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Fragmente: Partials 2 (German Edition)

Fragmente: Partials 2 (German Edition)

Titel: Fragmente: Partials 2 (German Edition)
Autoren: Dan Wells
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sehnte sich nach der Gemeinschaft und schreckte zugleich davor zurück. Es war eine Verbindung, die ihn quälte, diese Nähe und zugleich die Trauer. Es war niederschmetternd, wie häufig in letzter Zeit beides zusammenfiel. Unter ihm im Tal bewegten sich die Blätter an den Bäumen. Leise wiegten sich die Zweige, als der Wind hindurchstrich. Die Daten erreichten ihn nicht.
    Er war zu weit entfernt.
    Samm packte Spektiv und Richtmikrofon ein und verstaute beides zusammen mit der kleinen Solarbatterie im Rucksack. Zweimal suchte er seinen Lagerplatz ab und vergewisserte sich, dass er nichts vergessen hatte. Der Plastikbeutel mit dem Essen steckte schon wieder im Ranzen, die Kopfhörer waren im Rucksack verstaut, das Gewehr hatte er sich über die Schulter geschlungen. Selbst die Abdrücke des Dreibeins in der Erde glättete er mit dem Stiefel, bis es keine Spuren mehr gab.
    Schließlich warf er einen letzten Blick auf die Beerdigung des Colonels, setzte die Gasmaske auf und schlich zurück in sein Exil. In jenem Lagerhaus war kein Platz für Deserteure.

2
    Die Sonne schien durch die Lücken zwischen den Hochhäusern hindurch und malte gezackte gelbe Dreiecke auf die rissigen Straßen. Kira Walker hockte tief in der Straßenschlucht hinter einem verrosteten Taxi und beobachtete aufmerksam die Umgebung. Aus dem aufgeplatzten Asphalt wuchsen Büsche und kleine Bäume, die reglos in der Windstille standen. Kein Laut war in der Stadt zu hören.
    Dennoch hatte sich irgendetwas bewegt.
    Kira legte das Gewehr an und hoffte, mithilfe des Zielfernrohrs einen besseren Blick zu haben. Dann erinnerte sie sich – wie schon unzählige Male zuvor –, dass ihr Zielfernrohr vergangene Woche bei dem Erdrutsch entzweigegangen war. Fluchend ließ sie das Gewehr sinken. Sobald ich hier fertig bin, muss ich ein Waffengeschäft finden und das blöde Teil ersetzen. Sie spähte die Straße entlang und bemühte sich, Umrisse und Schatten zu unterscheiden. Wieder murmelte sie Flüche und setzte die Waffe abermals an. Alte Gewohnheiten legt man schwer ab. Schließlich zog sie den Kopf ein und kroch zum Heck des Taxis zurück. Dreißig Meter entfernt ragte ein Lieferwagen halb in die Straße hinein. Der Kastenaufbau sollte ihr Deckung geben vor allem, was sich dort unten herumtrieb. Sie spähte, starrte fast eine Minute lang auf die verlassene Straße, knirschte mit den Zähnen und rannte los. Kein Kugelhagel setzte ein, weder Geklapper noch Gebrüll waren zu hören. Der Lieferwagen erfüllte seinen Zweck. Sie ging in Deckung, sank auf ein Knie und spähte an der Stoßstange vorbei.
    Eine Elenantilope zog durch das Unterholz. Die gedrehten langen Hörner ragten hoch auf, die lange Zunge tastete nach Sprossen und Grünzeug im Schutt. Kira wartete ab und beobachtete aufmerksam die Umgebung. Die Bewegung, die sie zuvor wahrgenommen hatte, war vermutlich nicht von der harmlosen Antilope ausgegangen. Über ihr flog ein kreischender Rotkardinal vorbei, kurz danach kam ein weiterer. Die hellroten Farbtupfer wirbelten umeinander, wichen einander aus und jagten sich zwischen den Stromleitungen und den Ampeln. Unterdessen knabberte die Elenantilope friedlich und selbstvergessen an den kleinen grünen Blättern eines Ahornschösslings. Kira beobachtete das Tier, bis sie sicher war, dass es sonst nichts zu sehen gab, und wartete vorsichtshalber noch eine Weile. In Manhattan konnte man gar nicht vorsichtig genug sein. Bei ihrem letzten Besuch hatten die Partials angegriffen, und bei diesem Ausflug waren ihr bereits ein Bär und ein Panther auf den Fersen gewesen. Als sie sich daran erinnerte, hielt sie inne, wandte sich um und überprüfte das Gelände hinter sich. Nichts. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich, um zu fühlen, ob Partials in der Nähe waren, doch es klappte nicht. Es hatte noch nie geklappt. Noch nie hatte sie bewusst etwas Brauchbares aufgefangen, selbst dann nicht, als sie eine ganze Woche in engem Kontakt zu Samm verbracht hatte. Auch Kira war eine Partial, aber sie war anders – anscheinend fehlten ihr der Link und einige andere Eigenschaften. Außerdem wuchs und alterte sie wie ein ganz gewöhnlicher Mensch. Eigentlich wusste sie nicht, was sie war und wen sie hätte fragen sollen. Mit wem hätte sie reden können? Nur Samm und die verrückte Partialwissenschaftlerin Dr.   Morgan wussten, was sie war. Nicht einmal ihren Freund und engsten Vertrauten Marcus hatte sie eingeweiht.
    Sie schauderte und schnitt eine Grimasse, als
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