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Fey 07: Die Augen des Roca

Fey 07: Die Augen des Roca

Titel: Fey 07: Die Augen des Roca
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Weg hierher gefunden, zurück zur Wiege der Fey?
    Sie blickte auf. Nicholas streichelte ihr Gesicht, und in seinen Augen glitzerten Tränen. Arianna hing schlaff über seiner Schulter.
    Sie sah aus wie tot.
    »Was soll ich tun?« fragte Nicholas. Seine sonst so feste Stimme war voller Panik.
    Was soll ich tun?
    Hinter ihm erblickte die Schamanin Fey-Gesichter, die aus der Höhle spähten. Zauberkräfte umspielten sie wie rinnendes Wasser.
    Der Ort der Macht.
    Sie streckte die Hand nach Nicholas aus …
    Und die Welt veränderte sich erneut. Rugad, der Schwarze König, lag zwischen geborstenen Steinen. Mit dem Gewicht seines Körpers hatte er einen reich verzierten Stuhl zerschmettert. An seiner Kehle war eine verheilende Wunde zu erkennen, sein Gesicht von Prellungen übersät …
    … und das Schwarze Blut wallte auf, überschäumte alles. Sie versanken, versanken im Wahnsinn …
    Als die Schamanin wieder zu sich kam, lag sie mit dem Gesicht im Schnee. Sie war völlig ausgekühlt. Taumelnd erhob sie sich und klopfte sich den Schnee von den Kleidern. Die Höhle, die sie entdeckt hatte und in der nun Nicholas und Arianna schliefen, lag immer noch hinter ihr. Die beiden waren noch nicht erwacht.
    Lange stand sie einfach nur da und starrte auf den Eingang. Sie erinnerte sich an das Erschauern, das sie in ihrer Vision gespürt hatte, als sie auf der Schwelle zum Ort der Macht gelegen hatte. Dieses Gefühl war zugleich vertraut und neu, vermengt mit einer Liebe, die sie sich nicht hatte eingestehen wollen.
    Die Gründe, aus denen sie den Kampf gegen ihr eigenes Volk aufgenommen hatte, waren vielleicht nicht so selbstlos gewesen, wie sie gedacht hatte.
    Nicholas.
    Der Ort der Macht.
    Das Blut. Ströme von Blut.
    Die schlimmste aller Krisen hatten sie noch nicht verhindert.

 
2
     
     
    Die Stadt am Fuß der Blutklippen hieß Constantia. Einige behaupteten, König Constantin der Erste sei hier zur Welt gekommen. Andere wiederum wollten wissen, daß der Name der Stadt älter sei als der König und daher rühre, daß es sich um die älteste Siedlung der Blauen Insel handle, älter noch als Jahn, das in der Geschichtsschreibung zum ersten Mal in Zusammenhang mit dem ersten Rocaan erwähnt wurde.
    Matthias war dieser Ort ans Herz gewachsen. Das war schon seit jeher so gewesen, auch wenn die Stadt seine Liebe nie erwidert hatte. Hier in Constantia war er geboren, ohne seine Mutter jemals kennengelernt zu haben. Weil er ein besonders großer Säugling gewesen war, fast doppelt so groß wie normale Inselbabys, hatte man ihn zu den Blutklippen gebracht und dort seinem Schicksal überlassen. Manchmal schien es ihm, als könne er sich noch an die ersten Tage in den Klippen erinnern, an die Kälte, den Hunger und sein verzweifeltes Weinen. Aber vermutlich hatte er einfach so viele Geschichten darüber gehört, daß sie ihm jetzt wie seine eigene Erinnerung vorkamen.
    Er hatte oft genug selbst beobachtet, wie man Säuglinge aussetzte. Der Menschenschlag hier, in der Nähe der Blutklippen, verstand es zuzupacken und war von einem tief verwurzelten Aberglauben geprägt. Sie glaubten fest daran, daß große Säuglinge großen Erwachsenen glichen, und große Erwachsene waren Dämonenbrut. Manch einer ballte bei Matthias’ Anblick immer noch die Faust zur Abwehr von dessen verborgener Zauberkraft.
    Trotzdem liebte Matthias den Ort. Die Luft war frisch und kühl, die Sonne leuchtete besonders hell, und die todbringenden Bergketten strahlten eine ganz eigene Schönheit aus, wie er sie in Jahn niemals gesehen hatte. Als er vor fünfzehn Jahren aus Jahn verstoßen worden war, nachdem er sein Amt als Rocaan aufgegeben hatte – ein bis dahin beispielloses Vorgehen –, war er wieder hierher zurückgekommen, nach Constantia, und hier hatte er endlich Frieden gefunden.
    Erst vor wenigen Monaten war er nach Jahn zurückgekehrt, um das Wissen, das er sich in langen Studienjahren angeeignet hatte, praktisch zu überprüfen. Er wollte ein Schwert aus Varin herstellen, so, wie es in den Geheimen Worten beschrieben war. Die Geheimen Worte, die nur der Rocaan kannte, galten im Tabernakel als Zeichen der Macht. Aber ihre Bestimmung war in Vergessenheit geraten oder verlorengegangen, und sie galten als nutzlos. Matthias war derjenige gewesen, der entdeckt hatte, daß das Weihwasser mehr war als ein Teil der Tradition. Es war eine tödliche Waffe im Kampf gegen die Fey. Nun fragte er sich, ob sich in anderen Geheimen Worten dieselbe Macht verberge.
    Aber
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