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Flammende Fesseln

Flammende Fesseln

Titel: Flammende Fesseln
Autoren: Vanessa Vulgaris
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kleinen Baumgruppe blieben sie stehen.
    „Ich möchte mich bei dir bedanken, Borgo“ begann Helena lächelnd. „Der gute Figgins hat mir erzählt, wie heldenhaft du mich verteidigen wolltest.“ Borgos Gesicht lag halb im Schatten der Bäume und Helena konnte den Ausdruck darauf kaum erkennen, als er erwiderte: „Das war doch selbst verständlich – für meine kleine Schwester würde ich schließlich alles tun.“
    Schatten und Licht begannen vor Helenas Augen zu verschmelzen und drehten sich erst langsam und dann immer schneller. Meine Schwester? „Aber-“
    Der Stahl der Klinge war kalt an ihrem Hals und brachte den Wirbel vor ihren Augen zum Stillstand. Kalte nüchterne Angst und fassungsloses Staunen kehrten ein, als Helena bewusst wurde, dass es ihr Bruder war, der da dicht hinter ihr stand und ihr ein Messer an die Kehle hielt.
    „Ich habe sie geliebt“ sagte Borgo mit einer Stimme, die von weit her zu kommen schien, „ich habe Marjorie geliebt, seit ich aus dem Waisenhaus ausriss und zum Zirkus kam. Anders als alle anderen habe ich sie nie begehrt – ich habe ihr nur gern zugesehen. Sie war die beste Seiltänzerin, die ich jemals gesehen habe. Vermutlich hätte sie auch bekleidet in jedem anderen Zirkus eine große Karriere machen können; aber für sie gehörte die Erotik dazu. Und sie hat jeden verführt.“. Er atmete tief ein und wieder aus, lockerte seinen festen Griff jedoch um keinen Millimeter. „Sie wusste, dass ich ihr Sohn war“, fuhr er fort, „aber sie hat es mir nie gesagt. Gleichzeitig war ich der einzige im Zirkus, mit dem sie niemals geflirtet hat. Ich habe an dem Abend, an dem sie starb, meine Geburtsurkunde in einem Holzkasten auf ihrem Schminktisch gefunden. ‚Boris Clay‘ stand da.“
    Boris alias Borgo stand stumm hinter Helena, und mit einem Mal konnte sie sein leises Weinen hören. „Keiner von uns kannte Marjories Nachnamen“, sagte er, „und sie hat nur gelacht, als ich sie auf meinen Fund angesprochen habe. Da wurde ich sehr wütend…“
    Die Klinge schnitt in Helenas Fleisch, und sie schrie leise auf, zitternd und in Todesangst. „Bitte nicht! Hast du – hast du sie…?“ Helena begann zu weinen, und zu ihrer Überraschung löste Borgo seinen Griff ein wenig. Er drehte sie zu sich herum, und in seinen dunkelgrünen Augen lag tiefer Schmerz. „Ich werde dir alles erzählen wenn du versprichst, nicht wegzulaufen.“ Helena nickte und blickte den Mann vor sich an, der ihr fremd und doch vertraut schien.
    „Ich habe sie mit dem Messer bedroht und sie gezwungen, mir die Wahrheit zu sagen. Das letzte Mal, als ich sie lebend sah, hat sie mich voller Angst und Trauer angeschaut und nur stumm genickt. Ich bin wütend aus dem Zelt gelaufen, und Minuten später war sie tot. Das werde ich mir nie verzeihen“ brach es aus ihm heraus. Tränen rannen seine Wangen hinab, und Helena strich ihm zärtlich über den Rücken. Mit einem Mal verstummte sein Weinen; ruckartig drehte er sich zu ihr und sah sie ernst und fast ein wenig feindselig an. „Ich habe auch deine Geburtsurkunde gefunden – und ich wusste, dass sie dich gesucht hat. Als du schließlich hier aufgetaucht bist, dachte ich…ich dachte…“
    Helena schluckte schwer und ergänzte seinen Satz: „Du dachtest ICH hätte sie umgebracht, weil sie mich zur Adoption freigegeben hat?“ Borgo nickte und blickte Helena offen an. „ich war sicher, dass du es herausgefunden hattest und Rache nehmen wolltest. Ich habe wohl von meinen Gefühlen der Wut auf deine geschlossen. Erst als du heute getanzt hast, kamen mir meine Zweifel. Du hast so“ er stockte, „so liebreizend ausgesehen wie sie…und ich war glücklich, meine Schwester gefunden zu haben.“ Borgo warf das Messer weg und schloss Helena in die Arme. „Verzeih mir“ flüsterte er, und sie hielt ihn fest, „ich könnte dir nie etwas tun. Selbst wenn –„ „NEIN. Helena hat Marjorie Clay nicht umgebracht“. Figgins Stimme ließ die Geschwister herumfahren. „Ich habe heute herausgefunden wer es war.“.
    Arm in Arm standen Borgo und Helena Clay da und starrten den Zirkusdirektor und die erleichterte Eva, die ihn alarmiert hatte, neugierig an. Figgins räusperte sich, bevor er fortfuhr:
    „Die Polizei hat am Tatort einige Büschel dunklen Haares gefunden; außerdem wurde Marjorie vor ihrem Tod misshandelt und wies Prellungen und offene Wunden auf. Einige davon ließen darauf schließen, dass der Mörder einen schweren Ring trug, der die Haut aufgerissen
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