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Fluesterndes Gold

Fluesterndes Gold

Titel: Fluesterndes Gold
Autoren: Carrie Jones
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liebenswert. Sie entschuldigt sich. Deine Mutter hat dich gut erzogen. Das mit deinem Stiefvater tut mir leid, Liebes.«
    Ein Kloß blockiert meine Kehle, aber das Wort kommt trotzdem heraus: »Danke.«
    »Weißt du, ich kannte deine Eltern …«
    Die Sekretärin setzt die Brille ab und mustert mich mit freundlichem, mitleidigem Blick, dann zieht sie ihre Ärmel über die Handgelenke, nimmt einen Ordner zur Hand und lässt ihn auf die Theke fallen. Die Zicke verdreht die Augen und wendet uns den Rücken zu. Die Sekretärin bemerkt das nicht einmal. Sie zieht einen Stundenplan hervor: »Hier, Liebes. Alle deine Stunden. Ich bin übrigens Mrs. Nix.«
    Mit zitternder Hand nehme ich den Computerausdruck. Das ganze Blatt wackelt. Mein Gott.
    »Es wird alles gut, Liebes. Der erste Tag ist immer der schwierigste!« Sie wendet sich an die Zicke: »Megan, könntest du Zara zeigen, wo ihre erste Stunde stattfindet?«
    Megan. Was für ein passender Name für die Zicke. Alle Megans können mich nicht leiden.
    Und diese Megan ist keine Ausnahme.
    Sie dreht sich um und schaut mich finster an: »Ich muss mich um die Bekanntmachungen kümmern.«
    Mrs. Nix schlägt sich mit der Hand an die Stirn: »Ach ja, klar.«
    Sie ruft über die Schulter: »Ian, wie wär’s, wenn du Zara zu ihrem Klassenzimmer bringen würdest?«
    Megan zeigt feixend auf meine Jeans: »Nette Friedensabzeichen, Hippie.«
    Ich lächle sie an und denke mir: »Nette Schuhe, hergestellt von Kindersklaven in Asien, du materialistische Barbie.«
    Sie wendet mir den Rücken zu, und ich halte mir den Mund zu, damit ich meine Retourkutsche nicht laut ausspreche. Mrs. Nix wippt auf den Fersen und hält nach Ian Ausschau.
    »Hier ist er«, flötet sie. »Bringst du Zara bitte in ihre Klasse?«
    Der Junge im hinteren Bereich des Sekretariats zieht seine langen Beine unter dem Computer hervor und taxiert mich lächelnd. »Na klar.«
    Er schlendert zu mir herüber und bleibt so dicht vor mir stehen, dass ich den Kopf in den Nacken legen muss, um zu seinem langen blassen Gesicht aufsehen zu können, das von wilden, rötlich blonden Wellen umkränzt wird. Sind alle Jungs in dieser Stadt so groß? Mein Stiefvater war nicht so groß, auch wenn ich immer dachte, er wäre es, vor allem im Vergleich zu mir.
    »Pullman. Leicht. Hab ich auch.« Ian wirft sich eine Tasche über die Schulter, lächelt mich an und schnappt sich meine Unterlagen. »Haben Sie die Nummer von ihrem Schließfach, Mrs. Nix?«
    Mrs. Nix schlägt sich wieder mit der Hand vor die Stirn. Wenn sie so weitermacht, hat sie bald eine Beule. »Ja, klar, hier ist sie. Wie konnte ich das vergessen?«
    Sie schüttelt über sich selbst den Kopf und lächelt mich an. »Tut mir leid. Das Alter.«
    »Schon gut«, sage ich. »Danke.«
    Ich werfe Megan einen Blick zu und staune, wie groß ihr Hass auf mich bereits ist. Dann haste ich aus dem Büro hinaus und Ian hinterher, der weit ausschreitend immer schneller wird. Er bemerkt es und verlangsamt seine Schritte.
    »’tschuldigung.« Er wird rot. »Hab eben lange Beine.«
    Ich grinse. Er wird noch röter und stolpert über seine Worte. »Damit wollte ich nicht sagen, dass du klein geraten bist oder so. Ich meinte einfach, dass meine Beine … na ja … sie sind eben lang, verstehst du, und …«
    Ich berühre seinen Arm. »Schon gut.«
    »Wirklich?«
    Er lächelt mich an wie ein kleiner Junge, der gerade einen Schokokeks bekommen hat, obwohl er Kaffeesatz auf dem Perserteppich verteilt hat.
    »Wirklich.« Ich hole tief Luft. »Läufst du?«
    »Kann man so sagen.« Er greift nach meinem Ellbogen. »Ich habe letztes Frühjahr die Landesmeisterschaften im 1600-m-Lauf gewonnen und ich war New-England-Meister im …«
    »Angeber«, knurrt jemand, während ich angerempelt und von Ian weggestoßen werde. Seine Hand schließt sich so fest und beschützend um meinen Ellbogen, dass es schon nicht mehr normal ist. Der Typ aus dem Mini Cooper winkt mir zu und sagt: »Verzeihung.«
    Ich schaue dem Kerl hinterher. Die Schultern in seinem Pullover sind wirklich unglaublich breit – nicht dass ich darauf achten würde oder so. Und der Pulli sieht nach Kaschmir aus, ziemlich fein für Maine. Es muss Big-and-Tall-Läden hier geben, aber vielleicht hat er den Pulli ja auch im Internet bestellt.
    Ian gibt leise einen knurrenden Laut von sich. Ich tue so, als würde ich ihn nicht hören und berühre noch einmal seinen Arm, um ihn zu beruhigen.
    »Wer war das?«
    Er schüttelt sich und beugt sich
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