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Flucht in die rote Welt

Flucht in die rote Welt

Titel: Flucht in die rote Welt
Autoren: John D. MacDonald
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falschen Türen hämmerten oder in den Gängen herumkrakeelten. Aber es war billig und einigermaßen sauber, und er konnte auch in der Hauptsaison ein Unterkommen finden. Außerdem verwahrte ihm der Besitzer ein paar persönliche Dinge, die er nicht auf jeder seiner weltweiten Reisen mitschleppen wollte.
    Nun trug er seine Koffer nach unten. Sein Magen erinnerte ihn daran, daß er das Mittagessen ausgelassen hatte. Hoover Hess, der Hotelbesitzer, arbeitete am Schreibtisch. Er war ein fetter, asthmatischer Mann, der immer so aussah, als würde man ihm ohne Narkose das Bein amputieren. Sein Lächeln war eine besonders qualvolle Anstrengung. Er hatte es bis zu sieben Hypotheken geschafft und war einmal bis auf zwei heruntergekommen. Im Moment lag er bei etwa vier.
    Er lächelte. »He, Kirb, das mit Ihrem Onkel. Tut mir verdammt leid. Manchmal geht's eben so. Bumm – weg. Wie alt war er denn?«
    »Eben siebzig geworden, Hoover.«
    »Na, Sie sind jetzt wohl aus dem Schneider, he?«
    »Nicht ganz. Ich möchte ausziehen. Ich bin drüber, im Elise an der Küste.«
    »Sagte ich's doch – aus dem Schneider. Eine Suite? Weshalb nicht? Leben Sie richtig, Kirb. Lassen Sie sich Mädchen kommen. Trinken Sie ein paar gute Jahrgänge.«
    »Ich bin da drüben so eine Art Gast, Hoover.«
    »Sicher. Bis die rechtlichen Dinge geklärt sind. Ich verstehe. Tut mir leid, einen guten Kunden zu verlieren. Kirb, was ich sagen wollte, wenn Sie die Scheine kriegen, könnten Sie mal zu mir 'rüberkommen und sich die Bücher ansehen. Würde sich lohnen, bei mir zu investieren. Die Hypotheken tilgen und dann als Partner einsteigen.«
    »Aber ich werde wirklich kein Geld zum Investieren haben, Hoover.«
    »Ich weiß schon, wie es geht. Man muß es so sagen, sonst kommt jeder Clown und streckt die Hand aus. Aber Sie kennen doch Hoover Hess, oder? Sie lassen mich nicht abfahren, dazu kenne ich Sie zu gut, Kirb. Sie sind schon der Richtige. Immer vorsichtig und unauffällig. Kein Getue, wenn Sie mal 'ne Kleine mitbringen.«
    »Aber ich habe nie ...«
    Hoover Hess winkte mit der sommersprossigen Hand ab. »Sicher. Sie waren immer schlau. Die eine, die von Zeit zu Zeit herkam, war eine Lady. Brille macht sich immer gut, dazu flache Absätze und 'n Kleid wie eine Lehrerin. Einer, der sich nicht auskennt, läßt sich leicht täuschen. Aber wenn man mal im Geschäft war, weiß man Bescheid. Kinn hoch, das Täschchen auf- und abschwingen und hüftenwiegend zum Aufzug.«
    Kirby wurde sich plötzlich klar darüber, daß Hess von Miß Farnham sprach, von Wilma Farnham, der einzigen Angestellten außer ihm, die über Onkel Omars Wohltätigkeitsdienst Bescheid wußte. Sie suchte die Fälle aus, hielt die Akten in Ordnung, fertigte Übersetzungen an und widmete sich mit Leib und Seele Onkel Omars heimlichem Programm. Sie arbeitete seit sechs Jahren in einem kleinen Büro, das weit weg war von den Verwaltungsgebäuden der Krepps-Unternehmen. Seine Außendienst-Berichte gingen an dieses Büro. Die Gelddinge wurden durch dieses Büro abgewickelt. Wenn Kirby sich in der Stadt befand, hatte er oft lange Abendkonferenzen mit Miß Farnham in seinem Hotelzimmer. Sie wollte immer die Hilfe für Krankenhäuser, unterernährte Kinder und Lepradörfer vorantreiben. Sie rümpfte die Nase über die kleinen Unternehmer, die Kirby ausfindig gemacht hatte, und ließ ihn deutlich spüren, daß sie ihn für leichtgläubig hielt. Sie hatte Onkel Omar angebetet. Kirby spürte ein leichtes Schuldbewußtsein, weil er zum erstenmal seit dem Tode von Onkel Omar an sie dachte. Aber da stand Hoover Hess und blinzelte ihm zu.
    Obwohl er wußte, daß er Miß Farnham degradierte und in den Schmutz zerrte, erwiderte er das Blinzeln mit Verschwörermiene.
    »Weg mit der Brille und 'raus aus den Jungfernkleidern – und ich wette, daß sie eine Wucht ist, Kirby.«
    »Was schulde ich Ihnen diesmal?«
    »Es ist zwar schon über die Zeit hinaus, aber den heutigen Tag wollen wir nicht rechnen. Sie sind am Freitagmorgen eingezogen – sagen wir drei Nächte und zwei Telefonanrufe. Macht achtzehn vierundachtzig. Keine Kreditkarte?«
    »Ich mußte sie abgeben.«
    »Na, wer braucht schon Kreditkarten, wenn so viel Bares im Anrollen ist? Es reicht mir, wenn Sie hier unterschreiben.«
    »Danke, Hoover, ich zahle bar.«
    Als er das Wechselgeld eingesteckt hatte, ging er zum Telefon, das im Foyer eingebaut war. Es hatte keinen Sinn, Wilma Farnham im Büro anzurufen. Er sah ihre Privatnummer nach. Nachdem
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