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Fischer, wie tief ist das Wasser

Fischer, wie tief ist das Wasser

Titel: Fischer, wie tief ist das Wasser
Autoren: Sandra Lüpkes
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ich das, und ich saß hier mit Ulfert van Looden und bekam es nun richtig mit der Angst, dass ich einen Fehler gemacht haben könnte, als ich in sein Auto gestiegen war.
    «Dirk kommt ganz nach seiner Mutter. Er ist verträumt und gutmütig, er kann sich sehr gut Gesichter und Namen merken, wirklich, er hat ein phantastisches Gedächtnis, Sie sollten mal Memory mit ihm spielen   …»
    «Worauf wollen Sie eigentlich hinaus?», fragte ich ungeduldig. Hier war etwas falsch, ganz und gar falsch.
    Van Looden beugte sich vor. «Worauf ich hinauswill?» Er legte seine Hände flach aneinander wie bei einem Gebet und legte seine Zeigefinger an die Lippen. «Ich bin mir ziemlich sicher, dass Dirk nicht in der Lage sein wird, diese Firma hier zu leiten. Obwohl ich alles Erdenkliche dafür getan habe, er ist eben ein anderer Mensch. Und ich danke Gott, dass er mir einen zweiten Sohn geschenkt hat. Henk trägt zwar nicht meinen Namen und weiß bislang nicht, dass ich sein Vater bin, doch er ist der Richtige für dies alles hier!»
    «Henk soll die Firma übernehmen? Das ist schön, wirklich, er ist ein fabelhafter   …», ich stutzte. Hatte Malin Andreesen mir nicht in unserem Streitgespräch an den Kopf geworfen, dassLiekedeler sich um Henk regelrecht bemüht hatte? «Moment, soll das heißen, dass Henk aus diesem Grund bei Liekedeler gelandet ist?»
    Er nickte zufrieden.
    «Und dieses ganze Aufsehen um den Jungen, diese Bevorzugung, war es alles nur wegen Ihnen?» Mein Herz klopfte bis zum Hals. «Musste es deshalb immer nur Henk sein, der in der Fernsehsendung porträtiert werden sollte? Ich kann es nicht glauben!»
    Er schlug seine Beine übereinander und nippte an seinem Tee. «Warum regen Sie sich so auf, Frau Leverenz? Henk kann froh sein, dass ich ihm diese Chance ermöglicht habe. Entschuldigen Sie, Sie kennen doch seine Mutter, oder nicht? Wussten Sie, dass Henk um ein Haar quasi vor den Augen seiner Mutter ertrunken wäre, wenn ich nicht zufällig an diesem Tag Sjard Dieken auf die Insel geschickt hätte?»
    Ich brachte kein Wort heraus, starrte diesen Mann an, wie er selbstgefällig einen Biskuit in den Tee tunkte. Mir wurde übel bei dem Gedanken, dass ich hier festsaß.
    «Liekedeler hat einen ganzen Batzen Geld von mir bekommen, ohne meine Hilfe stünde das alte Haus wahrscheinlich immer noch leer und verfallen in der Wildnis. Ich hatte von der ‹inPharm AG› gehört und ein befreundeter Arzt hat mir etwas über dieses hochinteressante Forschungsprojekt erzählt. Ich verfolgte die Entwicklung der Kinder, besonders diese Gesa Boomgarden behielt ich im Auge, und als ich die Erfolge sah, habe ich Dirk ein Jahr später auch auf die Schule gegeben. Doch bei ihm war es hoffnungslos, wissen Sie? Rytephamol-B macht vielleicht intelligenter, aber es verändert nicht den Charakter eines Menschen. Und wie gesagt, Dirk ist eher wie seine Mutter   …»
    «Aber Henk?»
    «Henk ist wie ich und mein Herz jubelt, wenn Dr.   Schewe mir von seinen phantastischen Fortschritten erzählt. Er wird einmal ein ganz Großer werden, mein Sohn. Ich hoffe, er wird irgendwann einmal meinen Namen übernehmen und dann bleibt ‹LoodenBau› in Familienhand. Sie können gar nicht ahnen, was das für mich bedeutet!»
    «O doch, das kann ich!», sagte ich langsam. «Wenn Sie für eine solche Wahnsinnsidee bewusst die Gesundheit Ihrer Kinder aufs Spiel setzen, dann muss Ihnen dieser Familienschwachsinn sehr viel bedeuten!» Hastig erhob ich mich. «Ich denke, wir brauchen uns nicht eine Sekunde länger unterhalten, Herr van Looden!» Ich wollte hier raus, mein Gott, ich war direkt in die Höhle des Löwen gerannt.
    Als ich meinen ersten Schritt in Richtung Tür tat, sprang er auf und packte mich am Arm. «Ich denke, Sie sollten mir noch bis zum Ende zuhören, Frau Leverenz.»
    «Das denke ich nicht», entgegnete ich und wollte mich aus seinem starken Griff befreien.
    Doch er hielt mich fest. «Sie haben ein Problem mit Liekedeler, gut! Sie meinen, sich ein Urteil über die Arbeit von hoch qualifizierten Wissenschaftlern bilden zu können, gut! Aber ich werde es auf keinen Fall zulassen, dass Sie all meine Hoffnungen zerstören, indem Sie das Projekt in Gefahr bringen. Auf gar keinen Fall!»
    «Mir sind Ihre Hoffnungen scheißegal, wenn Sie mich fragen. Es geht mir um die Kinder, auch um Ihre Kinder, falls es Sie interessiert. Und jetzt lassen Sie mich bitte gehen!»
    Er ließ mich unvermittelt los und ich stolperte ein Stück nach hinten.
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