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Fliege machen

Fliege machen

Titel: Fliege machen
Autoren: Lucie Flebbe
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wurden schmal: »Er wusste jedenfalls, wie’s
geht. Das hat ja sozusagen in der Familie gelegen …«

    Â»Methanol ist ein Abfallprodukt der Chemieindustrie.
Geruchs- und geschmacksneutral, deshalb gut geeignet, um Alkoholika zu
verlängern. Führt zu Übelkeit, Schwindel, Erbrechen – in größeren Mengen zu
Blindheit. Die Menge, die Fliege intus hatte, war tödlich«, erklärte Staschek.
»Aber Fliege wusste genau Bescheid über das Zeug. Nachdem ich diese Ergebnisse
bekommen habe, habe ich mit Nina Caspari telefoniert. Sie sagt, Fliege hätte
sie immer vor gepanschtem Schnaps gewarnt. Der hat genau aufgepasst, dass sie
keinen billigen Fusel trinken. Dass er sich aus Versehen vergiftet hat, scheint
mir sehr unwahrscheinlich.«

    Ich saß wie gelähmt. Freddie Döppke hatte es erwähnt.
Susi Thurna auch. Edgar Guskis Vater war auf diese Art gestorben,
unabsichtlich, weil er seinen Schnaps gestreckt hatte, um länger damit
hinzukommen.

    Â»Der hat sich hier erst Mut angetrunken«, folgerte Danner.

    Auch das passte viel zu gut zu Flieges Drohungen an dem
Abend. Ich spiel das Scheißspiel nicht mehr mit.

    Â»Dann hat er sich das Zeug reingezogen. Als er es einmal
drin hatte, war’s gelaufen.«

    Â»Er hätte mit einer Flasche Hochprozentigem nachspülen
müssen, wenn er es sich anders überlegt hätte.«

    Staschek hatte sich offenbar schlaugemacht.

    Â»Paradoxerweise ist das das Einzige, was bei einer Methanolvergiftung
hilft: mehr Alkohol trinken. Der hält das Gift in der Blutbahn, sodass es die
Zellen nicht angreift. Man muss so lange besoffen bleiben, bis der Körper das
Methanol abgebaut hat.«

    In der Kneipe herrschte Stille.

    Â»In dem Fall egal. Bevor das Gift wirken konnte, hat ihm
jemand den Schädel eingeschlagen und die Sache abgekürzt.«

    Â 

49.

    Staschek verabschiedete sich,
schließlich war sein Dienst noch nicht zu Ende.

    Ich beschloss, in der Kneipe auf Engels Rückkehr zu warten.
Hier war es warm und es gab genug zu essen, und wenn ich eines aus dieser
Geschichte gelernt hatte, dann das zu genießen.

    Ich trat hinter die Theke und brühte mir einen heißen Tee
auf, während draußen dunkle Winterwolken bereits am Nachmittag für eine frühe
Dämmerung sorgten.

    Auf dem Tresen lagen die Zeitungen, die Molle heute
Morgen durchgeblättert hatte. Ich warf Danner eine BILD-Zeitung hinüber und
schnappte mir selbst das Tageblatt. Mit dem Autounfall auf der Titelseite.

    Ich blätterte.

    Blätterte zurück.

    Las die Schlagzeile. Irgendwo in meinem Kopf ging eine
Lampe an. »Die Zeitung ist ja uralt.«

    Â»Hm?« Molle sah auf. »Die ist irgendwann liegen geblieben.
Kommt ins Altpapier.«

    Ich richtete mich auf.

    Das Blatt war nicht irgendwann liegen geblieben, sondern an dem Abend! An genau dem Abend, an dem Fliege verschwunden
war. Das war die Zeitung, die der Penner mit in die Kneipe gebracht hatte. Er
hatte sie gar nicht wieder mitgenommen.

    Aber auf die gleiche Zeitung hatte ich in Flieges Unterschlupf
in der Bauruine Hundefutter gekippt?

    Â»Engel hat vorhin darin gelesen, deswegen liegt sie ganz
oben«, erklärte Molle.

    Engel?! Engel hatte den Artikel über den toten Bauunternehmer
gelesen? Ein ungutes Gefühl breitete sich in meinem Magen aus, stieg hoch in
meine Kehle und erzeugte einen Anflug von Übelkeit. Mein Blick glitt noch
einmal über die Schlagzeile.

    Weil ich mich nicht mehr rührte, war Danner aufmerksam
geworden. »Was ist?«

    Was bedeutete das?

    Â»Erde an Lila: Lass uns an deinen Gedanken teilhaben.«

    Â»Er hat von der Zeitung zwei Exemplare besessen«, wunderte
ich mich.

    Â»Wer?«

    Â»Fliege. Aber wieso? Warum kauft sich ein Obdachloser
zwei Mal die gleiche Zeitung, statt ’ner Pulle Bier?«

    Die Lampe in meinem Kopf flammte hell auf.

    Â»Ach du Scheiße!«

    Â 

50.

    Ich irrte mich! Bestimmt!

    Mein Herz klopfte aufgeregt, als Danner seinen riesigen
Geländewagen durch den Feierabendverkehr der Innenstadt lenkte. Ich musste mich
irren!

    Danners Hand wanderte an seine rechte Rumpfseite, während
er das Gaspedal mit Wucht durchtrat und die Schrottschüssel an einem mit
vorschriftsmäßigen fünfzig dahintrottelnden Fiat vorbeidröhnen ließ.

    Engel kannte das Ergebnis von Flieges Blutuntersuchung
und sie hatte die Zeitung gelesen. Gepanschter
Schnaps lautete die
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