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Feuerklingen (First Law - Band 2)

Feuerklingen (First Law - Band 2)

Titel: Feuerklingen (First Law - Band 2)
Autoren: Joe Abercrombie
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den Felsblöcken und ließ sie in traurigem Chor singen, seufzen und heulen.
    Die Insel war kaum bewachsen. Es gab ein wenig farbloses Gras, vom Salz verdorben, und ein paar dornige Büsche, mehr tot als lebendig. Ein paar zusammengekauerte, verkümmerte Bäume krallten sich etwas weiter vom Ufer in den unnachgiebigen Fels, entgegen der Windrichtung geduckt und gebeugt, als ob sie jeden Augenblick ausgerissen werden könnten. Jezal fühlte ihren Schmerz.
    »Ein reizender Ort!«, brüllte er, und der Wind riss ihm die Worte vom Mund, kaum dass sie ihm über die Lippen kamen. »Wenn man Felsen mag!«
    »Wo versteckt der Weise einen Stein?«, hielt Bayaz ihm entgegen. »Unter tausend anderen Steinen! Unter einer Million!«
    An Steinen war hier tatsächlich mit Sicherheit kein Mangel. An großen Blöcken, Felsen, Kiesel und Schotter ebenfalls nicht. Es war der Mangel an allem anderen, der diesen Ort so unfreundlich wirken ließ. Jezal sah hastig über seine Schulter, und plötzliche Angst überfiel ihn angesichts der Vorstellung, die vier Ruderer könnten das Boot ins Meer hinausschieben und sie hier aussetzen.
    Aber sie waren noch dort, wo sie gewesen waren, und ihr Nachen schaukelte sanft in der Nähe des Strandes. Weiter draußen auf dem aufgewühlten Ozean lag Cawneils schlecht gebautes, badewannenartiges Schiff vor Anker, die Segel eingerollt, der Mast ein schwarzer Strich vor dem drohenden Himmel, langsam auf den unruhigen Wellen vor und zurück schwankend.
     
    »Wir müssen einen Fleck finden, an dem uns der Wind nicht so erwischt!«, bellte Logen.
    »Gibt es so was hier auf dieser verdammten Insel?«, brüllte Jezal zurück.
    »Das muss es geben! Wir brauchen ein Feuer!«
    Langfuß wies zu den Klippen. »Dort oben finden wir vielleicht eine Höhle oder eine geschützte Stelle. Ich werde euch führen!«
    Sie kletterten den Strand hinauf, rutschten zunächst über Kiesel, dann sprangen sie von Fels zu Fels. Der Rand der Welt schien als Reiseziel die Mühen kaum zu lohnen. Kalten Stein und kaltes Wasser hätten sie auch schon im Norden reichlich finden können. Logen hatte ein schlechtes Gefühl, was diesen öden Ort anging, aber es hatte keinen Zweck, das auszusprechen. Er hatte seit zehn Jahren ein schlechtes Gefühl. Jetzt nur schnell diesen Geist rufen, den Samen finden, und dann nichts wie weg. Aber was dann? Zurück in den Norden? Zurück zu Bethod, seinen Söhnen, reihenweise offenen Rechnungen und Strömen bösen Bluts? Logen verzog das Gesicht. Nichts davon war besonders verlockend. Besser man brachte es hinter sich, als dass man sich lange davor fürchtete, hätte sein Vater gesagt, aber sein Vater hatte alles Mögliche gesagt, und viele seiner Sprüche waren von geringem Nutzen.
    Er sah zu Ferro hinüber, und sie erwiderte seinen Blick. Es war kein finsterer Blick, aber auch kein Lächeln. Er hatte Frauen nie besonders gut verstanden, das stimmte, aber Ferro war für ihn ein ganz neues Rätsel. Tagsüber verhielt sie sich ihm gegenüber so kalt und abweisend, wie sie es von Anfang an getan hatte, aber dennoch fand sie in den meisten Nächten den Weg unter seine Decke. Er verstand es nicht, und er wagte nicht zu fragen. Die traurige Tatsache war die, dass sie das Beste war, das es seit langer Zeit in seinem Leben gegeben hatte. Er blies die Wangen auf und kratzte sich am Kopf. Das warf ein ziemlich düsteres Licht auf sein Leben, wenn er jetzt so darüber nachdachte.
    Am Fuß der Klippen fanden sie eine Art Höhle. Es war mehr eine Senke im Windschatten zweier großer Felsen, wo der Wind nicht ganz so sehr wütete. Für ein Gespräch mit den Geistern war es noch immer kein besonders guter Ort, aber die Insel war eine einzige Ödnis, und es bestand wenig Aussicht darauf, etwas Besseres zu finden. Da musste man realistisch sein.
    Ferro schlug mit dem Schwert von einem verkrüppelten Baum in der Nähe ein paar Äste ab, und bald hatten sie genug Kleinholz, um ein Flämmchen in Gang zu bringen. Logen beugte sich vor und holte mit tauben Fingern die Zunderbüchse hervor. Ein kalter Hauch wehte um die Felsen, und das Holz war feucht, aber nach vielem Fluchen und Herumhantieren mit den Feuersteinen hatte er es geschafft, ein Feuer anzuzünden, das für ihre Zwecke reichen musste. Sie alle drängten sich nun um das knisternde Holz.
    »Holt die Kiste«, sagte Bayaz, und Logen zog das schwere Ding aus seinem Rucksack und setzte es schnaufend neben Ferro ab. Bayaz tastete mit den Fingerspitzen unter den Vorsprung
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