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Fiese Finsterlinge

Fiese Finsterlinge

Titel: Fiese Finsterlinge
Autoren: Royce; Stefanidis Buckingham
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nicht der Dämon. Nate kämpfte sich zur Oberfläche, verblüfft, nicht längst tot zu sein. Vielleicht spielte das Ungetüm ja mit ihm, dachte er.

    Er durchbrach die Wasseroberfläche und japste nach Luft. Das Meer ringsum war wieder unerklärlich ruhig. Er fuhr herum, um hinter sich zu schauen. Keine zehn Meter entfernt stand die wogende, schäumende Wasserwand, kam aber nicht näher. Sie ragte drohend über ihm auf, behielt ihre unmögliche Form. Nate starrte sie an, und sie schien zu ihm zurückzustarren, schien ihm in die Seele zu
starren. Ihre schiere Macht erweckte in Nate ein Gefühl von Bedeutungslosigkeit. Gleich würde sie ihn mit ihrem Gewicht unter sich begraben, genauso mühelos, wie sie ihn davor durch die Luft katapultiert hatte. Aber der Wasserdämon zögerte. Dann, ebenso unvermittelt, wie er erschienen war, entfernte er sich nach Osten und verschmolz mit den Tiefen des Ozeans.
    »Puh«, machte Nate. Er merkte, dass er zitterte.
    Eine lange Holzplanke stieß gegen ihn. Ein Wrackteil der WANDERER. Die Bruchstücke des Gefährts trieben ringsum im Wasser – hier ein Lukendeckel, dort ein Rettungsring. Im Gegensatz zu mir ist Dhaliwahls Boot nicht auf den Füßen gelandet, dachte Nate. Er klammerte sich an die Planke und ließ sich treiben. Von seinen Gehilfen fehlte jede Spur. Es gab ohnehin kaum etwas, was er für sie hätte tun können, außer zu hoffen. Aber er hegte ja nicht einmal Hoffnung für sich selbst, nicht mitten in der endlosen Weite des größten Ozeans der Welt. Es gab nicht einmal eine Strömung, die ihn in die Nähe einer Schifffahrtsroute hätte bringen können, wo es immerhin eine Eins-zu-einer-Million-Chance gäbe, entdeckt zu werden. Genau genommen schätzte er seine Überlebenschancen auf ungefähr null zu einer Million ein.
    In dem Moment durchstieß, keine zwei Meter von ihm entfernt, eine kleine gelbe Plastikente die Wasseroberfläche.
    Nate neigte den Kopf zur Seite. »Das ist aber seltsam«, murmelte er.
    Die Ente war etwa so groß wie ein Ei. Ihr oranger Schnabel hing verdrossen herab. Ihre aufgemalten Äuglein waren schwarz auf weißem Grund, und sie starrten ihn an,
als verlangten sie zu wissen, was er hier tat. Nate blieb nur wenig Zeit, um sich zu fragen, was die kleine Plastikente mitten im Pazifik zu suchen hatte, ehe die nächste Ente auftauchte und dann noch eine. Entnervt hangelte er sich auf die andere Seite der Holzplanke, während eine Plastikente nach der anderen die Wasseroberfläche durchstieß. Bald schon trieb ein Schwarm aus mehr als zwanzig gelben Entlein vor ihm. Anders als die erste waren die anderen hohläugig, und alle richteten sie ihren leeren starrenden Blick auf ihn. Dann tauchte die Anführerin im Wasser unter und verschwand. Der Rest folgte ihr mit leisen Plip-Plip-Plip-Plip-Plip -Geräuschen.
    Eigenartig, dachte Nate, selbst für meine Verhältnisse . Er war mitten im Pazifik, irgendwo nördlich von Hawaii . Eigentlich sollte es hier draußen hunderte von Meilen nichts geben und ganz bestimmt keine Plastikenten mit Eigenantrieb. Er hatte von Frachtschiffen gehört, die bei Stürmen ihre Ladung verloren, lastwagengroße, mit Spielzeug gefüllte Container, die aufbrachen oder von Bord fielen. Er hatte sich immer gefragt, was aus den Sachen wurde, die im Meer landeten.
    Aber während er aufs Wasser starrte, sah Nate, dass die Enten nicht allein waren. Eine Plastiktüte trieb an ihm vorbei, dann ein Plastikbecher und ein Feuerzeug. Nate beugte sich vor, tauchte das Gesicht ins Wasser und sah ein riesiges Gebilde aus Plastikmüll an ihm vorbeidriften.

    Die Anführerin der Enten tauchte wieder auf, diesmal hinter ihm, und begann, die Holzplanke zu umkreisen. Ihre gelben Gefährten taten es ihr nach, zogen nun alle ihre Bahnen um ihn. Bald waren es zwei Dutzend grauenvoll
verblichener Plastikenten, die aussahen, als trieben sie seit Jahren unter der sengenden Pazifiksonne. Plastikenten-Zombies, dachte Nate. Sie schoben sich durch die Wrackteile und bildeten einen gelben Kreis, der ihn umschloss.
    Nun wimmelte es an der Wasseroberfläche auch von anderem Plastikmüll. Er trieb nicht einfach dahin, sondern bewegte sich. Lebensmittelverpackungen, Puppenkleider, Brauseflaschen, alles Mögliche stieg an die Oberfläche und kam näher und näher, anscheinend im unheilvollen Bund mit den Enten.
    Als der Müll ihn fast vollständig umschloss, versuchte Nate das Gewusel zu durchbrechen, indem er die Planke als Rammbock verwendete. Aber sobald er es tat,
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