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Fiasko

Fiasko

Titel: Fiasko
Autoren: Stanislaw Lem
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Klimaanlage war leck.“
       Gosse sah zu ihm auf. „Ich denke, Sie sind Pilot?“
       „Ich habe mich umschulen lassen. Eben bei Kommodore Pirx. Zuerst diente ich auf seiner CUVIER, mein erstes Kommando bekam ich auf einem Schleppschiff…“
       „Wie alt sind Sie?“
       „Neunundzwanzig.“
       „Wie haben Sie diesen Sprung geschafft?“
       „Wenn man will, geht alles. Außerdem hat ein Führer von Planetarmaschinen jeden neuen Typ innerhalb einer Stunde im Griff. Das ist so, als stiege man vom Motorroller aufs Motorrad um.“ Er hielt inne, die Brieftasche enthielt noch einen ganzen Stoß von Fotos, aber er sammelte die auf dem Pult verstreuten ein und steckte sie in die abgeschabte Lederhülle, die er wieder in der Innentasche verbarg. Leicht gerötet, im weitgeöffneten Raumanzug, stand er neben Gosse. Über die Monitore flimmerten immer noch leere Lichtstreifen. London hatte sich auf das Geländer vor den Fenstern gesetzt und verfolgte schweigend die Szene.
       „Nehmen wir an, ich gebe Ihnen einen Diglator. Was werden Sie tun?“
       Der Pilot lächelte. Auf seiner Stirn glänzten Schweißperlen, das helle Haar trug Druckstellen von den Scheitelpolstern des Helms.
       „Ich nehme einen Strahler und gehe dorthin. Mit einem der Gigajoule-Geräte aus meinem Frachtraum. Die Helikopter des Grals bringen ihn nicht fort, aber für den Diglator sind selbst hundert Tonnen ein Klacks. Ich gehe und schaue mich ein bißchen um… Die Suche aus der Luft kann sich Marlin sparen. Ich weiß, wieviel Hämatit es dort gibt. Und wieviel Nebel. Vom Helikopter aus ist nichts zu erkennen.“
       „Und Sie gehen mit der Maschine sofort ab.“
     
       Das Lächeln des Piloten wurde noch breiter, die weißen Zähne blitzten. Gosse bemerkte, daß dieser Junge — es war allein der Raumanzug, der ihn älter machte — die gleichen Augen hatte wie Pirx. Vielleicht etwas heller, aber mit den gleichen Fältchen in den Augenwinkeln. So ist der Blick großer Katzen, wenn sie in die Sonne blinzeln — harmlos und scharf zugleich.
       „Er will in die Depression steigen und sich ein bißchen umschauen“„, sagte Gosse zu London. Es war halb Frage, halb der Versuch, die Tollkühnheit des Freiwilligen dem Spott auszusetzen. London rührte sich nicht. Gosse stand auf, nahm den Kopfhörer ab, trat an den Kartographen und zog wie ein Rollo eine große Karte der nördlichen Halbkugel des Titan herunter.
       Er wies auf zwei dicke Striche, die durch den von Isohypsen überzogenen lilagelben Grund schnitten.
       „Wir befinden uns hier. Bis zum Gral sind es hundertzehn Meilen Luftlinie. Das Schwarze ist die 146, die alte Route. Auf ihr haben wir vier Männer verloren, als der Gral betoniert wurde und wir der einzige Landeplatz waren. Damals wurden Pedipulatoren mit hypergolgetriebenen Dieselmotoren verwendet. Für hiesige Bedingungen herrschte schönes Wetter. Zwei Partien der Maschinen gelangten unversehrt zum Gral, dann gingen an einem einzigen Tag vier Großschreiter verloren. Spurlos, hier in der Großen Depression, wo der Kreis eingezeichnet ist.“
       „Ich weiß“, bemerkte der Pilot. „Ich habe es gelernt, auch die Namen dieser Männer.“
       Gosse hielt den Finger auf die Stelle, wo von der schwarzen Route eine rote Umgebung nach Süden verlief. „Der Weg wurde länger, aber niemand wußte, wie weit das heimtückische Gelände reichte. Man schickte Geologen hin, ebenso gut hätte man Dentisten nehmen können, die verstehen auch was von Löchern. Auf keinem Planeten gibt es wandernde Geiser- hier gibt es sie. Das Blaue im Norden ist das Märe Hynicum. Wir und der Gral sind im Innern des Kontinents, aber das ist kein Festland, sondern ein Schwamm. Das Märe Hynicum kann die Depression zwischen uns und dem Gral nicht überfluten, denn das gesamte Ufer ist ein Hochplateau. Die Geologen haben diesen ganzen Kontinent für so etwas wie den Baltischen Schild, die Fennoskandia erklärt.“
       „Und sich geirrt“, warf der Pilot ein. Da alles nach einem längeren Vortrag aussah, setzte er den Helm in die Ecke, lehnte sich im Sessel zurück und faltete wie ein braver Schüler die Hände. Er wußte nicht, ob Gosse ihn mit der Route vertraut machen oder von ihr abschrecken wollte, aber die Situation war nach seinem Geschmack. „Das ist es eben. Unter dem Fels liegt eine Gefrornis aus Kohlenwasserstoffen, eine Schweinerei, die man durch Tiefenbohrungen entdeckt hat. Ewiges Eis,
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