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Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)
Autoren: Daniel Twardowski
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bereitwillig zugegeben, in der irrsinnigen Hoffnung, doch noch davonzukommen, und es war ihm umso leichter gefallen, als niemand da war, der seinen Angaben widersprechen konnte. Nur als er seine Sklaven freilassen sollte, hatten sich noch einmal der Stolz und der Trotz eines echten Ritters des Südens in ihm aufgebäumt.
    Aber als er Anstalten machte loszubrüllen, hatte John Gowers ihm wieder den blutigen Knebel, einen Fetzen von Brisenas bestem Kleid, in den Mund geschoben und ruhig gesagt, dass er, Desmond Bonneterre, weiß sei und als Weißer die freie Wahl habe  – zwischen dem einen und dem anderen Tod. Der Engländer hatte dabei mit der linken Hand das Giftfläschchen hochgehalten und mit der rechten auf Darioleta gezeigt, die wortlos und mit verschränkten Armen vor dem Bett stand und auf ihren Herrn und Meister niederschaute.
    Bonneterre hatte daraufhin, heulend vor Angst und Verzweiflung, alles geschrieben, was Gowers von ihm verlangte und Deborah gutgeheißen hätte.
     
    Es war ihm sehr schwergefallen, es dem Mörder so leicht zu machen. Ganz am Anfang, als er Bonneterres Kehle zudrückte, fühlte er sich zurückversetzt auf die kleine Insel, in den kalten Morgen, der ihn mehr als das Leben gekostet hatte, und er hätte beinahe nicht rechtzeitig aufgehört.
    Erst als er sah, wie der Kreole sich mit hervorquellenden Augen unter dem Einfluss des Giftes wand, wusste er, fühlte, dass auch das Bewusstsein, in einer völligen, endgültigen Niederlage zugrunde zu gehen, eine Höllenqual sein musste. Und als er drei Tage später, nachdem er seinen Lohn ausgezahlt bekommen hatte, inmitten eines Stroms Hunderter freigelassener Sklaven nach Baton Rouge wanderte, als eine der schwarzen Frauen das Lied von »Jacob’s Ladder« sang und alle anderen einstimmten, als er die Melodie den ganzen Weg und sein Leben lang nicht mehr loswurde, wusste er, dass es richtig gewesen war, seine Rache der Freiheit dieser Menschen zu opfern.
    Es dauerte volle vier Tage, ehe er eine direkte Passage nach Cincinnati und noch weiter den Ohio hinauf bekommen konnte, von wo aus stündlich Züge in den Osten fuhren, nach Boston und Philadelphia, nach Washington, nach New York. Er hätte als Lotse natürlich eine Freifahrt gehabt, aber er zahlte lieber mit dem letzten Geld aus Eileen Clairbornes Gabe, weil er spürte, dass nach seinen Seejahren auch seine Flussjahre hinter ihm lagen.
    Er jagte nun in der Wildnis der großen Städte.

164.
    Der Isthmus von Auckland war geologisch gesehen eine der interessantesten Stellen nicht nur Neuseelands, sondern der gesamten südlichen Hemisphäre. Zahllose hohe Vulkankegel, Kraterseen, mächtige, weit eingeschnittene, immer weiter verlandende Fjorde zeugten von den ewig jungen Gewalten im Erdinnern, die die schmale Landenge hochgetrieben hatten, die den Pazifischen Ozean von der Tasmansee trennte. Zwei natürliche Häfen waren auf diese Weise entstanden; Manukau Harbour im Westen und Waitemata oder Auckland Harbour im Osten, und die beiden Siedlungen, die an ihren Rändern wuchsen, hatten noch nicht zu einer Stadt zusammengefunden.
    Der bärtige, verwildert aussehende Weiße, der bei Epsom auf
die Kyberpass Road stieß, sah beide unter sich liegen: das weiße Auckland im Osten, das vorwiegend von Maori bewohnte Onehunga im Westen. Er selbst war aus dem Süden gekommen, die Great South Road hinauf, zu Fuß und ohne Gepäck, und niemand kannte seinen Namen. Er dachte über die beiden Möglichkeiten nach, die er jetzt hatte. Manukau Harbour und irgendeine Arbeit, in einem Kontor, auf einem Küstenleichter, bis er genug Geld für die Passage nach Australien aufbringen könnte. Seine Wohnung. Seine Bücher. Sein altes Leben. Oder Waitemata Harbour und die dort überall ankernden Walfangschiffe auf ihrem Weg in den endlosen Südpazifik.
    Die Sonne ging unter, und der Westen blieb noch lange hell, aber auch in der Dunkelheit auf der anderen Seite glomm rot und nah ein seltsames Licht. Das war der Gipfelkrater von Rangitoto, einer großen Vulkaninsel, die neunhundert Fuß hoch direkt aus dem Golf von Hauraki stieg. Die Eingeborenen nannten sie: blutiger Himmel. Beide Möglichkeiten schienen nur einen Katzensprung entfernt, und John Gowers brauchte lange für seine Entscheidung.
    Aber er gehörte, hatte man ihm gesagt, zu den Tangata Whenua, die einst aus dem Meer gekommen waren, also wandte er sich irgendwann nach Osten und verschwand in der Dunkelheit.

165.
    Die beiden großen Rebellen, der Prophet des
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