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Fortunas Tochter

Fortunas Tochter

Titel: Fortunas Tochter
Autoren: Isabel Allende
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Sojasauce«, und dann fuhr sie mit ihm in die Umgebung der Stadt. Sie verbrachten den Tag an der frischen Luft und tollten wie die Kinder. In der Nacht darauf schlief er wie ein Murmeltier und wachte dann neu gestärkt und fröhlich auf.
    Kapitän John Sommers legte am 15. März 1853 im Hafen von Valparaíso an, erschöpft von der Reise und den Forderungen seiner Brotgeberin, deren neueste Laune verlangte, aus dem Süden Chiles einen Gletscherbrocken von der Größe eines Walfangschiffes am Schlepptau nach San Francisco zu bugsieren. Sie hatte es sich einfallen lassen, Sorbett und Speiseeis für den Verkauf herzustellen, da die Preise für Gemüse und Obst sehr gefallen waren, seit die Landwirtschaft in Kalifornien aufblühte. Das Gold hatte in vier Jahren eine Viertelmillion Einwanderer herbeigezogen, aber die reichen Erzadern versiegten. Trotzdem dachte Paulina Rodríguez de Santa Cruz nicht daran, sich jemals wieder aus San Francisco fortzurühren. Sie hatte diese Stadt der Glücksritter, in der es noch keine sozialen Klassen gab, in ihr ungestümes Herz geschlossen. Sie überwachte persönlich den Bau ihres zukünftigen Heims, eines Herrensitzes auf der Spitze eines Hügels, von dem man den besten Ausblick auf die Bucht hatte, aber sie erwartete ihr viertes Kind und wollte es in Valparaíso zur Welt bringen, wo ihre Mutter und ihre Schwestern sie verwöhnen und verhätscheln würden. Ihr Vater hatte einen sehr gelegen kommenden Schlaganfall erlitten, der ihm eine halbseitige Lähmung und eine Gehirnerweichung hinterlassen hatte. Die Krankheit hatte den Charakter Agustín del Valles nicht verändert, aber sie hatte ihm Angst vorm Sterben eingeflößt - und vor der Hölle natürlich. In die andere Welt hinüberzugehen mit einem ganzen Bündel Todsünden auf dem Buckel war keine gute Idee, hatte ihm unentwegt sein Cousin, der Bischof, gepredigt. Vom einstigen Weiberhelden und Teufelskerl war nichts Übriggeblieben, aber nicht der Reue wegen, sondern weil sein ramponierter Körper zu dergleichen Anstrengungen nicht mehr fähig war. Er hörte täglich die Messe in der Kapelle seines Hauses, ertrug stoisch die Lesungen der Evangelien wie die endlosen Rosenkränze, die seine Frau herbetete. Nichts davon jedoch machte ihn gnädiger zu seinen Pächtern und Angestellten. Er führte sich weiterhin gegenüber seiner Familie und dem Rest der Welt als Despot auf, aber eine gewisse Sinnesänderung war doch zu verzeichnen, und zwar entwickelte er plötzlich eine unerklärliche Liebe zu Paulina, der abwesenden Tochter. Er vergaß, daß er sie verstoßen hatte, weil sie aus dem Kloster ausgerissen war, um diesen Judensohn zu heiraten, an dessen Namen er sich nicht erinnerte, weil es kein zu seiner Klasse gehörender war. Er schrieb ihr und nannte sie seine Lieblingstocher, die einzige, die von seinem Holze sei und seinen visionären Blick für Geschäfte geerbt habe, und flehte sie an, heimzukommen, denn ihr armer Vater wünsche sie vor seinem Tode noch einmal zu umarmen. Geht es dem Alten wirklich so schlecht? fragte Paulina ihre Schwestern in einem Brief hoffnungsvoll. Aber das tat es nicht, und sicherlich würde er noch viele Jahre leben und von seinem Rollstuhl aus alle Welt kujonieren.
    Kapitän Sommers hatte es oblegen, auf dieser Reise seine Chefin zu transportieren mit ihren ungezogenen Kindern, den ständig seekranken Dienstmädchen, der Ladung Gepäck, zwei Kühen für die Milch der Kleinen und drei Schoßhündchen, ähnlich denen der französischen Hofdamen mit Schleifen über den Ohren, die den während der ersten Reise im Pazifik ertrunkenen ersetzten. Dem Kapitän kam die Fahrt endlos vor, und ihn entsetzte die Vorstellung, daß er binnen kurzem Paulina und ihren Zirkus wieder zurück nach San Francisco bringen mußte. Zum erstenmal in seinem langen Seefahrerleben dachte er daran, sich zurückzuziehen und die Zeit, die ihm in diesem Leben noch blieb, auf dem festen Land zu verbringen. Sem Bruder Jeremy erwartete ihn auf dem Kai und fuhr mit ihm nach Hause, während er Rose entschuldigte, die an einem Migräneanfall litt.
    »Du weißt schon, sie wird an Elizas Geburtstag immer krank. Sie hat sich nach dem Tod des Mädchens noch immer nicht erholen können«, erklärte er.
    »Darüber will ich mit euch reden«, erwiderte der Kapitän.
    Miss Rose hatte nicht gewußt, wie sehr sie Eliza liebte, bis sie nicht mehr da war. Da hatte sie gefühlt, daß die Gewißheit der mütterlichen Liebe für sie zu spät kam.
    Sie klagte
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