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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier
Autoren: Robin Hobb
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sein.« Sie drehte sich wieder um und hob die Stimme: »Komm herein, sage ich dir. Hier ist es warm. Und ein Wolf lebt bei ihm. Nachtauge wird dir gefallen.«
    Er ist ein seltsamer Junge mit einem braunen und einem blauen Auge. Seine Mutter war keine milde Frau gewesen, und seine Erinnerungen an die Kindheit sind nicht die besten. Sie nannte ihn Harm. Vielleicht war er das für sie: Kummer und Leid. Ich rufe ihn meistens ›Junge‹, und es scheint ihn nicht zu stören. Er hat von mir Lesen, Schreiben und Rechnen gelernt sowie Kräuterkunde. Er war sieben Jahre alt, als Merle ihn zu mir brachte; nun wird er bald zehn. Er versteht mit einem Bogen umzugehen. Nachtauge ist einverstanden mit ihm, denn er jagt gut für den alten Wolf.
    Bei ihren Besuchen versorgt Merle mich mit den Neuigkeiten aus der großen, weiten Welt. Nicht immer zu meiner Freude. Zu viel hat sich verändert; zu viel kommt mir merkwürdig vor. Prinzessin Philia ist Herrin auf Burg Fierant. Ihre Hanffelder liefern inzwischen ebensoviel Papier wie Seile und Taue. Die Fläche der Parks und Gärten hat sich verdoppelt. Das Gelände, das einmal des Königs Rund werden sollte, ist jetzt ein botanischer Garten mit Pflanzen aus jedem Winkel der Sechs Provinzen und darüber hinaus.
    Burrich, Molly und ihren Kindern geht es gut. Sie haben Nessel und Klein-Chivalric, und ein weiteres Kind ist unterwegs. Molly hat ihre Bienenstöcke und eine Kerzenmacherei, während Burrich mit den Deckgebühren von Rötel und Rötels Sohn wieder mit der Pferdezucht angefangen hat. Merle weiß darüber Bescheid, denn sie war es, die die beiden ausfindig machte und dafür sorgte, dass der Hengst und das Fohlen an Burrich zurückgegeben wurden. Meine gute Rußflocke war zu alt, um den weiten Weg vom Bergreich hierher zu überleben. Molly und Burrich glauben nach wie vor, ich sei seit vielen Jahren tot. Manchmal glaube ich das selbst. Ich habe nie gefragt, wo sie jetzt leben. Ich habe nie eines der Kinder gesehen. Darin bin ich ganz meines Vaters Sohn.
    Kettricken brachte einen Sohn zur Welt, Prinz Pflichtgetreu. Merle berichtet, er sei dunkel wie sein Vater, doch es sähe aus, als würde aus ihm ein hochgewachsener, schlanker Mann, wie Kettrickens Bruder Rurisk es war. Ihrer Meinung nach ist er ernsthafter, als es für einen Jungen gut ist, doch seine Lehrer sind vernarrt in ihn. Sein Großvater hat die lange Reise vom Bergreich nach Bocksburg auf sich genommen, um den Knaben zu sehen, der eines Tages über beide Reiche herrschen wird. Er war sehr angetan von seinem Enkelsohn. Ich frage mich, was sein anderer Großvater von all dem gehalten haben würde, was bei seinen Friedensbestrebungen letztlich herausgekommen ist.
    Chade führt kein Dasein im Schatten mehr, sondern ist der geachtete Ratgeber der Königin. Merle schildert ihn als einen närrischen alten Mann mit einer zu großen Vorliebe für junge Damen. Doch sie lächelt, wenn sie es sagt, und ›Chade Irrsterns Vergeltung‹ ist schließlich das Lied, das ihr unvergänglichen Ruhm bescheren und ihren Namen im Gedächtnis der Nachwelt erhalten wird. Ich bin überzeugt, dass Chade weiß, wo ich bin, doch er hat mich nie besucht. Es ist gut so. Manchmal bringt Merle mir interessante alte Schriftrollen mit und Samen und Wurzeln exotischer Pflanzen; ein andermal feines Papier und kostbares Pergament. Ich brauche nicht nach der Herkunft zu fragen. Gelegentlich gebe ich ihr etwas mit: Geschriebenes, Zeichnungen von Kräutern mit ihren heilsamen und schädlichen Wirkungen, einen Bericht über meinen Aufenthalt in der Ruinenstadt, Notizen meiner Reisen durch Chalced und die Länder jenseits davon. Sie wird sie verlässlich dem ungenannten Empfänger zustellen, davon bin ich überzeugt.
    Einmal war es eine Karte der Sechs Provinzen, die sie mir von ihm überbrachte, jene, die von Veritas begonnen, aber niemals fertiggestellt worden war. Manchmal, wenn ich diese Karte anschaue, denke ich an die Orte, die ich darauf nachtragen könnte, aber ich tue es nicht. Ich habe sie an die Wand gehängt, wie sie ist, und ich glaube nicht, dass ich je etwas daran ändern werde.
    Was den Narren angeht, er ist nach Bocksburg zurückgekehrt, aber nur für kurze Zeit. Die Drachenreiterin und ihr Drache verließen ihn dort, und er weinte, als sie ohne ihn davonflogen. Man hat ihn sofort als großen Helden und Kriegsmann gefeiert; ich bin sicher, das hat ihn in die Flucht geschlagen. Land und Titel von Edel wollte er nicht haben. Niemand weiß genau, wo
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