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Fluch der 100 Pforten

Fluch der 100 Pforten

Titel: Fluch der 100 Pforten
Autoren: N Wilson
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verschlossen worden. Henry stemmte seine Hand gegen die Rückwand und drückte. Das Brett rührte sich nicht. Stattdessen stießen seine Fingerspitzen auf ein dickes Stück Papier, das an dem Brett befestigt war. Henry riss es ab, lehnte sich mit dem Rücken gegen die Fächerwand und starrte das Papier an. Immer wieder verschwamm ihm die Sicht, und er musste heftig blinzeln, um etwas erkennen zu können.
    Am Kopf des Briefes prangte ein Stempel. Es zeigte denselben Grünen Mann, mit dem auch die beiden Drohbriefe
gesiegelt gewesen waren, die vorher durch dieses Fach gekommen waren. Jetzt aber gab es einen feinen Unterschied. Der Kopf des bärtigen Mannes befand sich noch immer in der Mitte des runden Zeichens und Ranken wuchsen um seinen Kopf herum und aus seiner Nase, den Ohren und dem Mund heraus. Inmitten all dieser Blätter aber, die um sein Kinn herum wuchsen, war noch etwas. Henry riss die Augen ein Stück weiter auf und blinzelte die neu hervorquellenden Tränen seine Wangen hinab. Der Mann streckte die Zunge heraus!
    Wie schon die vorherigen Briefe, war auch diese Nachricht mit Schreibmaschine getippt worden. Aber sie war bedeutend kürzer als die anderen und sie sah aus wie ein Formbrief, in dem nur die freien Felder ausgefüllt worden waren. Dafür war der Brief sorgfältig unterschrieben und am Ende stand zusätzlich eine kurze handschriftliche Bemerkung.
    WARNUNG
    Wegen des Verdachts auf Sabotage und
Beförderungserschleichung ist dieser BAUM:
ZU WARTUNGSARBEITEN (und Kontrollzwecken)
AUSSER BETRIEB
Zuwiderhandlungen werden verfolgt.
Zur Anwendung kommen Strafen bis hin zu (und ein-
schließlich):
BESCHLAGNAHME DER ATMUNG, DES GEISTES, DES LEBENS
oder VERGLEICHBARES

Genehmigt durch das Komitee von Faeren zum Erhalt
des kulturellen Erbes:
Ralf T.R. Radulf, IX, 1. Vorsitzender
Ralf Radulf
(1. Vorsitzender)
Das meinen wir ernst!
    Henry hatte den Brief einmal ganz durchgelesen. Nun wollte er ihn noch einmal lesen, aber auch noch so heftiges Blinzeln konnte seinen Blick nicht mehr schärfen.
    Ohne das Badon-Hill-Fach zu schließen, kroch er langsam auf sein Bett zurück, unter Schmerzen und einem sich allmählich entwickelnden Gefühl größten Selbstmitleids.
    Er knipste seine Lampe aus und grub sein Gesicht in sein Kissen.
    Den gelben Lichtstrahl aus dem Postfach unterhalb von Badon Hill sah er nicht. Und selbst wenn er ihn gesehen hätte – dann hätte er sich nicht um ihn gekümmert.

DRITTES KAPITEL
    H enry roch Feuer.
    Seine Nachttischlampe war ausgeschaltet, aber seine Dachkammer war in ein orangefarbenes Licht getaucht. Er setzte sich in seinem Bett auf. Alles war irgendwie anders. Sein Zimmer war schmaler, aber seine Tür war breiter. Die kleine Ablage neben seinem Bett war komplett verschwunden. Ebenso wie das Ende seines Zimmers.
    Er zog sein Kissen ein Stück hoch und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand. Die Fächer neben ihm, darunter Türen, an die er sich gar nicht erinnern konnte, zogen sich durch den ganzen Raum und endeten, wo sie immer geendet hatten. Nur dass dort anstelle der anderen Wand der Raum weiterging.
    In einem Kamin brannte ein kleines Feuer, das ein wenig Licht spendete. Links und rechts vom Kamin stand je ein Ohrensessel, und in einem dieser Sessel saß ein riesiger Mann. Sein Gesicht war nicht zu sehen.
    Henry atmete gleichmäßig. Er träumte. Das konnte nur ein Traum sein!
    Der Mann beugte sich vor. Er drückte seine Fingerspitzen gegeneinander. Die eine Hälfte seines langen, von der Seite
beleuchteten Gesichts lag weiterhin im Schatten. »Nein«, sagte er und seine Stimme verursachte Henry Gänsehaut. »Dies ist mein Traum. Ich bin gekommen, um dir zu gratulieren. Deine Morphositata beginnt.«
    Henry schwieg. Er verstand nicht.
    »Diese Veränderung«, fuhr der Mann fort. »Welche Kraft war es, die dein Fleisch entflammt hat?«
    Henry sah sich in seinem verfälschten Zimmer um und lugte dann wieder vorsichtig zu dem Mann am Kamin. Traum oder nicht – er wollte hier nicht sein.
    Der große Mann schob sich in seinem Sessel ein Stück nach vorn. Er sprach jetzt schneller. »Was haben deine Augen gelichtert?«, fragte er, und seine Stimme klang gierig. »Du hast die Magia der Naturata gesehen, und dein Körperasmus hat sich aufgelehnt. Er soll sterben oder gewandelt werden. Was hast du gesehen?«
    »Ich bin vom Blitz getroffen worden«, sagte Henry. Er stand auf und ging zur Zimmertür.
    »Henry?« Von der anderen Seite der Tür hörte er die Stimme seiner Cousine.
    »Du
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