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Frankenstein - Der Schatten: Roman (German Edition)

Frankenstein - Der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Frankenstein - Der Schatten: Roman (German Edition)
Autoren: Dean Koontz
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anderen Tag hätte er sich gewaltig darüber ärgern können, in einem klatschnassen und zerknautschten Anzug und mit zerzaustem Haar gesehen zu werden. Aber in dieser Stunde seiner Transzendenz spielte der Zustand seiner Garderobe und seines Haars keine Rolle, denn seine Erhebung in den Rang der Unsterblichen war für sein Publikum klar ersichtlich, seine Ausstrahlung unvermindert.
    Wie sie ihn anglotzten, beschämt durch seine Weisheit und sein Wissen, gedemütigt durch ihre Unwissenheit, eingeschüchtert durch seine gottgleiche Macht.
    Er hob die Arme, breitete sie weit aus und sagte: »Ich verstehe die Ehrfurcht, die ihr eurem Schöpfer entgegenbringt, aber denkt immer daran, dass ihr ihn am besten ehren könnt, indem ihr euch noch eifriger für sein Werk abmüht, euch einbringt wie noch nie zuvor und euch mit jeder Faser eures Seins der Verwirklichung seiner Vision verschreibt.«
    Als sie auf ihn zukamen, erkannte Victor, dass sie die Absicht hatten, ihn hochzuheben und ihn in sein Büro zu tragen, wie im Laufe der Geschichte schon so viele verzückte Menschenmengen zurückgekehrte Helden durch die Straßen zu Ruhmeshallen getragen hatten. Früher hätte er sie dafür ausgescholten, dass sie seine und ihre eigene Zeit vergeudeten. Aber in Anbetracht der Tragweite der Ereignisse des heutigen Tages und seines Aufstiegs in den Kreis der Unsterblichen würde er ihnen vielleicht dieses eine Mal ihren Willen lassen, denn wenn er ihnen gestattete, ihm
auf diese Weise zu dienen, würde sie das gewiss zu noch größeren Anstrengungen in seinem Namen anspornen.

68.
    Jocko verzweifelt. Vom Regen durchnässt. Die Füße auf den Beifahrersitz hochgezogen. Die dünnen Ärmchen um die Beine geschlungen. Die Baseballkappe verkehrt herum aufgesetzt.
    Erika hinter dem Steuer. Sie fährt nicht. Sie starrt in die Nacht hinaus.
    Victor nicht tot. Er sollte es sein, ist es aber nicht.
    Jocko nicht tot. Er sollte es sein, ist es aber nicht. Totaler Pfusch.
    »Jocko wird nie wieder ein Insekt essen«, sagte Jocko.
    Sie starrte einfach nur in die Nacht hinaus. Sagte nichts.
    Jocko wünschte, sie würde etwas sagen.
    Vielleicht würde sie das Richtige tun. Jocko totschlagen. Er hatte es verdient. Aber nein. Sie war zu nett. So ein Pech. Typisch Jocko.
    Es gab Dinge, die er tun konnte. Das Fenster öffnen. Den Kopf rausstrecken. Das Fenster durch einen Knopfdruck schließen. Seinen Kopf absäbeln.
    Erika sagte: »Ich bin auf Gehorsam programmiert. Ich habe Dinge getan, von denen ich wusste, dass er sie nicht gutheißen würde – aber ich habe ihm noch nicht aktiv den Gehorsam verweigert.«
    Jocko konnte sein T-Shirt ausziehen. Es in Streifen reißen. Sich Streifen in die Nase stopfen. Seine Baseballkappe zusammenrollen. Sie in seine Kehle stopfen. Ersticken.
    »Heute Nacht ist mir etwas zugestoßen«, sagte sie. »Ich weiß nicht recht. Vielleicht könnte ich einfach an der Farm vorbeifahren, vielleicht könnte ich einfach immer und ewig weiterfahren.«
    Jocko konnte in die Wälder gehen. Sich in einen Daumen stechen. Warten, bis die Wildschweine das Blut rochen, kamen und ihn fraßen.
    »Aber ich fürchte mich davor, die Handbremse zu lösen und loszufahren. Was ist, wenn ich nicht an der Farm vorbeifahren kann? Was ist, wenn ich dort abbiege? Was ist, wenn ich nicht einmal fähig bin, dich laufenzulassen, damit du in Freiheit bist und sehen kannst, wie du dich allein durchschlägst?«
    Jocko hob eine Hand. »Darf ich was sagen?«
    »Was denn?«
    »Jocko fragt sich, ob du einen Eispickel hast.«
    »Wozu brauchst du einen Eispickel?«
    »Hast du einen?«
    »Nein.«
    »Schon gut.«
    Sie beugte sich vor. Legte die Stirn auf das Lenkrad. Schloss die Augen. Gab einen dünnen, traurigen Laut von sich.
    Es sollte möglich sein, sich mit einem Wagenheber umzubringen. Denk darüber nach. Denk nach. Denk nach.
    »Darf ich was sagen?«
    »Was sagen?«
    »Siehst du Jockos Ohr?«
    »Ja.«
    »Ist das Loch im Ohr groß genug, dass man das Ende deines Wagenhebers reinstecken könnte?«
    »Wovon um alles in der Welt redest du?«
    »Schon gut.«
    Plötzlich löste sie voller Entschlossenheit die Handbremse, schaltete und fuhr den 550 vom Rastplatz.
    »Fahren wir irgendwohin?«, fragte Jocko.
    »Irgendwohin.«
    »Kommen wir an einer hohen Klippe vorbei?«
    »Nein. Nicht auf dieser Straße.«
    »Was ist mit Bahnübergängen?«
    »Ich bin nicht sicher. Warum?«
    »Schon gut.«

69.
    Während Victor die Aufmerksamkeiten der bewundernden Menge über sich
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