Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Fluchtpunkt Mosel

Titel: Fluchtpunkt Mosel
Autoren: Mischa Martini
Vom Netzwerk:
Ort hinausführte. Walde lenkte den Wagen in die Spur, die der Streifenwagen hinterlassen hatte. Er bremste vor dem Tor ab, an dem weithin sichtbar ein Siegel angebracht war.
    Walde stieg aus und schlug den Kragen seiner Jacke hoch. Die Kälte war schärfer geworden. Die kalte Luft schnitt ihm ins Gesicht. Die Sonne schaffte es nicht durch die dünne Wolkenschicht.
    Mit dem Bart des Schlüssels durchtrennte Walde das Siegel und hebelte er den Riegel am Tor auf.
    »Es müssen keine fünf Hunde gewesen sein.« Neben ihm zog Grabbe den Reißverschluss seiner Jacke hoch. Walde dachte über die Worte seines Kollegen nach, während er den Fußspuren in Richtung Haus folgte. Rechts stand ein Schuppen neben dem Zwinger, dessen Tür aus Maschendraht weit geöffnet im Schnee steckte.
    »Da drin hast du nachgeschaut?« Walde zeigte auf den nahen Schuppen, an dem rundherum Gerümpel lehnte.
    Grabbe nickte.
    »Und hinter den Holzstapeln?«
    Etwas höher waren meterlange Holzscheite auf einer Breite von mehreren Metern aufgeschichtet, so dass es nicht möglich war, darüber hinwegzusehen.
    »Sattler sagte doch, dass nicht unnötig im Gelände herumgelaufen werden soll.« In Grabbes Stimme schwang Rechtfertigung mit.
    »Klar, ist ja in Ordnung, das sollte kein Vorwurf sein«, sagte Walde und blickte den Spuren nach, die vom Schuppen zum Holzstapel führten. »Was denkst du, von welchem Tier die stammen?«
    »Ein Fuchs vielleicht.«
    Walde ging in die Hocke und fuhr mit der flachen Hand über den Schnee. Die oberste Schicht war dünn verkrustet und brach, als er ein wenig Druck ausübte. Vereinzelt ragten Grashalme heraus wie der Milchbart eines jungen Mannes. Walde wischte sich die nasse Hand an der Jacke ab. »Die sind zu weit auseinander für einen Fuchs. Das war ein größeres Tier.« Walde fühlte sich an die Karl-May-Geschichten seiner Kindheit erinnert.
    »Vielleicht ein Reh«, warf Grabbe ein.
    »Die sehen ganz anders aus.« Da war sich Walde sicher. Zu oft hatte er im Winter, wenn Schnee lag, die den Weg kreuzenden Spuren von Wild und die auf und neben den Waldwegen entlang laufenden Spuren von Hunden gesehen.
    Walde zog den Kopf zwischen die Schultern und ging nach vorne gebeugt gegen das Wetter an. Seine Schuhe verschwanden tief im Schnee, als er der Spur folgte. Es half auch nichts, dass er wie ein Storch stakste. Nach ein paar Metern spürte er Feuchtigkeit über den Socken auf der Haut.
    Das Weiß blendete ihn. Jetzt hätte er eine Sonnenbrille gebrauchen können. Oben auf dem Holzstapel ragten dicke Äste aus dem Schnee. Walde hielt sich daran fest. Die Finger seiner linken Hand waren wieder fast gefühllos. An den Holzstoß schloss sich ein kleinerer im Neunziggradwinkel an, den er von vorn nicht hatte sehen können. Die Spuren führten daran entlang. Er umrundete den Stapel und brauchte ein paar Sekunden, bis er registrierte, was da in der geschützten Ecke lag. Erst glaubte er, es sei ein Fell, wie es manchmal vor offenen Kaminen liegt. Doch es hatte Augen, die ihn ansahen. Die Beine lagen so, als sei das Tier aus dem Stand auf die Seite gefallen.
    Walde ging erneut in die Hocke, wagte aber zuerst nicht, das Tier anzufassen. Grabbe schloss zu ihm auf und blieb hinter ihm stehen. »Ein Malamute.«
    »Quintus«, sprach Walde versuchsweise den Hund an. Augenblicklich machte die Spitze des Schwanzes eine Bewegung.
    Er streckte seine Hand aus und berührte das Fell des Tieres oberhalb der Augen, strich mit der Hand über die Ohren zum Rücken. Das Fell war kalt. Die toten Tiere im Zwinger werden sich so ähnlich angefühlt haben, dachte Walde. Seine Finger ertasteten Knoten im Fell. Er wusste nicht, ob es gefrorener Schnee oder Verfilzungen waren. Seine Hand glitt zurück zwischen die Ohren, wo das dunkle Fell in einem länglichen Dreieck in das weiße Gesicht auslief. Das Tier schloss die Augen, als Waldes Hand darüber strich und blieb reglos liegen. Es öffnete leicht das Maul und dunkle Lefzen kamen zum Vorschein.
    Grabbes Mobiltelefon klingelte. Sofort stellte der Hund die Ohren auf, blieb aber liegen. Während Grabbe telefonierte, streichelte Walde ununterbrochen das kalte Fell und redete behutsam auf das Tier ein, welches ihn aus den mandelförmigen, leicht schräg gestellten dunklen Augen beobachtete.
    »Wir brauchen noch mal den Tierarzt«, sagte Walde, als Grabbe das Gespräch beendet hatte. »Hast du die Nummer?«
    »Der wurde von den Dauner Kollegen gerufen, soll ich da anrufen?«
    Walde überlegte, wie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher