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Fey 10: Das Seelenglas

Fey 10: Das Seelenglas

Titel: Fey 10: Das Seelenglas
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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der Stadt, wo er sich versteckt hielt. Er hatte versucht, sich zum Palast durchzuschlagen.«
    »Hast du ihn geschickt?«
    Coulter schüttelte den Kopf. »Wie denn? Ich hielt ja die Waffe in den Händen, die meinen Vater tötete.«
    Das war es also. Der Schwarze König hatte mehr als nur Adrians Leben beendet. Er hatte Coulters Herz zerstört.
    »Du hast sie nicht gegen ihn gewandt. Du hast sie nicht auf ihn gerichtet.«
    »Aber ich hätte es wissen müssen«, erwiderte Coulter.
    »Ich bin der Visionär«, sagte Gabe, »und auch ich habe nichts davon gewußt.«
    »Wenn ich nur schneller gehandelt hätte …«
    »Dann wäre er auch gestorben. Er kannte das Risiko.«
    »Er ist nur meinetwegen mitgekommen.«
    »Glaubst du denn, er hat es bereut?«
    Jetzt endlich wandte sich Coulter zu Gabe um. Seine hellblauen Augen waren zum ersten Mal seit Tagen wieder klar. »Nein«, flüsterte er.
    »Warum also bereust du es?«
    Coulter seufzte und blickte wieder zur Straße. »Er war der einzige, der mich jemals geliebt hat.«
    »Nein«, widersprach Gabe. »Das stimmt nicht. Du und ich, wir haben einen Bund geschlossen, wir sind miteinander verbunden, und das wird immer so bleiben.«
    »Auch das war einer meiner Fehler«, sagte Coulter.
    »Ein guter Fehler«, gab Gabe zurück und legte Coulter eine Hand auf den Rücken. Er konnte die Wirbel auf Coulters Rückgrat fühlen. »Komm schon. Komm nach Hause.«
    »Ich habe kein Zuhause. Es ist abgebrannt.«
    »Mein Vater möchte, daß du im Palast wohnst.«
    »Damit er mich besser im Auge hat.«
    »Nein. Weil er dich jetzt als Teil seiner Familie betrachtet. Und weil er sich Sorgen um dich macht.«
    Coulter senkte den Kopf und legte ihn auf die Knie. »Ich bin für dieses Leben nicht geschaffen, Gabe«, murmelte er. »Die Macht. Das ständige Töten. Jedesmal ist etwas von mir genommen worden.«
    »Ari zieht nicht nach Leutia weiter«, sagte Gabe. »Das Imperium der Fey endet hier. Das Kämpfen hat ein Ende, Coulter.«
    »Weißt du das?« fragte ihn Coulter plötzlich. »Hast du es gesehen?«
    »Nein. Aber das spielt keine Rolle. Wir haben alles verändert. Einige meiner Visionen sind nicht eingetreten.«
    »Ich hoffe, du hast recht«, sagte Coulter. Dann seufzte er und hob den Kopf. »Mir tut es auch leid. Daß ich so schnell gehandelt habe und daß ich deine Verbindungen ohne deine Erlaubnis geschlossen habe. Tut mir leid.«
    »Du hast mich gerettet.« Gabe stand auf. Er hatte nichts mehr zu sagen, und er wollte nicht, daß sich Coulter noch einmal entschuldigte. »Ich gehe zurück zum Palast. Willst du mitkommen?« Er streckte Coulter die Hand entgegen. Coulter ergriff sie und zog sich daran hoch.
    »Sind wir wieder Freunde?« fragte Gabe.
    Coulter nickte. »Freunde«, sagte er.
    Dann sah Gabe auf den Fluß hinunter, den ausgebrannten Tabernakel und die Brücke hinter ihnen. Er lächelte. »Die Vision«, sagte er.
    »Welche Vision?«
    »Meine Mutter, Niche, sagte, an dem Tag, an dem du dich mit mir verbunden hast, habe sich eine offene Vision ereignet. Sie hat sie mir so beschrieben. Damals habe ich sie als den Tag angesehen, an dem mein Vater die Fey in die Flucht schlägt.«
    »Dann ist das ein wichtiger Augenblick«, sagte Coulter.
    »Allerdings. Oder findest du nicht?« fragte Gabe.
    Coulter lächelte und nahm Gabe fest bei der Hand. »Doch«, sagte er. »Ein sehr wichtiger Augenblick.«

 
51
     
     
    Der Garten war völlig zerstört. Arianna saß an ihrer Lieblingsstelle, gleich unterhalb der steinernen Palastmauer, und betrachtete die Überreste ihres geliebten Rückzugsortes.
    Zahllose Füße hatten die Blumen zertreten. Die Bäume und Sträucher waren überwachsen, Äste geknickt und einfach hängen gelassen worden. Überall wucherte Unkraut. Sämtliche Vögel waren verschwunden. Sie staunte, wieviel Verwüstung sich innerhalb so kurzer Zeit anstellen ließ.
    Der Garten war ihre Zuflucht, und er war ebenso zerstört worden wie die ganze Stadt Jahn und ein Großteil der Blauen Insel. Nur widerstrebend hatte ihr Vater ihre Mutter zurückgelassen und war in den Palast zurückgekehrt, um die Insel zu heilen. Ariannas Aufgabe bestand darin, die Inselbewohner und die Fey zu vereinen.
    Ob ihr das gelingen würde, wußte sie nicht mit letzter Sicherheit zu sagen. Trotz ihrer markigen Worte war sie weder die stärkste noch die klügste Person. Ihre Mutter hatte ihr helfen müssen, die Soldaten nach dem Tod des Schwarzen Königs zu vereinen; ihr Vater war derjenige, der den Plan
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