Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flucht aus Korum

Flucht aus Korum

Titel: Flucht aus Korum
Autoren: Hubert Haensel
Vom Netzwerk:
war, nach Vanga zu kommen?
    Aber er war nicht der erste, der die Schattenzone lebend durchquerte. Er durfte den Süder Vangard und Prinz Nigomir mit seiner Goldenen Galeere nicht vergessen.
    »Was ist mit dir, Honga? Du zitterst ja«
    Er, den alle für einen wiedergeborenen Tau hielten, wandte sich der Hexe zu. Sie hatte seinen Namen mit eigenartiger Betonung ausgesprochen.
    Mythor! zuckte es durch seine Gedanken. Sage ihnen endlich, wer du wirklich bist.
    »Ich habe den Eindruck, daß du mir überhaupt nicht zuhörst«, bohrte Vina weiter.
    »Doch, doch«, beeilte Honga sich zu versichern.
    Gerrek ließ ein glucksendes Luchen vernehmen.
    »Ich weiß nicht, was daran lustig ist«, brauste die Hexe auf »Honga trifft zum erstenmal in seinem Leben auf die Große Barriere. Mir scheint, daß er sich ihrem Einfluß nur schwer entziehen kann.«
    »Und Ramoa?« fragte der Beuteldrache und rollte mit den Augen.
    Die Feuergöttin starrte unverwandt auf die See hinunter.
    »Frauen waren schon immer schwer zu verstehen«, fuhr Gerrek fort. »Wenn ich da an eine gewisse Hexe denke.«
    »Sie hätte dich in einen Fisch verwandeln sollen, denn diese Tiere sind stumm.«
    »Ein Fisch?« Der Mandaler schüttelte sich. »Wahrscheinlich hätte das unmögliche Weib mir dann Flügel verpaßt. Ich habe ja immer gesagt, daß die Frauen nicht wissen, was sie wollen. Sie…«
    »Schweig endlich!«
    »Stets soll ich das Maul halten.« Wütend stampfte Gerrek auf. »Ich habe ein Recht darauf, meine eigene Meinung…«
    Ein lautes Klatschen ließ den Mandaler verstummen. Auf seinen Nüstern bildete sich ein roter Fleck, den er wehleidig betrachtete. Vorsichtig tastete er dann mit zwei Fingern darüber.
    »Magie«, brummte er. »Gemein und hinterhältig war der Schlag…«
    Vina achtete nicht mehr auf ihn, sondern ließ ihn murren. Sie wandte sich Honga zu, den die Große Barriere allmählich in ihren Bann zog.
    Die Steinernen Köpfe waren gen Norden ausgerichtet. Manche von ihnen erhoben sich höher als fünfzig Schritte aus dem Meer. Allen war eine hohe, fliehende Stirn zu eigen; sie besaßen kantige, weit vorspringende Nasen. Tief eingemeißelte Furchen verliehen den Gesichtern einen abstoßenden Eindruck, der durch die schmallippigen, geschlossenen Münder noch verstärkt wurde.
    Fast mochte man meinen, es seien Dämonenfratzen – und doch waren sie geschaffen worden, um das Böse von Vanga fernzuhalten.
    Honga begann sich unruhig zu bewegen. »Ich muß zurück«, stöhnte er. »Mein wirkliches Leben… darf ich nicht verschweigen.«
    »Du wurdest wiedergeboren«, murmelte Vina. »Ist es das, was dich bedrückt?«
    »Diese Augen«, ächzte Honga. »Ihr Blick durchbohrt mich, kehrt mein Innerstes nach außen.«
    Eine kalte Luftströmung, die am Rand der Dämmerzone besonders stark war, drückte den Ballon tiefer. Die Gondel schwebte jetzt ungefähr auf gleicher Höhe mit den beiden funkelnden, kürbisgroßen Kristallen, die unter weit vorgewölbten Jochbögen lagen und mit ihrer Ausstrahlung dem steinernen Gesicht einen Hauch von Leben verliehen.
    Manchmal, wenn es in ihnen aufzublitzen schien, huschten lichte Schatten über die See und verwandelten die Wellen für den Bruchteil eines Augenblicks in eine erstarrt wirkende urtümliche Landschaft, die ein Hauch des Todes umspielte. Stets dann zuckte Honga kaum merklich zusammen.
    »Du brauchst die Große Barriere nicht zu fürchten«, sagte Vina. »Obwohl du in der Dämmerzone geboren wurdest, wird sie dich nicht zurückhalten, denn du bist nicht böse.«
    »Es ist wie mit allem«, rief Gerrek. »Nur das erste Mal kostet Überwindung.«
    Honga nickte zögernd. »Ich will es versuchen«, kam es leise über seine Lippen.
    Wahrscheinlich hätte er es auch geschafft, aber plötzlich senkte sich eine riesige schwarze Wolke auf den Zugvogel herab und ließ seine Passagiere erschauern. Unzweifelhaft trug dieses neblige Gebilde den Keim des Bösen in sich, denn die Ausstrahlung der Großen Barriere wurde schlagartig um vieles stärker. Selbst Vina verspürte den fremden Einfluß, der sie zwingen wollte, umzukehren. Ramoa brach lautlos zusammen.
    Mit gierigen Fängen tastete die Schwärze nach der Gondel und schob sich von außen über die Fensterhäute. Durch die Ritzen der Luke drangen wallende Schleier ein.
    »Tu endlich etwas!« keifte Gerrek. »Du kennst den Zauber, der uns unempfindlich macht. Hilf Honga, damit er gegen diesen Nebel bestehen kann.« Mit beiden Armen schlug er um sich.
    Vina
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher