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Finish - Roman

Finish - Roman

Titel: Finish - Roman
Autoren: Aufbau
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Stadtrand, einer lockeren Ansammlung von Wäschereien, Garküchen und Läden, die sich über ein paar 100 Meter entlang der Hauptstraße erstreckte, traf er auf das erste Straßenbanner, ein sechs Meter langes und gut einen Meter hohes Band aus grober Leinwand, das sich hoch über seinem Kopf über die staubige Straße spannte. »GROSSE SPORT-GALA ZUM GRÜNDUNGSJUBILÄUM« stand darauf zu lesen, und darunter ein buntes Krickelkrakel aus chinesischen Zeichen, die womöglich dasselbe bedeuteten.
    Doch offenbar hatten die Chinesen mit Sport nicht sonderlich viel am Hut. Alte, verhutzelte Männchen saßen seelenruhig auf den Gehsteigen und spielten Schach oder ein anderes, ihm unbekanntes Spiel mit Kieselsteinchen. Andere standen auf der Straße und übten sich mit seltsamen, bedächtigen Bewegungen im Schattenboxen, ohne sich von den halbnackten Kindern stören zu lassen, die kreischend um sie herumstoben. Buck überlegte, dass ihm noch nie ein auch nur ansatzweise sportlicher Chinese untergekommen war und womöglich nie unterkommen würde.
    Noch ehe er mit seinem Schecken die 300 Meter lange Main Street erreicht hatte, waren laute Musik, Rufe und Stimmengewirr zu hören.
    Als er bei Conlons Wirtshaus rechts einbog, wimmelte die Straße vor Reitern und Passanten – Farmer, Bergbauern, Soldaten, Grubenarbeiter. Links scharte sich eine Gruppe Männer gebannt um zwei Kampfhähne, die sich krächzend und flatternd im Straßendreck balgten. Als ervorüberritt, fiel einer von ihnen schlaff in den Staub des improvisierten Hahnenkampfplatzes. Der Besitzer des Siegers packte seinen krähenden Vogel mit beiden Händen und küsste ihn auf den blutigen Nacken, derweil sein Kumpel – ein Schwarzer mit blutverschmierten Latzhosen – herumging und den Gewinn einsammelte.
    Das Gesicht voller Hahnenblut, reckte der stämmige, bärtige Kerl den Vogel triumphierend in die Höhe. »’nen echten Prachtvogel hab ich da!«, grölte er und spuckte das Blut auf die Straße. »’nen echten Prachtkerl!«
    Buck schob sich durchs Gewühl auf das rund 100 Meter entfernte Last Chance Hotel zu, vor dem sich eine Blaskapelle aufgebaut hatte und die Straße mit scheppernder Marschmusik beschallte. Das Gedränge zwang ihn kurz zum Stehen. Wie Korken auf bewegter See taumelten ein paar Betrunkene durch die Straße.
    Das Gewimmel machte Bucks Pferd nervös, es wieherte und tänzelte unruhig. Buck nahm seinen Hut ab, beugte sich vor, legte den Hut ans Ohr des Pferdes und flüsterte ihm etwas zu. Sofort beruhigte sich das Tier. Lächelnd setzte Buck den Hut wieder auf und zog den Kinnriemen fest.
    Auf der Straßenseite gegenüber stand auf einer behelfsmäßigen Bretterbühne ein bärtiger Hüne mit nacktem Oberkörper und weißem Schmerbauch, der ihm über den Gürtel quoll. Er rang mit einem Schwarzbär, der allerdings nicht ganz bei der Sache zu sein schien. Es war ein recht mickeriges Exemplar, ein abgehungertes, triefäugiges Vieh mit räudigem Pelz, das in ähnlich beklagenswertem Zustand war wie sein menschlicher Gegner. In der Menge wurde eine Lücke frei, und Buck schob sich nach vorn. Vor ihm auf der Straße lagen ein paar dampfende braune Pferdeäpfel. Der herbe Geruch stieg ihm unangenehm in die Nase, und mit kritischem Blick nahm er die Beschaffenheit der Straße in Augenschein. Sie war gut. Und eben. Mit Pferdemist war er schon andere Male fertig geworden.
    Langsam schob er sich die Main Street hinauf und wurde abermals zum Anhalten gezwungen, diesmal von einer Menschentraube, die sich wie gebannt um den grünen Filztisch eines Falschspielers auf dem Gehsteig scharte. Auf dem Tisch lagen drei Karten mit dem Gesicht nach unten, und der Zinker, ein dürrer, drahtiger Kerl mit von Schnupftabak verfärbtem Knebelbart, makellos weißem Rüschenhemd und schwarzer Fliege, hob die mittlere Karte in die Höhe und sah sein Publikum an.
    »Bitte sehr, meine Herrschaften«, girrte er mit hoher Stimme. »Herz As ist Trumpf. Behalten Sie sie im Auge, und ich mische.«
    Er schob die Karten auf der Tischplatte hin und her, dann hielt er inne und blickte seine Zuschauer an.
    »Hier ist sie, sehen Sie. Und hier wieder. Herz-Ass ist Trumpf, Gentlemen. Bitte beachten Sie, dass Carl Medina keine Wetten von Hungerleidern, Krüppeln oder Waisen annimmt.«
    Wieder schob der Mann die Karten auf dem Tisch herum. Buck war sich sicher, das Ass im Blick zu haben. Doch als der Falschspieler die Karte hochnahm, wusste er, dass er sich geirrt hatte.
    »Herz-Ass. Meine
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