“ an der Tür? Oder hätte sie auf die andere Seite des Schiffes gehen sollen? Sie konnte sich nicht erinnern, ob der Chief Mate Steuerbord oder Backbord erwähnt hatte. Und selbst wenn – ihr entfuhr ein freudloser Lacher bei dieser Überlegung –, sie hätte ohnehin nicht gewusst, wo links und rechts war!
    Orientierungslos stapfte sie den Gang entlang und horchte vorsichtig an jeder Kammertür. Nirgends war eine Menschenseele zu sehen oder zu hören, niemand, den sie hätte fragen können. Der Verzweiflung nahe fiel ihr die Stewardess ein, welche sie beim Frühstück wie eine gute Bekannte begrüßt hatte. Den Weg zurück zur Messe fand sie bestimmt, musste sie doch einfach der Nase nach. Soweit sie sich erinnerte, befand sich die Kombüse gleich neben der Messe. Oder irgendwo in der Nähe.
     
    Zaghaft klopfte sie an das geöffnete Schott zur Pantry. Ohrenbetäubendes Grölen – selbst mit dem besten Willen konnte Susanne dieses Jaulen nicht als Singen bezeichnen – vereitelte ihr Bemühen, sich bemerkbar zu machen.
    D ie Stewardess allerdings hatte sie bereits entdeckt.
    „Hallo“, grüßte sie augenzwinkernd, während sie sich mit unverkennbarem Vergnügen dem Abwasch von Bergen an Frühstücksgeschirr widmete.
    „Entschuldig ung, ich wollte … Äh, ich störe wirklich nicht gern … andere bei der Arbeit, meine ich … trotzdem … Gibt es hier nicht mal ‘nen Geschirrspüler?“
    „Doch. Mich.“
    „Ähm. Tja dann … darf ich vielleicht“, Susanne musste sich einen sichtlichen Ruck geben, um das nächste Wort über die Lippen zu bekommen, „abtrocknen, bevor ich Sie um etwas bitten muss?“
    Bloß kurz hob die Stewardess verwundert die Brauen, nickte dann jedoch und warf ihr ein Geschirrtuch zu.
    „Ich brauch e Ihre Hilfe“, wiederholte Susanne eilig und noch etwas lauter als zuvor.
    Sie war nicht der Typ, der ohne triftigen Grund auf die Idee kam , sich freiwillig zur Küchenarbeit zu melden. Da man ihr das vermutlich anmerkte und sie keine falschen Hoffnungen zu wecken gedachte – und sie deswegen ein klein wenig unter schlechtem Gewissen litt –, wollte sie lieber gleich mit der Wahrheit herausrücken.
    Schnell war das Eis zwischen den beiden Frauen gebrochen. Einige Tassen von dem mörderisch starken Kaffee, den die Stewardess Simone Schill nach getaner Arbeit aus der Kombüse anschleppte, katapultierten den Rest von Susannes gedrückter Laune in Richtung Bombenstimmung. Sie hielt sich selber für einen Meister im Kaffeekochen, der hier dagegen … mmmh, der ließ einen wahren Kenner vor Dankbarkeit in die Knie sinken. Für dieses Rezept würde sie sogar ihre geliebte Großmutter verkaufen!
    Gemeinsam kletterten sie später ein Deck tiefer, wo Simone der Funkassistentin die Kammer der Oberstewardess zeigte. Vor der Tür verabschiedete sie sich grinsend.
    „In diese Kammer setze ich keinen Fuß. Sorry, Kleine, ich hab einen heiligen Schwur darauf geleistet. Wir sehen uns später!“
    Sie wirbelte herum, hielt dann jedoch inne und schaute Susanne nachdenklich an. „Wie sieht’s eigentlich heute Abend bei dir aus? Schon was vor?“
    „Haha , kleines Gaudi-Nockerl, wie?“
    „Was hältst du dann von einem
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