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Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen: Roman (German Edition)
Autoren: Anke Greifeneder
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dass er sie nie richtig lieben würde, tat sie mir doch Leid, und zwar nicht von oben herab, sondern mitfühlend. Wenn jemand die Erfahrung gemacht hatte, wie es ist, auf eigentlich verlorenem Feld zu kämpfen, weil man eben einfach liebt und nichts dagegen tun kann, dann ich. Eines hatte ich mir fest vorgenommen, ich würde nie mit jemandem zusammenkommen, für den ich nur einen Kompromiss darstellte oder der mich schon irgendwie liebte, aber der genauso gut ohne mich leben konnte.
    Aus dem Wohnzimmer erklang The Age of Aquarius aus dem Musical Hair . Na, wer den Titel wohl aufgelegt hatte?
    Ich ging ins Wohnzimmer und sah meine Eltern ausgelassen tanzen und musste grinsen. Rudi tippte mir auf die Schulter.
    »Du wirst doch nicht erwachsen werden und unsere Eltern so akzeptieren, wie sie sind?«
    Ich knuffte ihn mit dem Ellenbogen in die Seite und antwortete: »Wenn sie Let the sunshine in auflegen, fliegen sie raus!«
    Rudi zog von dannen, um sich weiter mit Doreen zu »unterhalten«.
    Sarah zeigte sich besorgt, sie fühlte sich verpflichtet, Doreen gegenüber, die einen ziemlich naiven Eindruck machte und Rudi jetzt schon anhimmelte. Mit Doreen zu sprechen machte keinen Sinn, aber Rudi konnte sie zur Seite nehmen und ihm auf die Finger hauen.
    Sarah nahm ihr Handy aus der Tasche und spielte nervös damit herum.
    »Sag mal, denkst du, ich sollte Clemens mal eine klitzekleine SMS schicken, um zu fragen, wie es ihm so geht? Ich hab jetzt schon über zwei Wochen durchgehalten, aber mir ist gerade so danach!«
    So schnell konnte sie gar nicht schauen, wie ich ihr das Handy abnahm und gegen heftigen Protest Clemens’ Nummer löschte!
    Richtig war sie immer noch nicht über Clemens weg. Vorgestern war sie rein zufällig an seinem Haus vorbeigefahren, weil es auf dem Weg lag, und hatte geschaut, ob Licht brannte. Tatsächlich hatte Licht gebrannt und gut sichtbar Viola seine Stalkerin angestrahlt, die ebenfalls kontrollierte, ob Clemens zu Hause war.
    Viola hatte ihre abschreckende Wirkung nicht verloren und Sarah immerhin davon abgehalten auszusteigen und einen Spontanbesuch bei Clemens zu starten.
    Schon seltsam, dass Clemens gegen Viola nichts unternahm, am Ende gefiel ihm das noch oder er benutzte sie als Wachhund.
    Auf alle Fälle war es gut, dass Sarah offen mit ihrer Obsession umging, nur so konnte ich ihr helfen und sie davor bewahren, sich zum Deppen zu machen.
    Mitten im Gewühl stand plötzlich Leila vor mir mit ihrem Jakob an der Hand.
    Überglücklich und überstolz stellte sie ihn vor. Jakob war ein gut aussehender Bursche mit offenem Blick und sympathischem Grübchen-Lächeln, allerdings sah er aus wie der klassische Berater und passte auf den ersten Blick so überhaupt nicht zur hippen Leila. Doch wie die beiden sich verliebt anschauten und er mit ihr umging, ließ sofort alle Zweifel in mir verstummen.
    »Hallo Jakob, dich gibt’s ja wirklich! Wir dachten schon, Leila hat dich erfunden und spielt mit einem imaginären unsichtbaren Freund. Da bin ich doch sehr erleichtert!«, begrüßte ich ihn fröhlich.
    Jakob lachte und gab zurück, an ihm habe es ja nicht gelegen, im Gegenteil, er habe sich schon Sorgen gemacht, ob wir wirklich existierten, weil wir einen Termin am anderen verschoben hatten.
    Jakob war ein guter Typ, das spürte man sofort, und er tat Leila gut. Die Art, wie er sie ansah, sich um sie kümmerte und immer schaute, ob es ihr gut ging, ohne aufdringlich zu sein, war alles, was sich eine Frau wünschen konnte, zumal, wenn sie so unschöne Erfahrungen wie Leila gemacht hatte.
    Wir unterhielten uns eine Weile, dann mischte ich mich wieder unter die Gäste, bis Sarah mich vor die Tür zog.
    »Wir müssen unbedingt reden!«
    Was war denn jetzt wieder los? War Clemens zurück, Sarah auch in Ben verliebt? Hatte Rudi Doreen einen Heiratsantrag gemacht? Auf alle Fälle schien es wichtig.
    »Was ist denn los?«
    »Ich kenne Leilas Jakob aus München!«
    Ja, da kam er ja auch her, was war denn daran besonders?
    Sarah holte Luft, vor lauter Aufregung verhaspelte sie sich.
    »Das letzte Mal, als ich ihn getroffen habe, war er mit Sabine verheiratet, einer ehemaligen Kommilitonin von mir! Zähl doch mal eins und eins zusammen. Warum war er an den Feiertagen und Wochenenden nie hier, sondern in München? Von wegen seinen armen Vater pflegen! Ich sage dir, der musste bei Sabine antanzen und den braven Ehemann geben, und Leila ist seine Geliebte für unter der Woche!«
    Sprachlos sah ich Sarah an. Lieber
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