Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Merle
Vom Netzwerk:
Isabelles Medaille ein wenig wie auch die plötzliche Anwesenheit so vieler Frauenzimmer auf Mespech, denn Isabelle brachte ihre Kammerjungfer Cathau mit, ein Jahr später folgte die Amme Barberine mit ihrer Tochter Hélix, welche sie zu gleicher Zeit säugte wie das erste Kind meiner Mutter, meinen älteren Bruder François.
    Sauveterre, welcher überaus sparsam mit den gemeinsamen Gütern umging und sehr bedacht auf deren Mehrung war, konnte sich zumindest nicht beklagen, daß Isabelle de Caumont mit leeren Händen nach Mespech gekommen sei. Außer ihren verwandtschaftlichen Bindungen zum Adel des Périgord brachte sie zweitausend Dukaten in die Ehe ein, weiterhin einen stattlichen Kastanienwald, eine Wiese an der Straße nach Les Ayzies, ausreichend für zwei, drei Kühe, und zu allem noch einen ansehnlichen Steinbruch, kaum drei Meilen von Mespech entfernt, in dem sich der heimische ockerfarbene Stein leicht gewinnen ließ.
    Bestrebt, all ihren Besitz nutzbringend zu verwenden – so verkauften sie zum günstigsten Zeitpunkt und zu günstigem Preis alles, was die Wirtschaft abwarf, sei es nun Korn, Heu, Wolle, Honig, Nußöl, Schweinefleisch oder ein zweijähriger Wallach –, gedachten die Herren Brüder, aus diesem Steinbruch Gewinn zu ziehen, denn in jener Zeit pflegten Bürger wie Edelleute zum Prunk wie zu ihrer Bequemlichkeit viel zu bauen auf dem Lande.
    So ließen die Hauptleute am Sonntage nach der Hochzeit unter Trommelwirbel und Trompetenschall zu Sarlat verkünden, daß sie einen guten Steinbrecher suchten, welcher sich ihnen am kommenden Sonntag auf dem Kirchplatz vorstellen möge. Doch schon am folgenden Tage erschien an der ersten Zugbrücke vor dem kleinen runden Inselturm ein bärtiger Geselle von hohem Wuchs und vierschrötiger Gestalt. Sein grobes Leinenhemd ließ auf der Brust eine dichte schwarze Behaarung sehen, und seine Beinlinge waren an Knöcheln und Knien mit Lederstreifen umwunden. Er war bepackt wie ein Lastesel, denn über der einen Schulter trug er einen großen englischen Bogen und an seinem Gürtel hingen ein großer Eßnapf, ein langes Messer sowie ein Köcher mit Pfeilen. Auf dem Rückenhatte er eine große Holzkiste, gehalten von einem breiten Riemen über der rechten Schulter. Seine staubigen Füße waren nackt, sein Kopf hingegen war von einem spitzen Filzhut bedeckt, den er lüpfte, als die Hauptleute am Turmfenster über der Zugbrücke erschienen.
    »Ihr Herren Hauptleute«, sprach der Geselle, »ich bin der gesuchte Steinbrecher. Man heißt mich Jonas.«
    »Du solltest dich den kommenden Sonntag auf dem Kirchplatz zu Sarlat einfinden«, entgegnete Sauveterre. »Kannst du nicht warten?«
    »Ich schon, Ihr Herren Hauptleute«, gab Jonas zur Antwort, »doch mein großer Leib verlangt nach Brot.«
    »Was tust du mit diesem englischen Bogen?«
    »Ich jage damit, so ich die Erlaubnis der Gemeinden oder der Grundherren erhalte.«
    »Du wilderst auch gelegentlich?«
    »O nein, Ihr Herren!« rief Jonas aus. »Das wäre ein großes Verbrechen! So etwas tue ich nicht. Ich habe nur einen einzigen Hals, um zu trinken, zu essen und Gottes reine Luft zu atmen.«
    »Und was ist in der Kiste, die du da auf dem Rücken trägst?« fragte Siorac.
    Mit einer Schulterbewegung ließ Jonas sie zur Erde gleiten und öffnete den Deckel.
    »Meine Steinbrecherwerkzeuge.«
    Sich wieder in voller Größe aufrichtend, dunkel die Haut und das Haar, die geöffneten breiten Hände an den muskelkräftigen Armen leicht zitternd, blickte er nun die Hauptleute in banger Erwartung an.
    »Woher kommst du, Jonas?« fragte Sauveterre, und da dieser ihn beim Namen genannt, richtete Jonas seine Augen hoffnungsvoll auf ihn.
    »Aus einem Flecken in den Bergen der Auvergne, Marcolès genannt. Der Steinbruch, wo ich mein Handwerk ausgeübt, ist vollends abgebaut.«
    »Jonas«, so fragte Siorac weiter, »verstehst du gut mit deinem Bogen umzugehen?«
    »Begehret Ihr eine Probe meines Könnens?«
    »Vermagst du den Raben zu treffen, der sich so frech auf dem Wipfel unseres Nußbaumes dort spreizt?«
    Den Kopf wendend, prüfte Jonas den Wind und sprach: »Soder Wind sich nicht dreht, ist es um ihn geschehen!« Hierauf ergriff er seinen Bogen, legte einen Pfeil auf, stellte sich in Positur und spannte den Bogen, bis die Schnur ihm Nase und Kinn berührte. Ohne daß er zu zielen schien, ließ seine Hand die Schnur aus, der Pfeil flog davon, und der Rabe fiel unter lautem Flügelschlagen und Blätterrascheln zu Boden.
    »Ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher