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Florian der Geisterseher

Florian der Geisterseher

Titel: Florian der Geisterseher
Autoren: Oliver Hassencamp
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aber was hast du mir denn da gebracht? Das ist,... das sind Gelbe-Rüben-Blätter, keine Petersilie! Lernt ihr das nicht mehr in der Stadt?“
    Florian schüttelte den Kopf. Er wollte etwas fragen. Doch Agathe zeigte ihm, wo die Petersilie stand, und er mußte sie holen. Dann erst kam er zu seiner Frage. „Sag mal, wie lang bleiben die Leute eigentlich hier?“
    „Hm. So drei, vier Tage!“
    „So lang?“ Florian hatte sich wieder auf die Eckbank gesetzt und schnitt den Schnittlauch auf einem Brettchen.
    Agathe rührte in einem Topf. „Die meisten kommen von weit her.“
    „Aber was sie wissen wollen, hat ihnen meine Tante doch in ein paar Minuten gesagt. Oder?“
    Agathe lachte. „Du willst es ja ganz genau wissen! Und du hast recht. Natürlich ist das in ein paar Minuten gesagt. Das Wichtigste oft in einer Sekunde. Nur ja oder nein. So ging’s mir. Aber wenn du wieder draußen bist, fallen dir noch Fragen über Fragen ein. Dann mußt du dir von August einen neuen Termin geben lassen und warten, bis du wieder drankommst.“
    „Und das dauert drei bis vier Tage?“
    Agathe schaute erst zur Tür, kam dann herüber und sagte leise: „Wenn man August eine Flasche Schnaps zusteckt, geht’s schneller!“
    „Und woher wissen das die Leute?“ fragte Florian.
    „Das läßt er durchblicken.“ Sie ahmte August nach: „Ja, ja, die vielen schweren Schicksale und der dauernde Umgang mit dem Übersinnlichen machen sehr nervös. Ohne ein Schnäpschen ab und zu wär das gar nicht auszuhalten. Am liebsten mag ich...“
    In dem Moment kam August herein. „Der neue Gast ist da! Der Herr aus Hamburg. Ein Mann in den besten Jahren. Sehr gute Erscheinung. Fährt einen Sportwagen.“
    Agathe legte den Kochlöffel weg, band ihre Schürze ab und ging hinaus.
    August rieb sich vergnügt die Hände und ließ sich auf die Bank fallen. „Was meinst du, was die sagt, wenn sie wiederkommt!“
    Florian stutzte. Woher sollte er das wissen?
    August beugte sich vor. Diesmal von einer anderen Schnapswolke umgeben. Florian atmete sparsam, während er weit ausholte: „Madame... deine Tante hat der Agathe vorausgesagt, daß sie hier bei uns den Mann ihres Lebens findet. Seitdem schaut sie bei jedem, der kommt, gleich, ob er’s ist.“ Und er lachte laut.
    Florian lehnte sich zurück. Aus der Schnapswolke heraus.
    „Und? Was ist daran komisch?“ fragte er todernst.
    August feixte noch immer und beugte sich dann wieder vor: „Ich hab Madame in Verdacht, daß sie das nur gesagt hat, damit Agathe nicht fortgeht. Weil sie doch so prima kocht!“
    „Dann lügen Sie jetzt oder haben mich vorhin belogen!“ Florians Augen blitzten.
    August sah ihn erstaunt an. „Hoppla, hoppla. Wie haben wir’s denn?“
    „Sie haben gesagt, meine Tante kann in Trance nur die Wahrheit sagen...“
    „Freilich, Flori !“ Die Schnapswolke verdichtete sich wieder. „Aber vielleicht war Madame da gar nicht in Trance!“
    Florian wußte nicht, was er darauf erwidern sollte, da kam Agathe zurück. Ohne die beiden eines Blickes zu würdigen, band sie ihre Schürze wieder um und nahm den Kochlöffel in die Hand.
    „Na?“ frotzelte sie August. „Gefällt er dir?“
    Agathe blähte die Nasenflügel und antwortete beherrscht: „Das nennen Sie eine gute Erscheinung? Der könnte ja glatt Ihr Bruder sein.“
    „Hoppla!“ dämpfte August. „War doch nur ein Späßle .“
    „Was Sie dafür halten, ist noch lang keines.“ Sie schnaufte. August wurde es ungemütlich, er stand auf und brummelte vor sich hin: „Wenn man halt gar so erpicht ist auf seine Zukunft...“
    „Ich bin noch jung“, antwortete Agathe spitz. „Sie tun sich da leichter. Sie haben keine mehr!“
    Mit einer müden Handbewegung wandte sich August ab und verließ die Küche.
    „Alter Quatschkopf!“ schimpfte sie hinter ihm her.
    „Er meint’s nicht so“, versuchte nun Florian zu schlichten, „er hat nur ein bißchen zuviel getrunken nach der Aufregung mit Frau Wimmer.“
    „Alkohol ist nie eine Entschuldigung, aber immer ein Grund, sich entschuldigen zu müssen! Das hat mein Vater gesagt und das stimmt.“
    Jetzt gab Florian auf. Wenn Erwachsene sich etwas in den Kopf gesetzt haben, sitzt es, wie in Beton gegossen. Zur Einsicht wird nur die Jugend gezwungen. Sein Vater fand, er fahre gut Auto, also fuhr er gut Auto, auch wenn er schlecht fuhr. Es ist eben nicht jeder Hellseher. Schon gar nicht bei sich selbst.
    Dieser Gedanke brachte Florian wieder in bessere Stimmung. „Wann meinst
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