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Fischer, wie tief ist das Wasser

Fischer, wie tief ist das Wasser

Titel: Fischer, wie tief ist das Wasser
Autoren: Sandra Lüpkes
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welches man sorgsam polierte und pflegte, damit es auch neue Schränke immer noch überstrahlen konnte.
    «Es ist uns wichtig, dass die Öffentlichkeit mehr über die wichtige Arbeit in unserer Stiftung erfährt», glitten die Worte aus ihren braunrot bemalten Lippen. «Selbst hier vor Ort denken die Menschen, dass das Betreuungsprogramm bei Liekedeler ein Vermögen kostet und wir uns in welcher Form auch immer lediglich am Bildungsboom unseres Landes bereichern wollen. Und dabei ist die Teilnahme an unserem Projekt für jedes Kind kostenlos. Dafür steht schon unser Name. Sie wissen doch, was Liekedeler bedeutet?»
    Ich wusste es, jeder hier in Ostfriesland weiß es, da man stolz ist auf die grausig guten Geschichten des großen SeeräubersStörtebeker, der hier in der Gegend von den Friesen in einem roten, breiten Kirchturm versteckt wurde. Störtebeker war ein Räuber und hatte der Legende nach die blutig erworbene Beute unter seinen Gefolgsleuten gerecht verteilt, er war so etwas wie ein friesischer Robin Hood.
    «Ich weiß natürlich, was es heißt. Liekedeler ist, ja, wörtlich übersetzt: Gleichteiler. Für die Stiftung stelle ich mir das so vor: Alle Schüler werden hier aufgenommen, keiner bekommt mehr als der andere, alles wird geteilt. Ich finde, Wörter wie Gerechtigkeit, Mut und Zusammengehörigkeitsgefühl klingen auch mit. Ein schöner Name.»
    Dr.   Schewe schien diese Bemerkung gefallen zu haben, denn sie lächelte mich an. «Noch einen Kaffee?»
    Ich schüttelte den Kopf, obwohl es der beste Kaffee war, den ich je getrunken hatte. Bei einem Bewerbungsgespräch sollte man schließlich nicht zu gierig erscheinen.
    «Wir haben in diesem vergleichsweise kleinen Haus angefangen, stellen Sie sich vor, ich habe vor vier Jahren selbst mit dem Kleistereimer und Tapeten hantiert, damit es so aussieht wie heute.»
    Ich konnte mir Dr.   Schewe beim besten Willen nicht mit verschmierten Händen und Farbe im dunklen, hochgesteckten Haar vorstellen.
    «Nun haben wir in jeder größeren norddeutschen Stadt eine Filiale, über dreihundert Kinder im Weser-Ems-Gebiet gehören zu unseren Kunden. In naher Zukunft wollen wir uns bundesweit etablieren. Sinnvolle Bildung und eine zuverlässige Betreuung nach Schulschluss, ohne dass man einen Cent an uns bezahlen muss, alles ermöglicht mit Hilfe von Spenden.»
    «Verstehe, zu diesem Zweck brauchen Sie wahrscheinlich eine Frau für die Öffentlichkeitsarbeit», unterbrach ich kurz.
    Dr.   Schewe nickte. «Wir müssen die Stiftung am Laufen halten, und das bedeutet Spenden, Spenden, Spenden sammeln. Es ist nicht so, dass wir mit dem Geld knapsen müssen, zum Glück nicht. Wir haben hier vor Ort einige Menschen, die uns in regelmäßigen Abständen Geld zukommen lassen. Doch wenn wir expandieren wollen, dann müssen wir auch den Kreis der Geldgeber erweitern.»
    «Hmm», ich überlegte kurz und sah mich im hellen Bürozimmer um, an dessen Wänden zwischen den Aktenschränken Bilder von glücklichen Kindern neben offiziell aussehenden Zertifikaten hingen. «Was sind das für Menschen, die sich bislang finanziell am Projekt beteiligen?»
    «Oh, das ist unterschiedlich. In erster Linie handelt es sich um wohl situierte Geschäftsleute, die auch einmal ganz klein angefangen haben und die nun durch Liekedeler, wie soll ich sagen   …»
    Ich griff den Satz auf. «Die nun durch Ihr Projekt daran erinnert werden, dass sie beim Schicksal, das es gut mit ihnen meinte, noch etwas wettzumachen haben?»
    Dr.   Schewe nickte lachend.
    «Frau Dr.   Schewe, was ich jedoch bislang vermisst habe, ist der Name des Stiftungsgründers. Soweit ich weiß, muss man zum Aufbau einer Stiftung ein ziemlich hohes Grundvermögen anlegen, sodass sich die Organisation von den anfallenden Zinsen tragen kann. Und das muss eine Menge Geld sein, wenn ich das mal so indiskret ansprechen darf. Wer hat denn den finanziellen Grundstein für all dies hier gelegt?»
    Dr.   Schewe lächelte, als wäre ich eine übereifrige Schülerin, die Fragen stellte, die erst im nächsten Schuljahr an der Reihe waren. Aber sollte ich diesen Job bekommen, musste ich schließlich bestimmte Informationen haben.
    «Ich kann Ihnen dazu nichts sagen. Es gibt viele kleinere Geldgeber, doch in der Tat gibt es auch einen großen Spender, ohne den hier nicht ein einziger Stuhl im Gebäude stehen würde. Es ist nur so, dass dieser Mann nicht genannt werden möchte.»
    «Ein anonymer Stiftungsgeber?»
    «Ein sehr guter Mensch, wie
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