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Feuersee

Titel: Feuersee
Autoren: Margaret Weis , Tracy Hickman
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Augen machen werden, wenn sie kommen. Wie sie staunen
werden, wenn sie
all das Gold sehen, all die Edelsteine!‹ sagten wir
zueinander. Mit dem Gold
und den Juwelen nur dieses Thronsessels könnte man in ihrer
Welt eine ganze
Nation kaufen, wenn man den alten Schriften glauben darf. Und unsere
Welt ist
angefüllt mit solchen Schätzen, die unangetastet im
Fels eingeschlossen liegen.
    Ich erinnere mich an die Minen. Oh, das war vor
langer Zeit. Lange vor deiner Geburt, mein Sohn. Das Kleine Volk
existierte
noch. Sie waren die letzten, die zähesten, die
stärksten. Sie überdauerten am
längsten.
    Mein Vater nahm mich mit zu ihnen, als ich ein
Junge war. Ich weiß nicht mehr viel davon, nur an ihre
blitzenden Augen kann
ich mich erinnern, an die buschigen Bärte, die ihre Gesichter
verbargen, und
ihre kurzen, geschickten Finger. Ich hatte Angst vor ihnen, aber mein
Vater
sagte, sie wären an sich ein friedfertiges,
sanftmütiges Völkchen, nur
unfreundlich und grob zu Fremden.«
    Der alte König seufzt tief auf. Seine Hand reibt
über das kalte Metall der Armlehne, als könnte er den
Widerschein des Lichts
darauf noch einmal zum Leben erwecken. »Jetzt begreife ich es
besser. Sie waren
grob und unfreundlich, weil sie Angst hatten. Sie ahnten, welches
Schicksal
ihnen bestimmt war. Mein Vater muß es auch geahnt haben. Er
versuchte es
abzuwenden, aber was konnte er schon tun. Unsere Magie war nicht stark
genug,
sie zu retten. Sie war nicht einmal stark genug, uns selbst zu retten.
    Sieh es dir an!« Weinerlich schlägt der
König
mit der schwachen Faust auf die goldene Lehne. »Reichtum!
Reichtum, der
ausreichen würde, eine ganze Nation zu kaufen. Und mein Volk
hungert! Alles
Plunder! Wertloser Tand!«
    Er starrt auf das edle Metall. Es ist matt und
stumpf, beinahe häßlich, und das trübe
Licht der kleinen Lampe zu Füßen des
alten Mannes verleiht ihm keinen Glanz. Auch das Funkeln der Diamanten
ist
erloschen. Ihr Feuer – ihr Leben – wird
genährt vom Feuer – Leben – der
Menschen. Wenn das Leben erstorben ist, werden die Diamanten so tot
sein wie die
Welt um sie herum.
    »Sie kommen nicht mehr, was glaubst du, mein
Sohn?« fragt der greise Monarch.
    »Nein, Vater«, erwidert Edmund. Seine
Hand,
stark und warm, legt sich über des alten Mannes klamme,
abgezehrte Finger. »Sie
kommen nicht mehr. Sonst wären sie längst
hier.«
    »Ich möchte nach draußen
gehen«, äußert der
König übergangslos.
    »Bist du sicher, Vater?« Edmund schaut ihn
besorgt an.
    »Ja, ich bin sicher!« antwortet sein Vater
gereizt. Ein weiteres Vorrecht des Alters – Launenhaftigkeit.
    In seinen Pelzumhang gehüllt, erhebt er sich und
steigt von der Empore. Sein Sohn hält sich bereit, um ihn zu
stützen, sollte es
notwendig sein, doch er braucht nicht zu helfen. Der König ist
alt, selbst nach
den Maßstäben unserer langlebigen Rasse, aber dank
seiner starken Magie gelang
es ihm besser als den meisten, seine Kraft zu bewahren, und er erfreut
sich
guter Gesundheit. Zwar sind seine Schultern gebeugt, aber das kommt von
den
schweren Lasten, die seine lange Regierungszeit ihm
aufgebürdet hat. Sein Haar
ist bereits seit seinem vierzigsten Lebensjahr schlohweiß,
als ihm nach kurzer
Krankheit die Gemahlin starb.
    Edmund nimmt die Gaslampe und leuchtet voran.
Gas ist heutzutage kostbar, kostbarer als Gold. Der König hebt
den Blick zu den
Kronleuchtern, die kalt und dunkel von der Decke hängen. Ich
errate seine
Gedanken. Er weiß, daß er unnötig Gas
verschwendet, aber ist es wirklich
Verschwendung? Er ist der König. Eines Tages wird sein Sohn
ihm nachfolgen. Er
muß ihm zeigen, ihm erklären, vor Augen
führen, wie es früher gewesen ist. Denn
wer weiß? Immer bleibt die Hoffnung, daß sein Sohn
zurückkehrt und das
Vergangene zu neuem Leben erweckt.
    Sie verlassen den Thronsaal und treten in den
unbeleuchteten, zugigen Korridor hinaus. Ich stelle mich so hin,
daß ich bestimmt
gesehen werde. Der Schein der Gaslampe fällt auf mich. Ich
erblicke mein Bild
in dem Spiegel an der gegenüberliegenden Wand. Ein blasses,
überwaches Gesicht
schält sich aus der Dunkelheit, weiß inmitten der
Schatten; die Augen
reflektieren glitzernd das spärliche Licht. Der Leib, von
schwarzen Gewändern
verhüllt, ist eins mit dem ewigen Schlaf, der sich
über das Reich gesenkt hat,
daher scheint mein Kopf körperlos im Nichts zu schweben. Es
ist ein
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