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Flagge im Sturm

Titel: Flagge im Sturm
Autoren: Mirinda Jarrett
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Gewäsch.“
    „O nein, glaubt mir, es gibt sie.“ Zum ersten Mal seit Ebens Tod sprach van Vere vollkommen ernst mit Demaris. „Ihr zahlt gut und mit hartem Geld, und Ihr habt mich noch nie bei der Zollbehörde angeschwärzt. Wenn Ihr Euch einfangen lasst, werdet Ihr an irgendein Bordell verkauft, und ich sehe Euer Gold nie wieder. Also denkt an meine Warnung! Haltet die Augen offen und nehmt Euch vor Fremden in acht.“ Demaris nickte. Sie war sich noch nicht sicher, ob sie ihm glauben sollte. Sie wollte es nicht. Sie blickte zwar auf die Männer, die das Boot entluden, doch was sie sah, war der scharlachrote Rock mit den Messingknöpfen, der jetzt frisch gewaschen und gebügelt an einem Haken an der Tür ihrer Vorratskammer hing.
    Als Caleb das Fuhrwerk in den Hof lenkte, stand Ruth am Fenster. Sobald Demaris die Silhouette der Frau dort sah, sprang sie vom Wagen, noch ehe die Räder ganz stillstanden. Ruth empfing sie mit düsterem Gesicht an der Tür.
    Demaris presste die Hände unter ihrem Umhang zusammen. „Er ist gestorben, nicht wahr?“, fragte sie tonlos. „Ich habe es ja geahnt! Wenn ich fortginge, dann ...“
    „Spart Euch Eure Trauer, Mistress“, unterbrach Ruth sie.
    „Der Mann ist so lebendig wie bei Eurem Fortgang. Kein einziges Mal ist er aufgewacht. Hat die ganze Nacht friedlich wie ein satter Säugling geschlafen. “
    Erleichtert atmete Demaris auf und drückte die Frau an sich. „Gott sei gedankt und dir auch, Ruth, denn du hast über ihn gewacht.“
    „Über Euch zu wachen, bereitet mir viel größere Mühe, und je mehr Ihr redet, desto deutlicher sehe ich, dass Ihr mich benötigt. “ Sie trat aus dem Haus und zog die Tür hinter sich zu. „Falls er aufwacht, möchte ich nicht, dass er hört, was ich zu sagen habe. “ Ihr eindringlicher Ton war nicht misszuverstehen. „Er wird Euch Ärger bringen, Mistress, nichts als Sorgen. Ihr liefert ihn am besten so schnell wie möglich aus. “ Demaris seufzte ungehalten. „Ruth, ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich Jonathan nicht für einen Piraten halte.“ „Das wäre auch das wenigste, was er Euch antun könnte. Caleb meinte, der Fremde schaute ganz gut aus. Doch Mistress, ich brauche den Kerl nur einmal anzublicken, und schon fürchte ich das Schlimmste für Euch. Dieser Mann sieht schöner und edler aus als jeder, der mir bisher begegnet ist. Und das findet Ihr auch, so, wie Ihr um ihn zittert.“ „Ruth, ich bin keine alberne Jungfer, die sich den Kopf von einem schönen Gesicht verdrehen lässt.“
    „Sehr richtig. Doch Ihr seid eine Witwe, die schon ein halbes Jahr ohne männlichen Trost auskommen musste, und das ist viel schlimmer.“ Ihr Ton wurde sanfter. „Ich weiß, Ihr habt Master Allyn nicht aus Liebe geheiratet. Er war gütig zu Euch, und Ihr mochtet ihn gern. Doch er war dick und kahl und einen halben Kopf kleiner als Ihr, und er hat Euch eher wie seine Tochter behandelt und nicht wie seine Gattin.“ Ruth blickte Demaris weise an. „Nun platzt dieser schöne Bursche in Euer Leben, nein, in Eure Küche. Er ist jung und erfreulich anzuschauen. Wenn er wieder auf den Beinen ist, wird er so stark und so geil sein wie ein dreijähriger Bulle. Er wird auf Euch aus sein, und ich würde es sogar verstehen, wenn Ihr ihn gewähren ließet. Nur - was wollt Ihr tun, falls er Euch ein Kind macht?“
    „Du solltest wissen, dass diese Möglichkeit kaum besteht, Ruth“, sagte Demaris streng.
    „Weshalb nicht? Weil Ihr nicht bei ihm liegen werdet, oder
    weil Ihr sechs Jahre lang Master Allyns Gattin wart, ohne dass ein Kind gezeugt wurde?“ Ruth schüttelte den Kopf. „Nicht nur Frauen können unfruchtbar sein, Mistress. Manchmal stimmt auch etwas mit dem männlichen Samen nicht.“ „Ruth, bitte!“
    „Jedenfalls seid Ihr für einen Mann wie diesen viel zu schade, und wenn er wieder geht, lässt er Euch mit einem gebrochenen Herzen zurück“, erklärte Ruth unbeirrt. „Und das will ich mir nicht mitansehen, ob er nun ein Pirat ist oder nicht. Schickt ihn so bald wie möglich fort, Mistress. Schickt ihn fort, bevor er Euch Kummer bereitet.“
    „So weit wird es nicht kommen, Ruth. Das verspreche ich dir.“ Demaris war froh, dass sie im Dunkeln stand und ihr Erröten nicht zu sehen war. „Wie könnte mir auch etwas an einem Mann liegen, der, der ... nun, der so ist, wie du sagst? Wenn er geht, werden ihn meine besten Wünsche begleiten, doch nicht mein Herz.“
    Drinnen im Haus begann das Baby zu schreien, und Ruth
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