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Fey 07: Die Augen des Roca

Fey 07: Die Augen des Roca

Titel: Fey 07: Die Augen des Roca
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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zurückzuerobern. Sie an seine Kinder weiterzugeben, ohne daß der Schwarze König sich einmischte.
    Manchmal wünschte Nicholas, er hätte kräftiger zugestoßen. Er konnte es immer noch nicht fassen, daß der Schwarze König mit einem Schwert in der Kehle überlebt hatte. Nicholas hatte gedacht, Fey seien leichter zu töten.
    Jewel war leichter zu töten gewesen.
    Jedenfalls für Matthias.
    Er hatte ihr nur ein mit Weihwasser getränktes Tuch auf den Scheitel zu legen brauchen.
    Dann war sie gestorben.
    Einen gräßlichen Tod.
    Nicholas machte zwei große Schritte. Wenn Jewel noch lebte, wäre Arianna nie geboren worden. Jewel hätte nicht gewußt, wie man eine Gestaltwandlerin zur Welt bringt, besonders keine so mächtige wie Arianna. Und zu jener Zeit hätte kein Fey freiwillig den Palast betreten, um Jewel beizustehen.
    Allerdings fragte Nicholas sich manchmal, ob die Schamanin auch so gekommen wäre, sobald bei Jewel die Wehen eingesetzt hätten. Schließlich war sie herbeigeeilt, als Jewel im Sterben lag. Vielleicht wäre sie auch gekommen, um Arianna während der Geburt zu retten.
    Aber vielleicht auch nicht. Die Schamanin glaubte fest daran, daß man den Dingen ihren Lauf lassen sollte. Sie glaubte, daß die Mysterien und Mächte der Fey schon alles regeln würden.
    Nicholas fragte sich, was die Schamanin wohl bewog, sie in diese Finsternis zu führen, was ihr den Weg zu Nicholas’ richtigem Sohn wies.
    So viel hing von diesem Sohn ab, den er noch nie gesehen hatte: ein ganzes Königreich und dazu die Zukunft der Fey. Die Schamanin half ihnen nur, Gabe zu finden, weil sie den Schwarzen König stürzen wollte.
    In diesen Bahnen hatten sich Nicholas’ Gedanken schon die ganze Nacht bewegt. Während der ganzen Wanderung war sein Geist wieder und wieder um jeden dieser Punkte gekreist, und immer hatten seine Überlegungen bei Gabe geendet. Über die Begegnung mit seinem Sohn gingen sie nie hinaus. Nicholas hatte das Gefühl, keine Pläne schmieden zu können, bevor er nicht sein erstgeborenes Kind traf, das seine und Jewels Hoffnung, ihre beiden Völker zu vereinen, verkörperte.
    Plötzlich blieb die Schamanin stehen. Ihre Hand zitterte. Der Schein der Fackel tanzte über den Boden. Die ganze Welt schien plötzlich in Bewegung.
    »Halt mal, Arianna«, bat die Schamanin. Ihre Stimme klang belegt, als könne sie kaum sprechen.
    Arianna rührte sich nicht. Nicholas stürzte vor und nahm der Schamanin die Fackel aus der Hand. Sie blickte ihn an. Ihre runden braunen Augen füllten sich mit Tränen, und dann brach sie zu seinen Füßen zusammen.
    Nicholas drückte Arianna die Fackel in die Hand und wollte der Schamanin aufhelfen, als seine Tochter ihm die freie Hand auf die Schulter legte.
    »Nicht«, flüsterte sie. »Sie hat eine Vision.«
    Nicholas betrachtete die Schamanin. Ihre Augen waren offen, dabei aber völlig ausdruckslos. Sie sah aus wie Ari damals im Turm, kurz nachdem die Truppen die Ankunft der Fey gemeldet hatten.
    »Aber du hast nicht …«
    »Visionen sind etwas Persönliches«, sagte Arianna. »Das hat sie mir erklärt.«
    Nicholas kniete sich neben die Schamanin. Die alte Frau ballte und öffnete die Fäuste, und ihr Unterkörper wand sich, als versuche sie wegzulaufen. Ihr Mund arbeitete heftig. Nur die Augen bewegten sich nicht. Sie starrten geradeaus in die Dunkelheit.
    Die Schamanin sah aus wie eine Sterbende. So leblose Augen hatte Nicholas bis jetzt nur bei Toten gesehen.
    Bei Jewel.
    Nicholas hätte die Schamanin gern berührt, sie wach gerüttelt.
    »Wie lange kann das hier dauern?« wandte er sich an Arianna, obwohl er wußte, daß sie noch weniger von Visionen verstand als er selbst.
    »Bis es zu Ende ist«, gab sie zurück, und Nicholas blickte überrascht auf. Offenbar hatte die Schamanin sich Arianna anvertraut, und Arianna hatte zugehört.
    »Es gefällt mir nicht«, murmelte Nicholas.
    »Stell dir vor, wie es sich erst für sie anfühlen muß«, erwiderte Arianna trocken. Sie war nicht neben der Schamanin niedergekniet. Sie stand aufrecht wie eine Flamme, wie eine Säule.
    Als wollte sie sich dem, was mit der Schamanin passierte, nicht stellen.
    »Hast du auch wieder eine Vision gehabt?« erkundigte sich Nicholas.
    »Nein«, entgegnete Arianna. »Die Schamanin hat gesagt, manchmal kommen sie jahrelang nicht wieder.«
    Aber sie klang nicht besonders zufrieden. Sie schien überhaupt nicht glücklich zu sein, daß sie Visionäre Kräfte besaß. Ihre Fähigkeit, sich zu Wandeln, hatte
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