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Feuertaufe

Feuertaufe

Titel: Feuertaufe
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Bist du vielleicht auch ein verkleideter Fürst?«
    »Sprich bitte.«
    »Die Könige werden sie nicht mehr in die Hände kriegen, weil deine Cirilla, wie sich herausstellt, von Thanedd geradewegs nach Nilfgaard geflohen ist, sicherlich zusammen mit diesen Zauberern, die Verrat geübt haben. In Nilfgaard hat Kaiser Emhyr sie mit Pomp empfangen. Und weißt du was? Er ist sogar auf den Gedanken verfallen, sie zu heiraten. Und jetzt will ich mich ausruhen. Wenn du willst, reden wir weiter, wenn ich mich ausgeschlafen hab.«
    Der Hexer schwieg. Milva hängte die nassen Fußlappen so an einem gegabelten Zweig auf, dass die aufgehende Sonne darauffallen würde, und löste die Gürtelschnalle.
    »Ich will mich ausziehen«, knurrte sie. »Was stehst du hier noch rum? Bessre Neuigkeiten hast du doch wohl nicht erwarten können? Dir droht keine Gefahr mehr, niemand fragt nach dir, die Spitzel werden sich nicht mehr um dich kümmern. Und dein Mädchen ist den Königen entkommen, wird Kaiserin...«
    »Ist das eine sichere Nachricht?«
    »Nichts ist heutzutage sicher.« Sie gähnte, setzte sich auf das Lager. »Höchstens, dass die liebe Sonne jeden Tag von Osten nach Westen über den Himmel wandert. Aber was sie über den Kaiser von Nilfgaard und die Prinzessin von Cintra reden, muss wahr sein. Alle reden davon.«
    »Wieso auf einmal?«
    »Das musst du doch wissen! Sie bringt dem Kaiser Emhyr ja als Mitgift einen mächtigen Brocken Land mit! Nicht nur Cintra, auch auf dieser Seite der Jaruga! Ha, das wird ja auch meine Herrin sein, denn ich bin aus Obersodden, und ganz Sodden, wie sich zeigt, ist ihr lehnspflichtig! Pah, wenn ich in ihren Wäldern einen Hirsch erleg und sie mich erwischen, werden sie mich auf ihren Befehl aufhängen... Was für eine elende Welt! Verdammt, mir fallen die Augen zu ...«
    »Nur noch eine Frage. Von diesen Zauberinnen... das heißt, von diesen Zauberern, die Verrat geübt haben - ist von denen jemand gefasst worden?«
    »Nein. Aber eine Magierin soll sich das Leben genommen haben. Kurz nachdem Vengerberg gefallen ist und die Truppen von Kaedwen in Aedirn einmarschiert sind. Gewiss aus Gram oder aus Angst vor der Hinrichtung...«
    »Bei dem Kommando, das du hergeführt hast, gab es ledige Pferde. Ob mir die Elfen eins geben werden?«
    »Aha, du hast es eilig aufzubrechen«, murmelte sie, während sie sich in die Decke wickelte. »Ich denk mir, ich weiß, wohin...«
    Sie verstummte, von seinem Gesichtsausdruck überrascht. Plötzlich begriff sie, dass die Nachricht, die sie gebracht hatte, alles andere als gut war. Plötzlich begriff sie, dass sie nichts, ganz und gar nichts verstand. Plötzlich, unerwartet, aus heiterem Himmel verspürte sie Lust, sich vor ihm hinzusetzen, ihn mit Fragen zu überschütten, ihn auszufragen, etwas zu erfahren, vielleicht ihm einen Rat zu geben... Sie rieb sich heftig mit einem Fingerknöchel den Augenwinkel. Ich bin entkräftet, dachte sie, der Tod ist mir die ganze Nacht auf dem Fuße gefolgt. Ich muss mich ausruhen. Was gehen mich seine Sorgen und Kümmernisse an? Zum Teufel mit ihm und mit ihr! Verdammt, wegen alledem ist mir der Schlaf ganz vergangen...
    Der Hexer stand auf. »Werden sie mir ein Pferd geben?«, wiederholte er.
    »Nimm, welches du willst«, sagte sie nach einer Weile. »Den Elfen komm lieber nicht unter die Augen. Man hat uns beim Übergang hart zugesetzt, es hat Blut gekostet... Nur den Rappen rühr nicht an, der gehört mir... Was stehst du noch da?«
    »Ich danke dir für die Hilfe. Für alles.«
    Sie antwortete nicht.
    »Ich schulde dir etwas. Wie kann ich mich revanchieren?«
    »Wie? Na, indem du endlich deiner Wege gehst!«, schrie sie, stemmte sich auf dem Ellenbogen hoch und riss heftig an der Decke. »Ich... ich muss mich ausschlafen! Nimm ein Pferd ... und reit. Nach Nilfgaard, in die Hölle, zum Teufel, mir ist es gleich! Geh weg! Lass mich in Ruhe!«
    »Ich werde bezahlen, was ich dir schulde«, sagte er leise. »Ich werde es nicht vergessen. Vielleicht geschieht es einmal, dass du Hilfe brauchst. Einen Halt. Eine Schulter. Dann schrei, schrei in die Nacht. Und ich werde kommen.«
     
    Der Bock lag am Rande eines Hangs, der von sprudelnden Quellen schwammig und dicht mit Farnen überwachsen war; er lag ausgestreckt da, das glasige Auge gen Himmel gerichtet. Milva sah die großen Zecken, die sich an seinem hellbraungelblichen Bauch festgesogen hatten.
    »Ihr werdet euch anderes Blut suchen müssen, Würmchen«, murmelte sie, während sie
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