Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)

Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)

Titel: Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)
Autoren: Alan Bradley
Vom Netzwerk:
eigenen, die ich mit einem beherzten Nadelstich extrahiert hatte, doppelt so groß waren und Mulden hatten, so wie lauter rote Donuts.
    Auf die Idee jedoch, mein eigenes Blut mit dem meines Vaters und meiner Schwestern zu vergleichen, war ich erst später, auf eine indirekte Anregung von Daffy hin, gekommen.
    »Du bist ebenso wenig eine de Luce wie der Mann im Mond«, hatte sie mich angeschnauzt, als sie mich dabei ertappte, wie ich in ihrem Tagebuch herumschnüffelte. »Deine Mutter stammt aus Transsilvanien. In deinen Adern fließt Fledermausblut.«
    Als sie mir das ledergebundene Buch entriss, schnitt sie sich an einem Blatt Papier tief in den Finger.
    »Das ist deine Schuld!«, zeterte sie und hielt mir den zitternden Finger, von dem es eindrucksvoll auf den Salonteppich tropfte, anklagend unter die Nase. Um die dramatische Wirkung noch zu steigern, hatte sie extra noch mal auf die Wunde draufgedrückt. Dann war sie schluchzend aus dem Zimmer gestürmt.
    Ich konnte einen Gutteil des Blutes mit meinem Taschentuch aufsaugen. Vater machte ein großes Gewese darum, wie wichtig es sei, stets ein sauberes Schnäuztuch dabeizuhaben. Mehr als einmal hatte ich ihn schon in Gedanken für diesen ausgezeichneten Rat gepriesen. Das hier war wieder so ein Anlass.
    Ich war unverzüglich in mein Labor geflitzt, hatte einen Objektträger mit der Blutprobe präpariert, etliche detaillierte Skizzen von meinen Beobachtungen angefertigt und sie säuberlich mit den Buntstiften aus dem Künstler-Malkasten koloriert, den Tante Millicent meiner Schwester Feely vor ein paar Jahren zu Weihnachten geschenkt hatte.
    Das Glück war mir hold. Wenige Tage später riss sich Feely, die übertrieben eitel war, was ihre Hände betraf, am Frühstückstisch einen Niednagel ein. Ich war natürlich sofort zur Stelle.
    »Pass doch auf! Du versaust ja die Tischwäsche«, schimpfte ich, riss ihr die Serviette aus der Hand und gab ihr stattdessen ein Stück Mull, das ich vorsorglich eingesteckt hatte. »Ich wasche die Serviette rasch mit kaltem Wasser aus, bevor das Blut nicht mehr rausgeht.«
    Oben in meinem Labor hatte ich dann eine zweite Skizzenserie angefertigt.
    Die abgeflachten Scheiben der roten Blutkörperchen, hatte ich dazu vermerkt, neigen dazu, aneinanderzukleben. Ihre typische rote Farbe zeigt sich nur dort, wo sie einander überlagern. Ansonsten sind sie blassgelb wie der Abendhimmel nach einem Regenschauer.
    Eine Probe von Vaters Blut zu bekommen war schon kniffliger gewesen. Die Gelegenheit kam erst am darauffolgenden Montag, als er zum Frühstück mit einem Fetzchen Toilettenpapier am Kinn erschien, weil er sich beim Rasieren geschnitten hatte.
    In der Nacht hatte Dogger wieder einen seiner »Vorfälle« gehabt. Er stieß dann alle paar Minuten heisere Schreie aus, denen leises Wimmern folgte, das noch schauriger klang als das Geschrei.
    Dogger war Vaters Faktotum. Seine Aufgaben richteten sich nach seiner jeweiligen Einsatzfähigkeit. Mal war er Kammerdiener, mal Gärtner, je nachdem, in welcher geistigen Verfassung er sich gerade befand. Dogger und Vater hatten zusammen bei der Armee gedient und beide im Gefangenenlager Changi gesessen. Sie sprachen nie über diese Zeit. Das Wenige, das ich über jene schrecklichen Jahre wusste, hatte ich Mrs. Mullet und ihrem Mann Alf mühsam aus der Nase ziehen müssen.
    An jenem Morgen war es offensichtlich, dass Vater kein Auge zugetan, sondern die ganze Nacht an Doggers Bett verbracht hatte, bis die Wahnvorstellungen endlich nachgelassen hatten. Normalerweise hätte Vater es sich nicht im Traum einfallen lassen, mit Klopapier im Gesicht in der Öffentlichkeit zu erscheinen. Dass er es tat, verriet mehr über seine eigene beklagenswerte Verfassung, als es Worte hätten ausdrücken können.
    Es war ein Leichtes gewesen, den blutgetränkten Fetzen aus dem Abfalleimer in seinem Ankleidezimmer zu fischen. Ich muss aber zugeben, dass ich dabei schlimmere Gewissensbisse hatte als je zuvor in meinem Leben.
    Unsere roten und weißen Blutkörperchen, also die von Vater, Feely, Daffy und mir, hatte ich schriftlich festgehalten, auch wenn ich es selbst kaum glauben mochte, sind hinsichtlich Größe, Form, Dichte und Färbung absolut identisch.
    Aus einem abgegriffenen, mit spannenden Flecken verzierten Fachbuch über das Mikroskopieren aus Onkel Tars Bibliothek wusste ich, dass die Blutkörperchen von Fledermäusen nur drei viertel so groß waren wie die von Menschen.
    Meine Blutkörperchen dagegen waren sogar
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher