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Fortunas Tochter

Fortunas Tochter

Titel: Fortunas Tochter
Autoren: Isabel Allende
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war aus verschiedenen Städten ausgewiesen worden. Aber ihre größte Tat war es gewesen, einem König das Herz zu brechen.
    Ludwig I. von Bayern war ein braver Mann, sechzig Jahre lang knauserig und vernünftig, bis sie ihm in die Quere kam und ihn ein paarmal um sich selbst drehte und zu ihrem Hampelmann machte. Der Monarch verlor Verstand, Gesundheit und Ehre, während sie die könig– lichen Schatzkammern plünderte. Der verliebte König gab ihr alles, was sie wollte, einschließlich des Titels einer Gräfin, aber er konnte nicht erreichen, daß seine Unter– tanen sich mit ihr abfanden. Ihre miserablen Manieren und verrückten Launen erregten den Haß der Münchner, die schließlich in Massen auf die Straße gingen, um die Abschiebung der Geliebten des Königs zu verlangen. Statt stillschweigend zu verschwinden, trat sie der Menge mit einer Reitpeitsche entgegen und wäre sicherlich in Stücke gerissen worden, hätten nicht ihre getreuen Diener sie mit Gewalt in eine Kutsche gesetzt und über die Grenze gebracht. Verzweifelt dankte der König ab und machte sich bereit, ihr ins Exil zu folgen, aber ohne Krone, Macht und Bankkonto war der Kavalier nicht mehr viel wert, und die Schöne ließ ihn einfach sitzen.
    »Das heißt, der üble Ruf ist ihr einziges Verdienst«, stellte Tao Chi’en fest.
    Eine Gruppe irischer Bewunderer spannte die Pferde vor Lolas Kutsche aus und zog sie durch Straßen, die mit Blumen gepflastert waren, zu ihrem Hotel. Eliza und Tao Chi’en sahen sie in glorreichem Zug vorüberfahren.
    »Das einzige, was in diesem Land der Irren noch fehlte«, seufzte Tao Chi’en auf kantonesisch, ohne der Schönen mehr als einen Blick zu gönnen.
    Eliza folgte dem Karneval ein paar Straßen weit, halb belustigt, halb bewundernd, während ringsum Pistolen und Raketen um die Wette knallten. Lola Montez hielt den Hut in der Hand, ihr schwarzes Haar war in der Mitte gescheitelt und über den Ohren zu Locken frisiert, ihre leuchtenden Augen waren nachtblau, sie trug einen Rock aus Bischofssamt, eine Bluse mit Spitzen an Kragen und Manschetten und ein mit Glasperlen besticktes Torero– jäckchen. Ihre Haltung war ebenso spöttisch wie heraus– fordernd, sie war sich voll bewußt, daß sie die ursprünglichsten, geheimsten Wünsche der Männer verkörperte und zugleich das symbolisierte, was die Verfechter der Moral am meisten fürchteten; sie war ein verderbtes Idol, und diese Rolle entzückte sie. Vor lauter Begeisterung bewarf einer der Zuschauer sie mit einer Handvoll Goldstaub, der in ihrem Haar und auf ihrer Kleidung haften blieb wie eine Aura. Der Anblick dieser triumphierenden, furchtlosen jungen Frau erschütterte Eliza. Sie mußte an Miss Rose denken, wie sie es immer häufiger tat, und eine Woge von Mitgefühl und brennender Zärtlichkeit überkam sie. Sie sah sie vor sich in ihrem Korsett, gerader Rücken, Taille eingezwängt, schwitzend unter fünf Unterröcken, »Beine zusammen, wenn du dich hinsetzt, geh gerade, ohne Hast, sprich leise, lächle, zieh keine Grimassen, sonst kriegst du Falten im Gesicht, hör schweigend zu und tu interessiert, das schmeichelt den Männern«. Miss Rose mit ihrem Vanilleduft, immer so nachsichtig. Sie sah sie auch in der Badewanne, mit einem nassen Hemd knapp bedeckt, die Augen funkelnd vor Lachen, das Haar verstrubbelt, die Wangen rot, locker und fröhlich, wie sie ihr zuflüsterte:
    »Eine Frau kann tun, was sie will, Eliza, sie muß es nur gescheit tun.« Lola Montez jedoch tat es ohne jede Vernunft; sie hatte mehr Leben gelebt als der verwegenste Abenteurer, und sie hatte es getan mit dem ganzen Hochmut ihrer strahlenden Erscheinung.
    An diesem Abend betrat Eliza nachdenklich ihr Zimmer und öffnete den Koffer mit ihren Kleidern, verstohlen, als beginge sie etwas Unrechtes. Sie hatte ihn seinerzeit in Sacramento stehenlassen, als sie sich das erstemal auf die Suche nach ihrem Liebsten machte, aber Tao Chi’en hatte ihn mitgenommen nach San Francisco in der Überlegung, daß ihr Inhalt ihr eines Tages nützlich sein könnte. Als sie ihn öffnete, fiel etwas zu Boden, und verdutzt sah sie, daß es ihr Perlenhalsband war, der Preis, mit dem sie damals Tao Chi’en bezahlt hatte, damit er sie auf das Schiff schmuggelte. Lange stand sie gerührt mit den Perlen in der Hand. Dann schüttelte sie die Kleider aus und legte sie auf das Bett, sie waren zerknittert und rochen muffig. Am nächsten Tag brachte sie sie in die beste Wäscherei von Chinatown.
    »Ich werde
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