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Feuerflut

Feuerflut

Titel: Feuerflut
Autoren: Vonda N. McIntyre
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alles Sehenswerte zeigen: Die Administration an der Nase herumzuführen, war die interessantere Alternative. Kathell hatte ihnen einen großen Gefallen getan. Ohne ihre Gastfreundschaft hätte Laenea ein Hotelzimmer mieten müssen.
    Damit aber hätte sie eine Spur hinterlassen, und kurze Zeit später wäre ein diskreter Bote erschienen und hätte sie aufgefordert, mit ihm ins Krankenhaus zurückzukommen. Sie hätte sicher nicht die Kaltschnäuzigkeit aufgebracht, diesen harmlosen, unschuldigen Lakai zu überwältigen und lachend wieder unterzutauchen. Wahrscheinlich würde sie ergeben die Schultern zucken und mitgehen. Sie hatte noch nie Spaß an körperlichen Auseinandersetzungen gehabt. Sie kannte sich und wußte, wo ihre Grenzen lagen, doch sie war nicht sicher, was sie jetzt tun sollte.
    „Verdammt“, murmelte sie.
    Sein Haar war feucht, genau wie das ihre, nachdem sie geduscht hatten. Radu setzte sich ihr gegenüber. Sie trugen Kaftans, deren Farben nicht zueinander paßten. Radu lehnte sich zurück und lachte. „Du bist viel zu zerzaust, um in Würde wütend zu sein.“
    Sie beugte sich vor und kitzelte eine empfindliche Stelle seines Körpers, die sie entdeckt hatte. „Ich werde dir zeigen, was Würde …“
    Er bog sich zurück und schlug nach ihrer Hand, verfehlte sie und lachte hilflos. Als Laenea aufhörte, ihn zu kitzeln, lag sie auf ihm, auf der breiten, weichen Couch. Radu sah sie wachsam an, tiefe Lachfalten um Mund und Augen.
    „Friede“, sagte sie und hob die Hände. Radu entspannte sich.
    „Was hat dich so wütend gemacht?“ Er fuhr mit der Hand über ihr Gesicht.
    „Die Administratoren – diese verdammte Bürokratie. Die idiotischen Tests.“ Sie lachte wieder, bitter diesmal. „Würde … ein paar dieser Tests können einen dazu bringen, dieses Wort für immer aus seinem Vokabular zu streichen.“
    „Waren sie notwendig? Für deine Gesundheit?“
    Sie erzählte ihm von den Psychodrogen, den Sedativen, dem Schlaf, der langen Zeit, in der sie nur gehorchen mußte. „Ihr Erfindungsreichtum ist grenzenlos. Wenn ich nicht so unverschämt gesund wäre, hätten sie mich längst wieder auf die Straße geschickt, mit meinem alten Herz. Ich wäre … nichts.“
    „Das ist doch unmöglich!“
    Sie hatte von Menschen gehört, die bei den Test als Piloten versagt hatten, und denen man ihr altes, organisches Herz wieder eingepflanzt hatte. Keiner von ihnen war jemals wieder geflogen, weder als Pilot noch als Crewmitglied, noch als Passagier. „Nichts.“
    Ihre Erregung erschütterte ihn. „Aber bei dir ist doch alles in Ordnung. Du bist, was du sein willst, wer du sein willst.“
    „Ich werde immer wütend, wenn jemand mir unnötige Schwierigkeiten macht“, gab sie zu. „Ich will dir die Erde zeigen; sie wollen, daß ich den nächsten Monat in sterilen Krankenhauszimmern verbringe. Und ich muß mich ihnen fügen – wenn sie mich finden. Meine Freiheit ist sehr begrenzt.“ Sie war völlig von ihrem Wollen beherrscht, den kommenden Monat in der realen Welt zu verbringen, weder behindert von den sogenannten Experten, die in Wirklichkeit nichts wußten, noch irregeführt von einer künstlichen Umwelt. Sie wußte nicht, wie sie ihre Gefühle artikulieren sollte; sie dachte, daß dies eins der Dinge sein mußte, worüber Piloten in ihrer zögernden, unsynkopierten Konversation sprachen. „Aber die deine nicht.“
    „Was soll das heißen?“
    „Manchmal, wenn ich zur Erde zurückkam, habe ich den Raumhafen nicht verlassen. Er ist ein Zuhause für mich. Er bietet mir alles, was ich brauche. Ich könnte einen ganzen Monat hierbleiben, ohne daß mich jemand von der Administration finden würde.“ Ihre Fingerspitzen tasteten über die frische Narbe auf ihrem Brustbein. Sie empfand es als seltsam beruhigend, obwohl diese Narbe das Symbol dessen war, was sie von ihren alten Freunden getrennt hatte. Sie brauchte jetzt neue Freunde, aber sie hielt es für unfair und dumm, Radu zu bitten, seinen ersten Erdaufenthalt auf dieser künstlichen Insel zu verbringen. „Ich werde hier bleiben. Aber du hast das nicht nötig. Auf der Erde gibt es vieles, das du sehen solltest.“
    Er antwortete nicht. Laenea hob den Kopf und sah ihn an. Er wirkte beunruhigt und verstört. „Würdest du es als eine Beleidigung auffassen, wenn ich dir sagte, daß mich historische Trümmer nicht interessieren?“
    „Würdest du lieber bei mir bleiben?“
    „Ja. Sehr viel lieber.“
     
    Laenea führte Radu durch die riesige
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