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Flug ins Feuer

Flug ins Feuer

Titel: Flug ins Feuer
Autoren: Shalvis Jill
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sie vor einer Wand aus schlaffen, durstigen Koniferen, die geradezu explodieren würden, wenn sie das Feuer nicht stoppen könnten. Weit über ihnen war nackter Fels, weit unter ihnen die bereits abgebrannte Fläche … aber dazwischen befand sich der reinste Albtraum, den sie nicht aufhalten konnten.
    Griffin trug dieselben Kleidungsstücke, in denen er hergeflogen war, nämlich Jeans und T-Shirt. Tom hatte Handschuhe für ihn mitgebracht und ein hochgeschlossenes Hemd mit langen Ärmeln, um seine Arme zu schützen.
    Es herrschten nahezu hundert Grad, ohne die geringste Luftfeuchtigkeit. Die Luft knisterte förmlich. Wie immer schaffte das Feuer sich sein eigenes Wetter, und Griffin hatte noch nie in seinem Leben einen erneuten Feuerausbruch erlebt, der sich so schnell so stark erhitzt hatte. Als am frühen Abend die Dämmerung hereinbrach, entzündeten sich explosionsartig sogar die Bäume und die Vegetation, deren Wurzeln in den Fluss reichten, schossen die Flammen senkrecht in den Himmel, wo Feuerbälle von Baumspitze zu Baumspitze zu springen schienen. Ein Baumkronenfeuer, angefacht vom Wind, und jetzt schien
es nicht einmal mehr die Bodenvegetation zur Unterstützung zu brauchen.
    Er sah sich um und begriff. Diese Sache war ihnen über den Kopf gewachsen. Der schmale Fluss mit dem niedrigen Wasserstand würde ihnen nicht genug Schutz bieten, nicht bei derart heißen Flammen.
    Das bedeutete, dass sie unerwartet eingeschlossen waren. Sie konnten nicht bergab gehen, die heimtückische Feuerwand hielt sie zurück. Gleichzeitig schoben Windböen mit einer Geschwindigkeit von fünfzig Stundenkilometern das Feuer vor sich her und reduzierten den Abstand zwischen den Flammen und der Nahrung auf dem Boden, was ein riesiges Flammeninferno verursachte. Es raste vor ihnen den Hügel hinauf, blockierte ihren Rückweg.
    Griffins Verstand raste ebenfalls. Er überschlug, welche wenigen Möglichkeiten ihnen blieben, als plötzlich eine siebzig Meter hohe Pinie krachend zu Boden fiel und der Boden wie bei einem Erdbeben erzitterte.
    »Griffin?« Lyndie packte seinen Arm und war totenbleich trotz der sengenden Hitze.
    Ganz automatisch streckte er den Arm nach ihr aus. »Angst?«
    »Nein.« Sie blickte sich um, auf die Bäume über ihnen, die brannten und in der trockenen Luft knisterten, wie sie nach und nach umzingelt wurden. Die heiße Luft wehte ihr die Haare ums Gesicht, und ihr Griff verstärkte sich.
    Mit einem ohrenbetäubenden Krachen explodierte ein Baum gleich rechts neben ihnen.
    Lyndie zuckte zusammen. »Okay, jetzt habe ich offiziell Angst.«
    Die Flammen leckten beinahe schon an ihren Hacken, und er wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis sie
den Fluss übersprangen und sie erreichten. Es ging so verdammt schnell, dass er es immer noch nicht fassen konnte. »Zu dem abgebrannten Gebiet in östlicher Richtung«, sagte er zu Lyndie.
    Sie gab die Richtungsangabe weiter, brüllte über den tosenden Wind und das knisternde Feuer hinweg. »Gehen wir. Vayamos !«
    Einer hinter dem anderen gingen sie am Fluss entlang zu dem in der vergangenen Woche abgebrannten Gebiet. Weiter südlich oder in irgendeine andere Richtung konnten sie nicht, die Flammen hatten sie eingeschlossen. Sie saßen fest auf einem Berghang mit einer Fläche von etwa zwanzig Hektar, umringt von Flammen, und sahen hilflos zu. Etwas anderes konnten sie nicht tun.
    Gefangen zwischen der Felswand und dem bereits abgebranntem Gebiet, wütete das Feuer gegen sich selbst. Die Sonne ging unter, und abgesehen von dem Feuer saßen sie im Dunkeln, ein unheimliches, geradezu übersinnliches Erlebnis für jeden, der so etwas noch nie erlebt hatte. Ein dunkler, sehr dunkler Himmel und Flammen, die emporleckten überall um sie herum.
    Mit Hilfe von Lyndies Übersetzung tat Griffin sein Bestes, um die Anwesenden zu beruhigen, und er bewunderte nicht zum ersten Mal, wie sie sich hielt. Eine Stunde lang saßen sie da, und dann noch eine Stunde, und dann endlich war der Feuersturm vorbei.
    Sie hatten sechzehn weitere Hektar verloren, aber nicht eine Menschenseele, und Griffin hatte das Gefühl, er könnte sich jetzt hinlegen und drei Wochen am Stück schlafen. Sie wankten den Berg hinunter in die Stadt, und erschöpft, wie sie waren, ging jeder seiner Wege.
    Griffin saß in der Küche des Gasthauses und bekam von
Rosa Essen vorgesetzt zusammen mit einigen der Männer, die sie unbedingt ebenfalls abfüttern wollte. Nach und nach gingen sie und ließen ihn
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