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Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)
Autoren: Daniel Twardowski
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von dem sie
durch viele Blicke in ihren Ankleidespiegel wusste, dass er ihr sehr gut stand.
    Cannons alte Augen begannen zu leuchten. Rebecca war wahrhaftig das lebende Abbild des herrlichen Mädchens, dem er in jenem fernen Sommer vor zweiundzwanzig Jahren so heftig den Hof gemacht hatte und das noch immer durch seine Träume ging. Er stieß seinen Sohn James in den Rücken, und dieser lange Tölpel schaffte es tatsächlich, zwei Schritte vorwärtszustolpern und den Strauß Feldblumen, den er nervös in der Hand hielt, vor Becky Knox auf den Boden zu werfen.
    Das Mädchen versteckte ihr helles Lachen hinter einem Fächer, während der junge Mann sich vor ihr bückte, um die Blumen aufzuheben, und dabei seinen Hut verlor. Jimmy bekommt wahrhaftig schon eine Glatze, dachte Rebecca und beschloss, ihn und seinen so unerträglich siegesgewissen Erzeuger noch mindestens einen Sommer lang zappeln zu lassen.
    »Möchte wetten, du hast diese Flößer-Burschen in Vicksburg bezahlt, Cannon«, knurrte in diesem Moment statt einer Begrüßung der wohlbeleibte Major Knox und schälte sich aus seiner Kutsche.
    »Man sollte meinen, du hättest vom Wetten erst mal wieder die Nase voll, Tom«, antwortete Cannon gut gelaunt, um steif und mit aller Würde eines Gentlemans des alten Südens hinzuzufügen: »Die Ware dabei?!«
    Knox deutete auf einen etwa achtzehn Jahre alten Farbigen, der auf diesen Blick hin sofort von der Ladefläche eines der hinteren Wagen sprang. »Und selbst?«, knurrte er dann. »Noch habe ich nämlich nicht verloren!«
    »Ich weiß ja, dass du ein gläubiger Mann bist, Tom Knox«, erwiderte Cannon sarkastisch, »aber manchmal übertreibst du ein bisschen mit deinem Gottvertrauen!«
    »Keine Scherze mit Jesus, Cannon!«, mahnte Knox, jetzt ganz Vorbeter ihrer gemeinsamen evangelikalen Gemeinde.
    Major Cannon nickte scheinbar schuldbewusst und winkte dann nachlässig seinen schwarzen Kutscher herbei. Er war schon seit Stunden
so siegesgewiss, dass er sich nicht die Mühe gemacht hatte, irgendeinen speziellen seiner Nigger auszusuchen, und nahm nun den nächstbesten als Wetteinsatz. »Du kennst meinen Cornelius«, sagte er, und der Kutscher machte eine tiefe Verbeugung: »Massa Knox, wünsch ein schön Tag, Sir!«
    »Aber wer ist das?«, fragte Cannon und wandte sich direkt an den jungen Mann, der, den Strohhut in der Hand, sichtlich aufgewühlt vor ihm stand. »Wie heißt du, Junge?«
    »Bo, Sir, Massa Cannon«, stotterte der Sklave.
    »Guter Feldarbeiter«, warf Major Knox ein. »Stark wie ein Bulle und wächst immer noch. Nicht wie der alte Conny hier. Wie alt bist du jetzt, Conny?«
    »Bin um die vierndreißig herum, Massa Knox«, antwortete der Kutscher dienstbeflissen und flocht fröhlich einen kleinen Scherz an: »Wenn stimmt, was meine Mama gesagt hat.«
    »Dafür kann er gut mit Pferden, das weißt du genau, Knox. Der ist seine zwei Feldarbeiter wert«, sagte Major Cannon verärgert.
    »Und hat eine Frau, nicht wahr?«, erwiderte Knox und sah den Kutscher fragend an. »Und zwei Kinder?«
    »Zwei Jungs, ja, Massa, Sir. Danke, dass Sie sich erinnern«, sagte Cornelius.
    »Die will ich alle haben, wenn ich gewinne, Cannon. Wär unchristlich, ’ne Familie auseinanderzureißen!«
    »O danke, Massa Knox, sind ein wahrer Christ, Sir, wirklich!«
    »Das will ich meinen, Conny«, sagte Knox wie selbstverständlich. »Also, Cannon, traust du dich oder kneifst du?!«
    »Vier Nigger, darunter ein Kutscher vor dem Herrn«, entrüstete sich Major Cannon trotz all seiner Zuversicht. »Und all das für den da?!« Er trat zu dem jungen Feldarbeiter. »Mach mal den Mund auf, Junge!«
    »Herrgott, Cannon! Nicht vor den Frauen.« Knox winkte die kleine Gruppe verärgert hinter die inzwischen abgeladenen Wagen, obwohl der Rest der Gesellschaft an dem ganzen Vorgang so wenig Interesse nahm wie an einem Pferdehandel.
    »Machen wir’s richtig«, sagte Cannon, nachdem er dem Jungen hinter den Wagen ausführlich in den Mund gesehen hatte. »Zieh deine Sachen aus, Bo!«
    Der junge Schwarze blickte ungläubig zu seinem Herrn und Meister, der aber nur verächtlich nickte. »Mach schon, Junge. Major Cannon hält uns sonst für Betrüger!«
    Mit zitternden Händen ließ Bo seinen Hut fallen, zog sein Hemd aus und nestelte dann umständlich an seiner Hose. Fünf Sekunden später stand er nackt auf Sassafras Ridge, mitten in einer Picknickgesellschaft und nur eine Wagenbreite von dem fröhlichen Treiben entfernt.
    »Heb die Arme!«,
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