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Fey 01: Die Felsenwächter

Fey 01: Die Felsenwächter

Titel: Fey 01: Die Felsenwächter
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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angespannt und weiß vor Erschöpfung. Seit dem Umzug in dieses Schattenland hatten die Domestiken kaum ein paar Minuten Pause gehabt, und die Schlacht so ganz in der Nähe hatte sie verängstigt. Neri bückte sich und hob einen der Eimer auf.
    »Danke, Jewel«, sagte sie. Ihr Lächeln war so müde wie ihre Augen. »Ich glaube, für den Augenblick haben wir alles getan, was wir können.«
    Jewel deutete mit dem Kinn auf die Betten. »Werden sie wieder gesund?«
    Neri zuckte die Achseln. »Bei Infanteristen ist das schwer zu sagen. Wir tun unser Bestes, aber die meisten von ihnen besitzen nicht genug Magie, um sich selbst zu heilen.« Dann weiteten sich ihre Augen ein wenig. »Das habe ich nicht böse gemeint«, erklärte sie hastig.
    »Kein Problem.« Die meisten Fey wußten noch immer nicht über Jewels Visionen Bescheid. Tatsächlich glaubten viele, daß sie nur deshalb in der Ersten Schlacht um Jahn gefangengenommen worden war, weil sie keine Magie besaß, um sich zu verteidigen.
    Sieben Verwundete, vielleicht sieben Tote. Und immer noch keine Verstärkung. Bald waren die Fey so geschwächt, daß die Inselbewohner sie zu ihren Sklaven machen konnten. Nur deshalb, weil ihre Zahl immer weiter abnahm. Vielleicht waren bald keine Fey mehr übrig, um in die Schlacht zu ziehen.
    Ihres Vaters Erklärung, daß der Schwarze König ihnen nicht zu Hilfe kommen würde, hatte Jewel zutiefst erschüttert. Das änderte alles. Sie waren ebenso hilflos wie die Hevish damals, als die Fey sie von allen Seiten umzingelt, die Verbindungen zu Straßen und Flüssen abgeschnitten und den Handelsverkehr unterbrochen hatten. Die Hevish waren ein kleines, aber tapferes Volk, und sie hatten sich in ihrer Festung fünf Jahre lang verzweifelt gewehrt. Aber die Zeit hatte gegen sie gearbeitet. Die Fey hatten erst ihre jungen Leute und dann die alten abgeschlachtet, und der Hunger hatte ihnen den Rest gegeben.
    Ein eingeschlossenes Volk konnte einer Belagerung nicht lange Widerstand leisten. Vor allem dann nicht, wenn der Belagerer alle Nachschubwege kontrollierte.
    Wenn die Hüter nicht bald ein Gegengift entdeckten, mußten die Fey sich einen anderen Ausweg einfallen lassen. Hätten sie nur mehr Doppelgänger mitgenommen. Einer von ihnen hätte einen Matrosen übernehmen und ein Schiff aus der tückischen Bucht steuern können. Aber wie es Brauch war, hatte Rugar die Doppelgänger entweder in der Schlacht oder außerhalb davon eingesetzt, um Informationen über den Feind zu sammeln. Jetzt waren drei von ihnen tot, und auch die beiden, die er in den Tabernakel entsandt hatte, würden diesen gefährlichen Auftrag wohl nicht lange überleben.
    Jewel trat aus der Eingangshalle in den wirbelnden Nebel hinaus. Im Verlauf des letzten Jahres hatte sie sich allmählich daran gewöhnt, daß ihre Füße im dunstigen Boden des Schattenlandes versanken. Sie mußte auch nicht mehr dauernd zwinkern, in dem Versuch, das Bild vor ihren Augen zu klären. Die Welt war eben verschwommen. Würde sie blind werden, sobald sie die gleißend helle wirkliche Welt wieder betrat?
    Inzwischen war ihr Vater sicher wieder in seiner Hütte. Jewel wanderte mit schnellem Schritt an einigen halbfertigen Gebäuden und streitenden Handwerkern vorbei. Auch an das ständige Gehämmer hatte sie sich erst gewöhnen müssen. Vor der Hütte der Hüter blieb sie stehen. Aus dem Kamin quoll Rauch. Anfangs war es nicht erlaubt gewesen, im Schattenland Feuer zu machen. Aber dann hatten die Fey festgestellt, daß die Wände des Schattenlandes durchlässig waren und die Luft innerhalb der Mauern ebenso rein blieb wie in der Außenwelt.
    Feuer zog Jewel an, weil sie die Wärme liebte. Und was mochte in der Hütte geschehen? Ein Schauder überlief sie. Stellten sie etwas mit den Gefangenen an? Sie hoffte es nicht. Sie wollte sie sehen, bevor die Hüter mit ihren Experimenten begannen.
    Zuerst jedoch mußte sie bei ihrem Vater vorsprechen. Jewel ging weiter zu ihrer eigenen Hütte. Sie war größer als die anderen Hütten, weil sie zuerst als allgemeiner Versammlungsraum gedient hatte. Das hatte Rugar absichtlich so eingerichtet, damit er sich nicht wegen dieses Privilegs vor den anderen rechtfertigen mußte. Er fürchtete, die Leute würden neidisch werden, wenn sie glaubten, seine Hütte wäre aufgrund seiner Stellung als Anführer geräumiger.
    Manchmal hatte Jewel das Gefühl, daß seine Rechtfertigungen nur der unbeholfene Versuch waren, einer Konfrontation auszuweichen, die in ihrer
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