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Frag die Toten

Frag die Toten

Titel: Frag die Toten
Autoren: Linwood Barclay
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wohnt, und geb das ins Navi ein, und als ich zu dem Hause komme, steht dein Wagen schon davor.«
    Keisha hatte das dringende Bedürfnis, sich zu setzen, doch sie blieb stehen.
    »Ich parke also in einer Seitenstraße und gehe zu Fuß zum Haus zurück und finde diese tolle Stelle im Garten, dieses Seitenfenster vom Wohnzimmer, wo die Jalousien nicht ganz zu sind, und ich schau dir zu, wie du deine Nummer abziehst, obwohl’s natürlich viel besser gewesen wäre, wenn ich hätte hören können, was du sagst, denn das ist ja das, worauf’s wirklich ankommt, stimmt’s? Ich guck also eine Weile zu, und dann kommt Garfield auch schon mit einem Bademantel oder was das war, und du fummelst an dem Ding rum.«
    Er schüttelte den Kopf. »Eins würde mich schon interessieren, warum ist der Typ auf einmal ausgeflippt?«
    Keisha war sprachlos. Sie wusste nicht, worüber sie sich mehr wunderte – darüber, dass Justin alles gesehen hatte, oder darüber, dass er nichts unternommen hatte, als er es sah.
    »Ich meine, das hat mich wirklich umgehauen. Warum will der dich plötzlich umbringen? Nur, weil du versucht hast, ihm Geld rauszuleiern? Warum setzt er dich nicht einfach vor die Tür oder ruft die Bullen?« Er nickte ihr aufmunternd zu in der Hoffnung, ihr eine Antwort zu entlocken. »Was ist denn passiert?«
    »Ein … Glückstreffer«, antwortete Keisha, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern. »Ich bin der Wahrheit ein bisschen zu nahe gekommen. Seine Tochter hat ihre Mutter umgebracht, und er hat geholfen, es zu vertuschen.«
    Justins Mund klappte auf. Der Schock war echt. »Kein Scheiß? Mann, krass. Da warst du bestimmt fix und alle.«
    »Stimmt.« Beinahe tonlos.
    »Und da fängt er an, dich zu würgen, und du erwischst diese – was war das, eine von diesen Nadeln, mit denen man so Sachen selber macht?«
    »Ja.«
    »Und triffst ihn mitten ins Auge! Mit der Rückhand! Das war echt abgefahren! Und wie der dann rumtaumelte, mit dem Ding im Schädel, das war der Wahnsinn. Ich dachte schon, du hast ihn plattgemacht, auf einmal geht der wieder auf dich los. Der Arsch gibt einfach nicht auf. Wie im Film! Ich hätte nicht gedacht, dass du eine Chance hast, aber ich hab dir die Daumen gehalten, echt, hab ich gemacht.«
    »Er hätte mich fast umgebracht«, sagte Keisha und berührte ihren Hals. »Und du hast einfach zugesehen.«
    Justin zuckte die Achseln. »Hätte ich reinplatzen sollen, damit alle glauben, ich bin so ein perverser Spanner? Außerdem hast du’s eh allein geschafft. Und dann hast du dich vom Acker gemacht, und ich mich auch.« Er rieb sich wieder die Hände. »Möchtest du jetzt hören, was ich mir ausgedacht habe?«
    »Ich wette, ich weiß es.«
    »Ich will deine Hälfte.«
    »Was?«
    »Von dem Geld, das du von Dwayne gekriegt hast, weil du mich gefunden hast. Ich weiß, wir haben ausgemacht, dass wir teilen, aber jetzt will ich alles. Und …« Er rieb sich das Kinn. »Noch zwei Riesen drauf. Das sollte reichen. Sagen wir viertausendfünfhundert. Du gibst sie mir, und ich sag den Bullen nicht, was ich gesehen hab.«
    »Wenn du den Bullen sagst, was du gesehen hast, sagst du auch, dass du da warst.«
    Justin wackelte mit dem Zeigefinger. »Guter Einwand. Aber wenn ich anonym anrufe, was gibt’s da viel zu sagen? Ich geb denen einfach ein paar Tipps, damit sie dorthin gucken, wo’s was zu sehen gibt.«
    »Das würdest du wohl«, sagte Keisha.
    Justin lachte. »Hey, ich tu dir doch einen Gefallen. Ich bin nicht zur Polizei gegangen. Ich bin zu dir gekommen und hab dir eine Chance gegeben. Und weißt du, was ich mir noch gedacht habe? Ich habe mir gedacht, du und ich, wir sollten überlegen, wie wir in Zukunft zusammenarbeiten wollen. Ich glaube, wir wären ein tolles Team.«
    »Ich weiß nicht, wie ich dieses Geld auftreiben soll«, sagte Keisha. Da waren natürlich die fünftausend von Gail Beaudry, aber im Moment steckten die in Kirks Gesäßtasche. Wie groß war die Wahrscheinlichkeit, dass er sie rausrücken würde? »Ich weiß nicht, ob Kirk es mir gibt.«
    »Kirk? Ist das dein Freund?«
    Sie zögerte. »Ja.«
    »Du meinst, er wird sie dir nicht geben? Um dich vor dem Knast zu retten?«
    »Es wird schwer sein, ihn zu überzeugen.«
    »Weiß er, was da heute los war?«, fragte Justin. Keisha nickte. »Dann musst du mit ihm reden. Ihn überzeugen.«
    »Vielleicht solltest du ihn selbst darum bitten. Er müsste jeden Moment zurück sein.«
    Justin nickte selbstbewusst. »Ja, gut, dann rede ich mit ihm. Ich
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