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FIDER (German Edition)

FIDER (German Edition)

Titel: FIDER (German Edition)
Autoren: Niels Peter Henning
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Zuschauer haben die Möglichkeit, die Geschichte Tag für Tag zu begleiten. Dabei können sie anrufen und ihre Stimme dafür abgeben, wer die Truppe verlassen und wer weiterkommen soll. Das Ganze soll dann so lange gehen, bis am Ende nur noch wenige übrig sind. Aus denen werden dann die Gewinner ermittelt. Auch darüber stimmen die Zuschauer mit ihren Anrufen ab.«
    Petursson schaut sich um. »Aber unsere Kameraden, die verschwunden sind … ich verstehe das nicht.«
    »Keine Sorge. Denen geht es prächtig. Die erfreuen sich alle bester Gesundheit. Wir haben sie ohne jede Gewaltanwendung aus dem Spiel genommen. In der Sendung stellen wir es so dar, als seien sie vom Publikum herausgewählt worden. Wir haben uns dabei nicht diejenigen ausgesucht, die Scheiße bauen, sondern diejenigen, die für das Publikum am wenigsten interessant sind. Deswegen sind in der Grundausbildung auch viele ausgeschieden, obwohl sie sich eigentlich nicht ungeschickt angestellt haben. Denk mal an Wiecenek. Der hatte es recht gut drauf.«
     
    Bild im Bild: Schütze Wiecenek feuert im Wald auf Unteroffizier Kettler.
     
    »Aber er war entsetzlich langweilig. Also mussten wir ihn aus der Sendung nehmen. Oder denk mal an Schlingel Begerow. Der hatte in einem Videolog sogar angekündigt zu desertieren. Wir wollten ihn aber weiter dabei haben, weil die Mädels sicherlich auf ihn stehen. Deswegen hat Kettler ihn abgefangen, als er verschwinden wollte.«
     
    Bild im Bild: Begerow versucht, zum Ausgang zu schleichen. Aus dem Hintergrund ruft Unteroffizier Kettler: »Herr Schütze, kommen Sie doch mal her.«
    Begerow stop pt, als er schon beinahe die Tür erreicht hat, und dreht sich zu Kettler um. »Ja … Herr Unteroffizier?«
     
    »Das war übrigens der Abend, an dem wir die Geschichte mit Steinberg abgezogen haben. Begerow musste für dich den Dienst übernehmen, weißt du noch? Natürlich waren das alles … nun … ›Zuschauerentscheidungen‹, wenn du verstehst, was ich meine. Nehmen wir beispielsweise Kaminsky. Er war zwar recht lustig und unterhaltsam, aber irgendwann wurde es zu viel. Also wurde er von unseren Leuten abgefangen, als er im Grabensystem unterwegs war, und aus dem KVP eskortiert. Danach wurde ihm alles erklärt. Momentan sitzt er wahrscheinlich im Hotel und macht blöde Witze. Oder Kasparek und seine Gruppe. Keiner dieser Jungs hätte es geschafft, irgendwelche Sympathien für sich zu verbuchen. Bis auf Kasparek vielleicht. Ein netter Kerl. Aber sein Nervenkostüm war auf dem besten Weg, zu Bruch zu gehen. Das konnten wir nicht weiter verantworten. Deswegen bekam diese Gruppe unterwegs Besuch von unseren Leuten und wurde aus dem Kessel eskortiert. Denen geht es gut. Die wissen inzwischen, was gespielt wurde. Sobald die Sache abgeschlossen ist, werden sie wieder zu ihren Stammeinheiten zurückkehren und dort völlig normal ihren Dienst verrichten. Aber der eigentliche Gag bei der Sache ist ein anderer: Im Grunde ist es nämlich überhaupt nicht der Zuschauer, der entscheidet, wer bleibt und wer geht. Das wäre technisch überhaupt nicht machbar. Tatsächlich ist es so, dass wir diese ganze Geschichte hier aufzeichnen und zurechtschneiden. Den Zuschauern verkaufen wir das dann als Liveaufnahmen. Die ganzen Telefonanrufe der Zuschauer, die ihre Stimmen abgeben wollen, laufen ins Leere. Wir kassieren nur die Gebühren. Nur eine Handvoll wird wirklich durchkommen, weil wir noch ein Zuschauergewinnspiel am Laufen haben.«
    »Moment mal.« Vinnie kommt heran. »Soll das heißen, das alles war eine Lüge? Es gab überhaupt keine Angreifer?«
    Betzendorff schaut Vinnie an und nickt ironisch übertrieben. »Jetzt hast Du's.«
    Datso bringt Betzendorff mit einer Ha ndbewegung zum Schweigen. »Vinnie, nichts von dem, was du in den letzten Wochen gesehen hast, war echt. Das gesamte Kasernenpersonal bestand aus Schauspielern. Die wenigsten davon haben eine militärische Ausbildung. Selbst Uffz. Kettler ist nur ein Darsteller, genau wie ich auch.«
    »Das erklärt einiges«, zischt Leisinger.
    »Codyczek und ich, wir gehören dazu. Die ganzen Offiziere. Verdammt, der gesamte zweite Zug bestand aus unseren Leuten. Die Angreifer, die ihr nachts gesehen habt – das waren die Männer vom zweiten Zug. Die haben ein bisschen Budenzauber gemacht. Bodenleuchtkörper, ein bisschen Pyrotechnik. Wir hatten sogar einen Laser aus einem Tanzlokal ausgeliehen, mit dem wir richtig Jazz machen wollten. Blöderweise haben wir das Ding nicht an unseren
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