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Flammendes Eis

Flammendes Eis

Titel: Flammendes Eis
Autoren: Clive Cussler , Paul Kemprecos
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zur Belohnung etwas zu gönnen, das sie als Kinder stets Dagwood-Sandwich genannt hatten. Als er eine Scheibe Mortadella auf die Schinken-, Käse- und Salamischichten legte, drang ein gedämpftes Grollen an sein Ohr. Es klang wie ferner Donner, aber es schien von unten zu kommen.
    Das Boot erzitterte dermaßen heftig, dass der Senf und das Mayonnaiseglas von der Arbeitsfläche rollten. Jenkins warf das Messer in die Spüle und eilte an Deck. Er fragte sich, ob womöglich die Schraube abgebrochen war oder einen treibenden Baumstamm erwischt hatte, aber es schien alles in Ordnung zu sein. Das Meer war ruhig und beinahe spiegelglatt. Vorhin hatte die blaue Oberfläche ihn noch an eines der großformatigen Gemälde von Mark Rothko erinnert.
    Das Boot lag jetzt wieder ganz friedlich da. Jenkins sah sich verblüfft um, zuckte die Achseln und ging wieder nach unten.
    Dort machte er das Sandwich fertig, räumte auf und kehrte zum Essen an Deck zurück. Er sah, dass einige der Hummerfallen verrutscht waren, also sicherte er sie mit einem Seil. Als er dann das Ruderhaus betreten wollte, spürte er urplötzlich ein unangenehmes Gefühl im Magen, als habe jemand in einem schnellen Aufzug den Knopf der obersten Etage gedrückt. Er hielt sich an dem kleinen Auslegerkran fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Das Boot sackte ab, wurde wieder angehoben, sank abermals nach unten und wiederholte diese Bewegungen ein weiteres Mal, bevor es heftig schaukelnd im Wasser zur Ruhe kam.
    Nach einigen Minuten hatte die Bewegung vollends aufgehört, und alles war wieder wie zuvor. Dann sah Jenkins etwas in der Ferne aufblitzen. Er holte seinen Feldstecher von der Brücke, suchte das Meer ab, stellte die Schärfe nach und sah drei in Nord-Süd-Richtung verlaufende dunkle Furchen. Die Wogen bewegten sich auf die Küste zu. In seinem Kopf schrillte eine Alarmglocke. Das
konnte
nicht sein. Er musste an jenen Junitag des Jahres 1998 vor der Küste von Papua-Neuguinea zurückdenken. Sie hatten an Bord eines Forschungsschiffs Daten gesammelt, als eine geheimnisvolle Explosion die seismischen Instrumente verrückt spielen ließ und eine Veränderung des Meeresbodens angezeigt wurde. Die Wissenschaftler hatten die Vorboten einer Tsunami erkannt und die Bewohner an Land warnen wollen, aber viele der Dörfer konnten nicht über Funk erreicht werden. Die riesige Welle war wie eine gewaltige Dampfwalze über die Ansiedlungen hinweggefegt und hatte entsetzliche Zerstörungen angerichtet.
    Nie würde Jenkins den Anblick der Menschen vergessen, die von Mangrovenästen gepfählt oder nach ihrem Tod von Krokodilen angefressen worden waren.
    Aus dem Funkgerät erklang eine Vielzahl von Stimmen gleichzeitig, alle unverkennbar mit dem harten Akzent des Staates Maine. »Wahnsinn!«, rief jemand, den Jenkins als seinen Nachbarn Elwood Smalley erkannte. »Habt ihr dieses Donnern gehört?«
    »Klang wie ein Kampfjet, bloß unter Wasser«, sagte ein anderer Fischer.
    »Hat sonst noch jemand diese Welle mitbekommen?«, fragte ein Dritter.
    »Ja«, antwortete lakonisch ein Hummerveteran namens Homer Gudgeon. »Eine Weile bin ich mir wie in der Achterbahn vorgekommen!«
    Jenkins hörte den Männern nicht länger zu. Er holte aus einer Schublade einen Taschenrechner hervor, schätzte den zeitlichen Abstand und die Höhe der Wellen, stellte ein paar schnelle Berechnungen an und starrte ungläubig auf das Ergebnis. Dann nahm er das Mobiltelefon, das er normalerweise für persönliche Mitteilungen benutzte, die nicht über den offenen Funkkanal gehen sollten, und wählte eine Nummer.
    Am anderen Ende meldete sich die raue Stimme von Charlie Howes, dem Polizeichef von Rocky Point.
    »Charlie, Gott sei Dank habe ich dich erwischt!«
    »Ich sitze gerade im Wagen und bin unterwegs zum Revier, Roy. Willst du mir noch mal unter die Nase reiben, wie glorreich du mich gestern beim Schach geschlagen hast?«
    »Ein andermal«, sagte Jenkins. »Ich befinde mich östlich von Rocky Point. Hör mal, Charlie, uns bleibt nicht viel Zeit. Ein große Welle läuft genau auf die Stadt zu.«
    Er hörte ein leises Kichern. »Mann, Roy«, sagte der Chief.
    »In Küstenstädten wie unserer gibt
es jede Menge
Wellen.«
    »Aber nicht solche. Du musst die Menschen aus der Hafengegend evakuieren, vor allem aus dem neuen Motel.«
    Im ersten Moment dachte Jenkins, die Verbindung wäre abgerissen. Dann brach Charlie Howes in sein typisches schallendes Gelächter aus. »Ich wusste gar nicht, dass
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