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Finstere Gründe

Finstere Gründe

Titel: Finstere Gründe
Autoren: Colin Dexter
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halbkreisförmigen Parkplatz am Rande des großen Waldes aus auf den Weg, überquerten diagonal ein Feld und folgten dann einem Weg durch belaubtes Unterholz in ein dichtes Waldgebiet; sie erinnerte sich noch an das spröde Knacken abgestorbener Zweige und Äste unter ihren Füßen. Dann fühlte sie Mytons Hände auf ihrem Körper. Mit ein wenig Petting wäre sie vielleicht einverstanden gewesen, aber er wurde sehr schnell grob und zudringlich und sagte ihr, er müsse sie haben, sofort. Würde sie haben! Er riß ihr die dünne Bluse vom Leib und zerrte sie auf den Boden, aber sie war auch stark und fest entschlossen, ihn abzuwehren. Die Rucksacktasche, in der sie ihr Fernglas hatte — und ihr Messer —, war noch offen, und sie brachte es fertig, sich aus seiner Umklammerung zu lösen und das Messer aufzuklappen und in ihn hineinzustechen. Es war so leicht in das Fleisch eingedrungen — als ob man mit einem Messer in weichen Käse steche, sagte sie, aber eine Blutfontäne war über ihren halbnackten Oberkörper gespritzt. Anders als das Blut jedoch lag er bewegungslos da — und starrte mit weit geöffneten Augen zu ihr hinauf.
    Sie schleuderte das Messer zwischen die Bäume, hob ihren scharlachroten Rucksack auf und verließ die Stelle in Panik, nur mit einem blutbefleckten Rock bekleidet. Schließlich kam sie auf eine Lichtung, über die sie, keuchend und plappernd und wimmernd, lief und lief — sie hatte keine Ahnung, wie lange — , bis sie zusammenbrach, und dann konnte sie sich an nichts mehr erinnern, bis sie die Augen öffnete und über sich einen Hund sah, einen schwarzweißen Welsh Border Collie, und hinter dem Hund einen kräftigen, bärtigen Mann, der sie besorgt und gütig ansah. Einige Meter entfernt von ihnen stand ein Landrover.
    In seinem Cottage fand David Michaels es zuerst fast unmöglich, dem außergewöhnlichen Bericht der jungen Frau über das, was geschehen war, zu glauben. Es schien alles wie ein schrecklicher Alptraum: von einem wilden Kampf und einem plötzlichen Tod — wenn es sich um Tod handelte, oder von einem Mann, der irgendwo da draußen im Todeskampf lag, irgendwo im Wald. Wenn nicht überall an ihr das Blut gewesen wäre, hätte es sich doch sicherlich nur um einen Alptraum handeln können! Die Erwähnung des Wortes hatte sie in hysterisches Weinen ausbrechen lassen, und eindeutig peinigend wirkte auch ein Hinweis auf das Auto, das Auto, das Michaels durch das Fenster seines Cottage auf der anderen Seite des Feldweges sogar sehen konnte. Aber er würde sich um alles kümmern, das hatte er ihr versprochen, nicht ahnend, was er da versprach. Er erfuhr von ihr von der Seckham Villa, und er kam zu einem Beschluß. Er brachte sie dazu, ein Bad zu nehmen, ein halbes Dutzend Disprin zu schlucken, und sehr bald, so plötzlich, daß es fast wie ein Wunder war, war sie fest eingeschlafen, völlig nackt unter den weißen Laken seines Doppelbettes. Und ihm wurde klar, daß er genauso schlimm wie die anderen war, denn er begehrte sie heftig, genau wie die anderen Männer es an dem Nachmittag getan hatten.
    In der Seckham Villa hatte Michaels sich mit den dreien getroffen; sie waren alle noch da, McBryde, Daley und Hardinge, und da wurde ihm allmählich klar, wie komplex die Situation für sie alle, Michaels selbst eingeschlossen, jetzt war. Sie entwarfen einen Plan und führten ihn später auch aus. Nur ein Detail war neu. Karins beabsichtigter Besuch des Popkonzerts in Blenheim konnte geschickt von ihnen genutzt werden, da das Auffinden des Rucksacks und anderer persönlicher Habe in der Nähe von Blenheim, am Tag nach dem Konzert, alle auf die falsche Fährte locken und den Verdacht fördern würde, daß die vermißte junge Frau wahrscheinlich irgendwo tot lag, ermordet von irgendeinem drogensüchtigen, sexbesessenen Jugendlichen, den sie auf dem Rummel kennengelernt hatte. Die Furcht vor Bloßstellung und finanziellem Ruin war mehr als genug Motivation für McBryde, Furcht vor Bloßstellung und Skandal mehr als genug für Hardinge, und ein Scheck (weder Karin noch David Michaels wußten wie hoch) reichte, um die Mitarbeit des geldgierigen Daley zu garantieren.
    In der Nacht war Karin in dem Cottage am Rand des Waldes außer sich vor Angst gewesen, er hatte mit ihr geschlafen, weil sie es so wollte; sie suchte während der ganzen Nacht den Trost seiner Umarmung und seiner Liebe, und er hatte ihr beides gern gegeben.
    Es war ihre Idee gewesen, ihre dringende Bitte, nach Wales zu
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