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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau
Autoren: Federica de Cesco
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Stirn, erstaunt, aber kaum betroffen. Verschiedene Empfindungen glitten über sein Gesicht, wie leichte Sommerwolken. Und mit einemmal kicherte er jungenhaft.
    »Ay, que tonto soy! – Wie dumm ich bin! Das ist mir nicht in den Sinn gekommen. Du hast Leben in deinem Leib, Querida. Dein Instinkt hat dich von dem Feuer abgeschreckt.«
    So, dachte ich, so war das also. Ich hatte nichts begriffen. Aber mein Körper wußte es besser. Das Kind sollte nicht zu Schaden kommen. Ich sagte heiser:
    »Erinnerst du dich an Demetria?«
    Er erwiderte meinen Blick.
    »Das Zweite Gesicht, nicht wahr? Alle meinten, sie sei eine alte Frau, ein bißchen verwirrt. Aber sie sah tiefer als wir. Solche Menschen knüpfen die Lebensfäden, auch für andere.«
    Er zwang mich sanft auf das Bett nieder, legte sich neben mich und streichelte mich. Wir sahen einander an, mit glänzenden Augen. Ich sagte:
    »Wir müssen es Amadeo mitteilen.«
    Und während ich das sagte, fühlte ich deine Gegenwart, sah deine Gestalt, dein Antlitz, das jedem von uns bereits den Stempel der Liebe aufgedrückt hatte. Ein Kind formte sich in mir, ein Geschöpf der Sehnsucht des Lebens nach sich selbst. Mein Körper gab ihm ein Haus, in dem es beschützt war.
    »Was spielt es für eine Rolle, aus wessen Samen es stammt?« hatte Demetria gesagt.
    Manuel lachte plötzlich hellauf.
    »Ich bin glücklich«, sagte er mit großer Offenheit und Einfachheit. »Ich denke, Amadeo wird es auch sein. Meinst du nicht auch, Querida?«
    Müdigkeit umfing mich; die Schlaftablette wirkte noch. Sie mußte ziemlich stark gewesen sein. Ich spürte, wie Manuel gelöst atmete, und schloß lächelnd die Augen.
    »Doch«, sagte ich leise. »Ich denke, er wird glücklich sein.«

39. KAPITEL

    I n der kreisrunden, schwarzen Wasserfläche stand ein Reiter allein mit seinem Spiegelbild. Das Pferd, ein Schimmel, bewegte keinen Muskel, leuchtete ruhig und kühl, wie reines Silber. Unter der gewellten Mähne blickten die Augen, groß, dunkel und glänzend, mit jenem scharf aufzuckenden Schimmer, der zeigt, daß ein Pferd intelligent ist. Der Hengst hielt die Ohren leicht zurückgelehnt, den Hals anmutig geschwungen, während vollkommene Stille das Zelt erfüllte und Tausende von Zuschauern den Atem anhielten. Der Reiter trug ein dunkelblaues Hosengewand. Ein Gürtel aus grobem Leder, silberbeschlagen, betonte die schmalen Hüften. Das schwarze Haar fiel auf seine bloßen, kaffeebraunen Schultern. Das ganz besondere Licht des Scheinwerfers verlieh dem halbnackten Körper eine überraschende Leuchtkraft, verwandelte ihn in ein Wesen aus blauem Kristall. Auf seine Schulter war eine Lilie tätowiert, die sich mit seinen Atemzügen zu bewegen schien. Er ritt den Schimmel ohne Zaumzeug, ohne Steigbügel, führte ihn nur an einem Zügel. Und trotzdem hielt er sich ebenso aufrecht wie die hohe Lanze, die er mit kraftvollem Stoß in das Wasser aufgepflanzt hatte.
    Sein hochmütiges Profil, von Scheinwerfern angestrahlt, schien in seiner Reglosigkeit wie gemeißelt. Und nach und nach, wie im Traum, kam Bewegung in ihn. Sehr langsam zog er den Speer aus dem Wasser; Tropfen glitzerten am Stahl. Ein paar Atemzüge lang wog der Reiter die Lanze in seiner Hand. Dann schleuderte er sie mit vollem Schwung. Die geschmeidige Drehung des Körpers und seine Bewegungen waren so aus einem Guß, daß der Schaft aus Metall wie aus dem Nichts heraus durch das verdunkelte Zirkuszelt flog, eine blitzende Linie, die sich mit dumpfem Prall in die Zielscheibe bohrte. Da flammten alle Scheinwerfer auf; blaues Licht erhellte das Zirkuszelt. Zum Klang der Trommel und Flöten, zu den volltönenden Lauten der indischen Sitar stieg der Schimmel langsam und mächtig aus dem Wasser. Seine Mähne wippte auf und nieder, seine Füße folgten geschmeidig dem Takt, während er sich zuerst im Schritt, dann im Trab, dann im rasenden Galopp über die mit Sägespänen bedeckte Manege bewegte. Das Pferd schien von selbst zu wissen, was es zu tun hatte; der Reiter kümmerte sich nicht um die Zügel, breitete die Arme aus, ließ sich tragen. Beide, der Reiter und sein Pferd, teilten die gleiche Verzückung, den gleichen Zauber und vielleicht die gleichen Visionen.
    Manuel und ich standen am Zelteingang, dicht an der Außenwand.
    Dieses Reich voller Schatten und Schemen war mir vertraut. Die vielfältigen und undeutlichen Eindrücke für Auge und Ohr, die zu uns hinüberdrangen – das Klirren der Zaumzeuge, das dumpfe Stampfen von Hufen, das
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