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Feuerklingen (First Law - Band 2)

Feuerklingen (First Law - Band 2)

Titel: Feuerklingen (First Law - Band 2)
Autoren: Joe Abercrombie
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der Sichtweite ein paar hundert Carls. Vielleicht war es auch nur der Fluss, der an seinen Ufern schmatzte. Hundsmann ließ den Toten liegen und schlich zurück ins Gebüsch, wobei er von einem Baum zum nächsten eilte, die in der grauen Suppe vor ihm auftauchten.
    Beinahe stürzte er über einen weiteren Toten, der halb unter einem Blätterhaufen vergraben war, auf dem Rücken liegend und mit ausgebreiteten Armen. Er kam an einem weiteren vorbei, der auf den Knien lag; ein paar Pfeile staken in seiner Seite, und er streckte das Gesicht gen Boden und den Hintern in die Luft. Der Tod kennt keine Würde, das ist nun einmal Tatsache. Der Hundsmann beeilte sich, es drängte ihn danach, zu den anderen zurückzukehren und ihnen zu erzählen, was er gesehen hatte. Und von diesen Leichen wegzukommen.
    Er hatte schon viele gesehen, natürlich. Mehr, als ihm zukam. Aber er hatte sich nie wirklich an sie gewöhnt. Es ist leicht, einen Menschen in einen Kadaver zu verwandeln. Hundsmann kannte tausend Arten, das zu tun. Aber wenn man es getan hat, gibt es kein Zurück mehr. Eben noch ist er ein Mensch, voller Hoffnungen, Gedanken und Träume. Ein Mensch mit Freunden, mit Familie, mit einer Heimat. Einen Augenblick später ist er wieder Schlamm. Es erinnerte den Hundsmann an all die Scharmützel, in die er geraten war, an die Kämpfe und Schlachten, an denen er teilgenommen hatte. Es ließ ihn daran denken, wie glücklich er sich schätzen konnte, dass er noch immer atmete. Geradezu blödsinnig glücklich. Und es ließ ihn fürchten, sein Glück könnte nicht von Dauer sein. jetzt rannte er schon beinahe. Leichtsinnig. Er stolperte durch den Nebel wie ein unerfahrener Junge. Nahm sich keine Zeit, reckte die Nase nicht in den Wind, lauschte nicht. Ein Namhafter Mann wie er, ein Kundschafter, der den ganzen Norden erkundet hatte, hätte es besser wissen sollen, aber man kann nicht stets in Habachtstellung sein. Und so geschah es dann.
    Er bekam einen schweren Schlag gegen die Seite, der ihn bäuchlings zu Boden warf. Als er sich aufzurichten versuchte, gab ihm jemand einen Tritt, dass er wieder hinfiel. Hundsmann kämpfte, aber wer auch immer der Drecksack hinter ihm war, er war fürchterlich stark. Bevor er wusste, wie ihm geschah, lag er auf dem Rücken am Boden, und das hatte er sich ganz allein selbst zuzuschreiben. Sich selbst und den Leichen und dem Nebel. Eine Hand packte seinen Hals und drückte ihm die Kehle zu.
    »Gurgg«, krächzte er und kratzte an der Hand. Ihm war, als habe nun seine letzte Stunde geschlagen. All seine Hoffnungen würden zu Schlamm. Der große Gleichmacher kam nun auch zu ihm …
    Dann hörten die Finger auf zu drücken.
    »Hundsmann«, sagte eine Stimme nahe an seinem Ohr, »bist du das?«
    »Gurgg.«
    Die Hand löste sich von seiner Kehle, und er holte tief Luft. Fühlte sich an seiner Jacke gepackt und emporgezogen. »Scheiße noch mal, Hundsmann! Ich hätte dich umbringen können!« Jetzt erkannte er die vertraute Stimme. Der Schwarze Dow, dieser Drecksack. Hundsmann war halb erzürnt, dass man ihn beinahe zu Tode gewürgt hatte, und zur anderen Hälfte geradezu blödsinnig glücklich darüber, noch am Leben zu sein. Er hörte, wie Dow über ihn lachte. Ein herbes Lachen, wie der Schrei einer Krähe. »Alles klar?«
    »Ich bin schon herzlicher begrüßt worden«, krächzte Hundsmann, der noch immer nach Luft rang.
    »Du kannst verdammt froh sein, ich hätte auch härter zupacken können. Viel härter. Ich hab dich für einen von Bethods Kundschaftern gehalten. Dachte, du wärst drüben auf der anderen Seite des Tals.«
    »Wie du siehst«, flüsterte Hundsmann, »bin ich das nicht. Wo treiben sich die anderen herum?«
    »Die sind rauf auf einen Hügel, um über diesen Scheißnebel hinauszukommen. Sehen sich ein bisschen um.«
    Hundsmann deutete mit dem Kopf in die Richtung, aus der er gekommen war. »Da drüben liegen Leichen. Jede Menge.«
    »Jede Menge Leichen, echt?«, fragte Dow, als glaube er nicht, dass der Hundsmann wusste, wie jede Menge Leichen aussahen. »Ha!«
    »Joh, jedenfalls ziemlich viele. Tote Unionsmänner, nehm ich an. Sieht aus, als hätte es hier einen Kampf gegeben.«
    Der Schwarze Dow lachte wieder. »Einen Kampf, meinst du?« Hundsmann war sich nicht sicher, was er damit meinte.
    »Scheiße«, sagte er.
    Sie standen oben auf dem Hügel, alle fünf. Der Nebel hatte sich verzogen, aber beinahe wünschte Hundsmann sich jetzt, er wäre noch da. Er sah nun, was Dow gemeint hatte,
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