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Fliege machen

Fliege machen

Titel: Fliege machen
Autoren: Lucie Flebbe
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Schlagzeile.

    Hatte Engel genau wie ich eins und eins zusammengezählt?
Versuchte sie auf eigene Faust, den Grund für Flieges Tod herauszufinden? Um
ihre eigene Unschuld zu beweisen?

    Danner bog in den Weg am Kötterberg. Wolken und Dämmerung
verschluckten den Rest Tageslicht. So sah ich das Warnblinklicht schon von
Weitem aufleuchten. Mein Herz machte einen erschrockenen Satz.

    Ich irrte mich nicht!

    Aber was jetzt?

    Was sollten wir tun?

    Â»Fahr rechts ran«, sagte ich zu Danner.

    Danner stellte den Uraltmotor der Schrottschüssel aus und
bremste den rollenden Wagen direkt unter dem Anlieger frei- Schild.

    Kaum war das Auto mit einem Ruck zum Stehen gekommen,
sprang ich hinaus und rannte auf den zweiten Wagen zu. Eine Limousine, die mit
laufendem Motor mitten in der sonst leeren einspurigen Straße stand.

    Â»Lila! Warte!«, hörte ich Danner hinter mir zischen.

    Aber ich duckte mich bereits in den Schatten des brummenden
Autos.

    Â»Jetzt stell dich nicht so an!«, hörte ich wütende Worte
auf der anderen Seite des Fahrzeugs.

    Vorsichtig spähte ich um das Heck des Wagens herum.

    O Gott! Mein Herz setzte Sekundenbruchteile aus, meine
Brust verkrampfte. O Gott, dachte ich, das Baby!

    Engel lag auf dem dunklen Asphalt. Bauch und Beine waren
zur Seite gekippt, der Oberkörper verdreht. Deutlich erkannte ich die Schrammen
in ihrem leblosen Gesicht, einen langen Riss in ihrer Hose, aus dem ein nacktes
Bein ragte. Und ich sah das Blut. Es bildete bizarre Muster auf der weißen Haut
ihres breiten Oberschenkels, sickerte nass durch den Stoff ihrer Kleidung,
bevor es auf den Asphalt rann, wo bereits eine Lache stand.

    Die Abgase des laufenden Motors vermischten sich mit dem
metallisch-süßen Geruch von Blut. Und Alkohol.

    Engels Kopf sah ich im Schoß einer Frau, die sich über
sie beugte. Perfekt manikürte Fingernägel drückten die Lippen der Bewusstlosen
auseinander. Klare Flüssigkeit quoll aus Engels Mund, lief über ihr mit Blut
und Dreck verschmiertes Gesicht.

    Engel stöhnte, wollte den Kopf wegdrehen. Sie lebte!

    Die Blondine presste die Knie an Engels Wangen, fixierte
ihren Kopf wie in einem Schraubstock: »Jetzt schluck endlich, verdammt!«

    Ich zögerte keine Sekunde länger: »Was zum Teufel tun Sie
da?«

    Susi Thurna fuhr zusammen, als ich aus dem Schatten ihres
Autos trat.

    Â»Sie – sie ist mir vors Auto gerannt.« Die Blondine ließ
Engels Kopf zur Seite sinken und strich sich reflexartig die Haare aus dem
Gesicht. »Die ist total betrunken! Als ich an ihr vorbeigefahren bin, ist sie
mir direkt in den Wagen getaumelt.«

    Â»Sie ist nicht besoffen.« Ich staunte, wie ruhig meine
Stimme klang. »Sie haben sie überfahren. Absichtlich.«

    Es war so logisch.

    Der Wagen stand quer, noch mehr als hundert Meter von
Susis Haus entfernt. Sie war Engel nachgefahren, das Mädchen musste beim Aufprall
über die Motorhaube hinweggeschleudert worden sein.

    Â»Natürlich ist die betrunken!« Susis Stimme wurde lauter,
schriller. »Das ist eine Alkoholikerin!«

    Mit einem Papiertuch nahm Danner Susi die Flasche aus der
Hand und steckte sie in eine Plastiktüte: »Ich nehme mal an, da ist mit
Methanol gestreckter Schnaps drin. Die Polizei wird das klären können.« Auch er
hatte begriffen, was gespielt wurde.

    Susis blonde Haare hingen ihr wild ums Gesicht. Hilflos
sah sie zu dem Detektiv hoch.

    Engels Kopf rutschte von Susis Schoß auf den rauen Asphalt
der Straße. Wimmernd rollte sich das Mädchen auf die Seite.

    Danner ließ die in der Tüte verpackte Flasche in seiner Jacke
verschwinden.

    Â»Die Idee war gut: Eine Obdachlose trinkt gepanschten
Billigschluck und rennt in ein Auto – scheint ja im Augenblick beliebt zu sein,
das Zeug. Hätte funktionieren können.«

    Â»Genau so ist es gewesen!«, nickte Susi übereifrig, als
Danner sie am Arm auf die Füße zog.

    Ich kniete mich neben Engel. »Wir holen Hilfe. Bleib einfach
liegen, wir holen Hilfe.«

    Ich wühlte in der Jackentasche nach meinem Handy.

    Â»Natürlich ist es nur ein Zufall, dass schon Ihr Schwiegervater
an gepanschtem Alkohol gestorben ist. Und dass Ihr zweiter Ehemann Kalle Thurna
durch gestreckten Schnaps tödlich verunglückte.« Danners Stimme wurde bei jedem
Wort schärfer. »Und blöd, dass Ihr Exmann Edgar Guski diesen Zufall für
auffällig
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