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Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Merle
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Triebfeder des Lebens zerbrochen. Allem, was ich tat, oblag ich nur mit finsterem Eifer, und selbst gegen Samson, dem ich, Gott weiß warum, jetzt weniger zugetan, verfiel ich in eine Schweigsamkeit, die ihn sehr betrübte; gleichwohl vermochte ich nichts dagegen auszurichten, denn jedes Wort wurde mir zur Qual.
    Wenn ich auf Acla ausritt, die Besorgungen für meinen Vater zu erledigen, würdigte ich das frische Grün des Frühlings, das mir seine zarten Blätter entgegenstreckte, keines Blickes; es verlockte mich nicht zum Innehalten noch weitete es mir freudigdie Brust, so stumpf geworden war ich und wie zu Boden gedrückt. Selbst Acla konnte mich nicht mehr erfreuen, und ich spürte beim Reiten ihre Verwunderung darüber, daß ihr Herr sie so wenig liebte. Ob beschäftigt oder nicht, ich tat nichts anderes mehr, als mich der Vergangenheit zu erinnern und sie endlos wiederzukäuen, selbst noch im Bett, wo ich mich, wie verbrannt von meinem glühenden Schmerz, ruhelos wälzte.
    Einen Monat lang hielt diese Melancholie schon an, als ich mit Samson in die Bibliothek gerufen wurde. Ich sah auf den ersten Blick, daß mein Vater und Sauveterre zuversichtlicher gestimmt waren, als sie es je seit der geheimen Zusammenkunft der protestantischen Edelleute auf Mespech gewesen. Mein Vater zumal war wieder er selbst, wirkte verjüngt, reckte das Kinn empor, die Hände in den Hüften, und sprach mit klangvoller Stimme.
    »Meine lieben Söhne«, sagte er, »die Dinge der Reformation nehmen im Augenblick eine weit bessere Wendung als zum Zeitpunkt des Treffens von Bayonne, wo Jesabel unser Blut um ein Haar an Spanien verschachert hätte. Doch nun hat sich alles geändert: Wie Ihr wißt, meine Herren Söhne, haben sich einige hundert Bretonen vor vier Jahren in Amerika an der Küste Floridas niedergelassen. An dieser Stelle«, sagte er und setzte den Finger auf einen bestimmten Punkt seiner Weltkarte, darüber wir uns beide respektvoll beugten, verwundert, daß dieser Punkt von unserem Sarladischen Land so weit entfernt lag. »Diese Bretonen«, fuhr er fort, »sind wackere Seeleute und wackere Soldaten, und gelegentlich treiben sie auch Freibeuterei in der Karibischen See. Philipp II. von Spanien war in großer Besorgnis, ›daß sich die Franzosen so nahe bei seinen Besitzungen einnisten‹, und hat jüngst eine starke Truppe in Florida landen lassen, die über unsere Bretonen herfiel und sie meuchlings niedermetzelte, obwohl ihnen zugesichert worden war, sie würden mit dem Leben davonkommen, wenn sie sich ergäben.«
    »Unendlich viel Blut hat der allerchristlichste König in seinem Reich fließen lassen«, sprach Sauveterre mit zitternder Stimme. »Würde die Wahrheit über die Massaker bekannt, die er in Amerika begangen, müßte jeder Christ ihn verabscheuen.«
    »Dieses Massaker aber ist am Hofe von Frankreich bekannt geworden, meine Herren Söhne«, sagte mein Vater, »und dieFlorentinerin knirschte darob mit den Zähnen und forderte von ihrem Tochtermann lautstark Gerechtigkeit und Wiedergutmachung. Sie wird beides nicht erhalten und ist sicherlich zu feige, es zum Krieg kommen zu lassen, doch immerhin wird ihre angeblich heilige Liga mit Philipp II. für eine Weile hinfällig. Wir sind also – für den Augenblick wenigstens – außer Gefahr, und schon jetzt gibt es im Königreich immer seltener Mordanschläge auf Hugenotten, wie wenn den grimmigsten Papisten der Mut sänke, weil der Spanier bei uns schlecht angesehen.«
    Schweigen trat ein. Mein Vater blickte abwechselnd auf Samson oder mich und sagte dann beinahe feierlich:
    »Meine Herren Söhne, Euer Oheim Sauveterre und ich selbst, wir sind zu der Meinung gelangt, daß der Zeitpunkt günstig wäre, Euch beide entgegen unseren Plänen schon jetzt zum Behufe des Studiums nach Montpellier zu schicken. Ihr werdet in zwei Tagen aufbrechen. Miroul, Euer Diener, wird Euch begleiten.«
     
    Ich war weder unglücklich noch froh über diese Entscheidung. Ich fügte mich teilnahmslos drein wie in alles. Gleichwohl begann ich, wie mein Vater mir anempfohlen, all meine irdischen Güter zusammenzutragen, Kleider und Bücher, was noch keinen sonderlich großen Packen ergab. Wir brachen zu dritt auf, aber mit vier Pferden, denn eines davon sollte das Gepäck von drei Leuten und überdies drei Arkebusen mit dazugehöriger Munition tragen. In den Sattelhalftern unserer Pferde hatten wir jeder zwei Pistolen, dazu Dolch und Degen an unserer Seite, die wir auch beim Schlafen niemals
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