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Flammender Diamant

Titel: Flammender Diamant
Autoren: Ann Maxwell
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hatten. Er hatte noch nie Steine gesehen, die denen auf dem weißen Papier vor ihm vergleichbar waren.
    Cole steckte seinen eigenen Diamanten wieder ein und betrachtete den dunklen Samtbeutel auf dem Schreibtisch. Der Samt war schon so alt, daß die Zeit und die harten Diamanten darin ihn an manchen Stellen fast bis zur Durchsichtigkeit abgeschabt hatten.
    Wie prächtig waren dagegen die Steine. Sie schimmerten wie erfüllt von Licht und Zeit und dem unstillbaren Hunger des Menschen nach seltenen Dingen.
    »Was willst du von mir?« fragte Cole und sah dabei die Diamanten mit nachdenklichen grauen Augen an.
    Einen Moment lang dachte Wing, Cole habe einen der Steine gefragt. Er kannte Cole seit vielen Jahren, und doch glaubte der Geschäftsmann aus Hongkong nicht, das komplexe Denken des amerikanischen Geologen und Diamantensuchers zu verstehen oder seine Reaktion Voraussagen zu können.
    »Sind das Diamanten?« fragte Wing leise.
    »Ja.«
    »Kein Irrtum möglich?«
    Cole zuckte die Schultern. Durch die Bewegung leuchtete das Licht ihn anders aus. Schwarze Rohseide schimmerte in seinem sportlichen Jackett. Sein Haar besaß genau denselben Glanz und Farbton. Seine Haut war dem Wetter der verschiedensten Wildnisse dieser Welt ausgesetzt gewesen. Feine Linien lagen um seine Augen, denn er hatte oft in gleißende Wüstensonne oder das grelle Licht der Bergmannslampen gesehen. Über seiner linken Schläfe zogen sich ein paar Silberstreifen durch sein dichtes Haar. Er sah älter aus als vierunddreißig. Und er war tatsächlich reifer als die Jahre, die er schon gelebt hatte.
    »Ein Irrtum ist nie ausgeschlossen«, sagte Cole, »aber wenn ein Mensch diese Steine gemacht hätte, wäre das der Ruin der gesamten Diamantminen der Welt.«
    Wing lächelte.
    »Wenn du dir Sorgen darüber machst, kann ich in Darwin jemanden mit einem Gerät zum Messen der Wärmeleitfähigkeit finden. Diesen Test hat noch niemand ausgetrickst - bisher.«
    Diesmal zuckte Wing mit den Schultern. »Wenn du das Gerät nicht mitgebracht hast, ist dafür keine Zeit. Diese Steine müssen schon in ein paar Stunden unterwegs sein.«
    »Wohin?«
    »Amerika.«
    »Und woher sind sie gekommen?«
    »Kimberley.«
    Cole schwieg. Als er wieder etwas sagte, klang seine Stimme neutral. »Die Vorkommen in Südafrika sind schon ziemlich ausgebeutet.«
    »Nicht von Kimberley in Afrika«, korrigierte Wing. »Vom Kimberley-Plateau hier in Australien.«
    Wing lächelte, als genieße er die Gelegenheit zu beweisen, daß er den Unterschied zwischen den beiden Kimberleys verstand. Die Verwechslung kam häufiger vor, denn normalerweise dachte bei Diamanten jeder an Afrika, auch wenn die größte Diamantenmine der Welt, die Argyle-Mine, in der abgelegenen tropischen Wüste des Bundesstaates Westaustralien lag.
    Cole erwiderte das Lächeln, doch seine Lippen wirkten hart und wenig zu Humor aufgelegt. »Hat die Familie Chen auf der Grundlage dieser Steine in die Argyle-Mine investiert?«
    »Ich habe nicht Argyle gesagt, nur Kimberley.«
    Schweigend bedachte Cole, was damit gemeint sein könnte. Wenn diese Steine aus der Argyle-Mine kamen, dann hatte das Kartell, das weltweit den Handel mit Diamanten kontrollierte, eine wichtige Neuentdeckung gemacht und war dabei noch etwas reicher geworden. Aber wenn die Steine aus einer neuen Quelle stammten, dann gab es einen neuen Spieler im Diamantenpoker, und schon bald würde die Hölle los sein.
    »Kimberley in Australien«, wiederholte Cole und sah Wing mit einem grauen Blick an, der so klar wie Gletschereis wirkte. »Dort sind diese Steine gefunden worden?«
    Zum ersten Mal zögerte Wing. »Von dort habe ich sie bekommen, aber wo sie ursprünglich gefunden wurden...« Er machte mit seinen schmalen Händen eine Geste der Unwissenheit.
    »Gibt es noch mehr davon?« fragte Cole und deutete zu den Steinen hinüber.
    »Ich habe nur diese bekommen«, sagte Wing vorsichtig.
    Cole ging zum Fenster hinüber und blickte auf die Palmen vor dem Kasino der Regierung in Darwin, Nordaustralien, hinaus, das tausendfünfhundert Meilen vom Kimberley-Plateau entfernt lag. Das gleißende Sonnenlicht und der dunstfeuchte Himmel ließen die Timor-See wie gesponnenes Aluminium wirken.
    Die Hitze spürte Cole auch durch die Doppelscheiben des Fensters. Man hörte das Summen der Klimaanlage, die den Rauch aus der Luft der Spielräume unten filterte und gleichzeitig die dampfige, schwere Hitze des tropischen Oktobers herunterkühlte. Hier Down Under, >unten
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