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Feuermohn

Feuermohn

Titel: Feuermohn
Autoren: Astrid Martini
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tun, als ob.
    Dies gelang ihr erstaunlich gut. Joe spürte nichts von ihrem Kummer, zumindest sprach er sie nicht darauf an. Und bald waren sie in eine lebhafte Plauderei vertieft. Die Zeit verflog, sie redeten über Gott und die Welt, auch darüber, dass sie schon bald abreisen würde.
    „Schade, dass dein Urlaub vorbei ist. Aber du wirst hoffentlich Wort halten und mir dann und wann einen Besuch abstatten?“
    „Versprochen!“
    „Ich verlasse mich darauf!“
    „Auf mein Wort ist Verlass!“
    „Und was macht dein Herz? Ich hoffe, du nimmst es unversehrt wieder mit!“ Die klugen Augen des alten Mannes schienen ihr auf den Grund der Seele zu blicken.
    Annas Innenleben geriet in Aufruhr. Hatte er ihr etwas angemerkt? Oder fragte er, weil sie ihm einmal von ihrer Zuneigung zu Aaron erzählt hatte? Egal, sie beschloss ehrlich zu ihm zu sein. Und so begann sie von den glücklichen Stunden und dem unglücklichen Ende zu erzählen.
    Joe hörte aufmerksam zu, nickte mitfühlend.
    Die Gestalt, die im Wohnraum stand und sie mit einer Mischung aus Unverständnis und Verblüffung beobachtete, bemerkten sie nicht.
    Aarons Augen verengten sich. Annas Worte drangen ebenso ungefiltert zu ihm durch wie ihre Tränen.
    „Kann ich etwas für dich tun?“ Joe legte seine Hand mitfühlend auf ihre bebende Schulter. Ihr Schluchzen berührte ihn. Er wusste, Worte konnten bei dieser Art von Schmerz nicht helfen.
    „Deinen Kummer kann ich dir leider nicht nehmen. Ich möchte auch keine Standardsprüche zum Besten geben. Ich werde aber für dich da sein!“
    Dankbar erwiderte Anna seinen warmen Blick.
    „Vielleicht zaubert dies hier ja ein kleines Lächeln auf deine Lippen.“ Er schob ihr ein Päckchen zu, hübsch verpackt in Geschenkpapier, das wie Papyrus wirkte.
    Sie begann freudig überrascht und auch neugierig auszupacken.
    Zum Vorschein kam eine Schreibpalette, wie die Schreiber aus dem alten Ägypten sie besessen hatten. Sie war neu und blank poliert. Die Oberfläche glänzte fein. Für die Pinsel und Federn gab es eine Vertiefung, ebenfalls für das Tintenglas. Auf der Schreibfläche war Thoth, der ägyptische Gott des Mondes, der Magie und der Schreiber in Silber eingelegt. Das Ganze war so zierlich und wunderschön gearbeitet, dass Anna nach Luft schnappte. Ihr erfreuter Aufschrei amüsierte Joe. Sie brachte kein Wort heraus, ihre Augen glänzten. Liebevoll tasteten ihre Finger über die glatte Oberfläche der Palette. Keine raue Stelle war zu spüren, kein Makel, alles war perfekt gearbeitet. „Sie ist aus Ebenholz. Ich habe sie mir vor Jahrzehnten aus Ägypten mitgebracht. Sie wurde nach einer Zeichnung von mir angefertigt. Und nun gehört sie dir.“ Während sie ihn mit offenem Mund anstarrte, schob er ihr einen schmalen Kasten zu, ebenfalls aus Ebenholz. Auf seinem Deckel waren Hieroglyphen in Silber eingelegt.
    Zierliche Pinsel, eine antike Rohrfeder und ein Schaber aus glattem Holz lagen eingebettet in dunkelgrünem Samt.
    „Das alles kann ich unmöglich annehmen. Es ist …“ Sie brach ab, ihr fehlten die Worte.
    „Willst du deinen alten Lehrmeister beleidigen? Es sind Geschenke, die von Herzen kommen. Sie gehören dir, keine Widerrede!“ Seine gespielte Empörung wich einem Schmunzeln. „Allerdings knüpfe ich daran die Bedingung, dass du mir diese Werkzeuge regelmäßig vorführst. Auf unsere Schreibstunden möchte ich nur ungern verzichten!“
    Hocherfreut sprang sie auf, umrundete den Tisch und umarmte ihn.
    Ihr herzliches „Danke“ wurde von einer sarkastisch klingenden Stimme unterbrochen, die sie unter Tausenden von Stimmen wiedererkannt hätte.
    „Wie rührend. Diese kleine Szene treibt mir die Tränen in die Augen!“ Aarons Blick war fest und vollkommen kühl. Seine Mundwinkel waren spöttisch verzogen.
    Anna starrte ihn mit offenem Mund an.
    „Aaron!“ Joe begrüßte ihn überrascht. „Kann ich etwas für dich tun, mein Junge?“ Es war ungewöhnlich, dass Aaron um diese Zeit zu ihm kam.
    „Danke, Großvater! Es hat sich erledigt.“ Anna blieb keine Zeit, über seine Worte nachzudenken, denn an sie gewandt fuhr er fort: „Eine ganz billige Masche, die du da präsentierst.“ Er lachte kalt und höhnisch auf. „Die Pressetante versucht nun über meinen Großvater an mich heranzukommen.“
    Anna blickte verwirrt von einem zum andern. Aarons arroganter Blick jedoch wischte sämtliche Verwirrung beiseite, ließ stattdessen lodernde Wut in ihr aufsteigen.
    „Was bildest du dir eigentlich
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