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Fortunas Tochter

Fortunas Tochter

Titel: Fortunas Tochter
Autoren: Isabel Allende
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verhießen.
    Auf mehreren stand gekritzelt: »Ich zahle 5000«, unterschrieben von Joaquín Murieta. Sie fühlten sich verhöhnt und hatten nur noch drei Tage, dann lief die festgesetzte Frist ab; wenn sie mit leeren Händen zurückkehrten, würden sie nicht einen Cent von den 1000 Dollar des Gouverneurs sehen. Aber dies sollte ihr Glückstag werden, denn als sie schon alle Hoffnung aufgegeben hatten, stießen sie auf eine Gruppe von sieben nichts Böses ahnenden Mexikanern, die unter Bäumen lagerten.
    Später würde der Captain sagen, sie hätten kostspielige Anzüge getragen und die sehr edlen Pferde luxuriöse Geschirre, ein Grund mehr, seinen Argwohn zu wecken, deshalb sei er auf sie zugeritten und habe sie aufgefordert, sich auszuweisen. Statt zu gehorchen, rannten die Verdächtigen Hals über Kopf zu ihren Pferden, aber ehe sie aufsitzen konnten, waren sie von Loves Trupp umzingelt. Der einzige, der mit olympischer Ruhe die Angreifer ignorierte und auf sein Pferd zuging, als hätte er den Befehl nicht gehört, schien der Anführer zu sein. Er trug nur ein Jagdmesser im Gürtel, seine Waffen hingen am Sattel, aber er erreichte sie nicht, weil der Captain ihm die Pistole an die Stirn hielt. In wenigen Schritten Entfernung beobachteten die Mexikaner angespannt, was vor sich ging, bereit, ihrem Anführer bei der ersten Unachtsamkeit des Trupps zu Hilfe zu kommen, berichtete Love. Plötzlich machten sie einen verzweifelten Ausfall, vielleicht um die Bewacher abzulenken, während ihr Anführer mit einem gewaltigen Sprung auf seinen feurigen Fuchs aufsaß und die Reihen der Verfolger durchbrach. Er kam jedoch nicht weit, denn ein Gewehrschuß verwundete das Pferd, das Blut erbrechend niederstürzte. Der Reiter, der kein anderer als Joaquín Murieta gewesen sei, behauptete Captain Love, sei davongerannt wie ein Hirsch, und es sei ihnen nichts andres übriggeblieben, als ihre Pistolen auf den Flüchtenden zu leeren.
    »Hört auf zu schießen, ihr habt eure Arbeit getan«, sagte der Bandit, bevor er zu Boden sank, vom Tode besiegt.
    Dies war die dramatisierte Fassung der Presse, und kein Mexikaner war am Leben geblieben, um das Geschehene aus seiner Sicht zu erzählen. Der heroische Captain Love schlug mit einem Säbelhieb dem vermutlichen Murieta den Kopf ab. Einer der Söldner bemerkte, daß ein anderes Opfer eine verkrüppelte Hand hatte, woraus sie schlossen, das müsse Drei-Finger-Jack sein, weshalb sie auch ihn köpften und nebenbei die Hand abhackten.
    Captain Love und seine zwanzig Mann galoppierten jetzt zum nächsten Dorf, das mehrere Meilen entfernt war, aber es herrschte eine höllische Hitze, und der Kopf von Drei- Finger-Jack war so von Schüssen durchlöchert, daß er auseinanderzufallen drohte, deshalb warfen sie ihn unterwegs weg. Von Moskitos und üblem Geruch belästigt, begriff Captain Love, daß er seine Beute konservieren mußte, sonst würde er sie nicht heil nach San Francisco bringen, um seine wohlverdiente Belohnung zu kassieren, also steckte er sie in riesige Glasgefäße mit Gin. Er wurde empfangen wie ein Held: er hatte Kalifornien vom schlimmsten Banditen seiner Geschichte befreit. Aber so klar sei die Sache durchaus nicht, meldete Jacob Freemont sich zu Wort, die Geschichte rieche nach Verschwörung. Vor allem könne niemand beweisen, daß alles so abgelaufen sei, wie Harry Love und seine Männer berichteten, und es sei doch ein bißchen verdächtig, daß nach drei Monaten fruchtloser Suche sieben Mexikaner just zu dem Zeitpunkt auftauchten, an dem der Captain sie am dringendsten benötigte. Es gebe auch niemanden, der Joaquín Murieta hätte identifizieren können; er selbst habe sich den Kopf angesehen und könne nicht mit Sicherheit sagen, es sei der des Banditen, den er kenne, auch wenn er ihm allerdings ähnlich gesehen habe.
    Wochenlang wurden in San Francisco der Kopf des mutmaßlichen Joaquín Murieta und die Hand seines verabscheuungswürdigen Anhängers Drei-Finger-Jack ausgestellt, bevor sie auf einer Triumphfahrt durch das übrige Kalifornien geführt wurden. Die Neugierigen standen Schlange um den ganzen Häuserblock, und da war keiner, der die unheimlichen Trophäen nicht von nahem gesehen hätte. Eliza war eine der ersten, die sich anstellten, und Tao Chi’en begleitete sie, er wollte nicht, daß sie sich allein einer solchen Prüfung aussetze, wenn sie auch die Nachricht mit erstaunlicher Ruhe aufge– nommen hatte. Nach endlos langem Warten in der Sonne waren sie an der
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