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Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)

Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)

Titel: Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)
Autoren: Mats Strandberg
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weiß, dass er an Rebecka denkt.
    Rebeckas Tod hat sie zusammengeführt. Aber sie sprechen immer seltener über sie. Minoo vermeidet das Thema. Je näher sie Gustaf kommt, umso schwieriger wird es, die Lüge aufrechtzuerhalten, dass der Tod seiner Freundin ein Selbstmord war.
    Sie sieht den vertrauten Schatten über sein Gesicht ziehen, und sie will ihn fragen, wie es ihm geht, ob er noch immer diese Albträume hat, in denen er mit ansieht, wie Rebecka stirbt, ob er sich noch immer Vorwürfe macht. Sie will die gute Freundin sein, die er verdient.
    Aber wie soll sie eine Freundin sein und ihn gleichzeitig in einer so wichtigen Sache belügen?
    Sie wünschte, sie könnte ihm die Wahrheit sagen, doch das wird niemals möglich sein.
    Der Wald endet an einem Feld, auf dem die Sommerblumen längst verdorrt sind. Gegenüber liegt der alte, verlassene Herrenhof.
    »Wusstest du, dass das früher mal ein Hotel mit einem Restaurant war?«, fragt Minoo, um das Gesprächsthema zu wechseln.
    »Nein«, sagt Gustaf. »Wann denn?«
    »Mein Vater hat mir davon erzählt. Das war in den Neunzigern. Ein paar Gastronomen aus Stockholm haben das Haus gekauft und es für unglaublich viel Geld renoviert. Der Laden erhielt wahnsinnig tolle Kritiken, aber nach einem Jahr mussten sie schließen. Es kamen keine Gäste. Papa sagt, die Leute in Engelsfors hätten sich darauf geeinigt, diesen Stockholmern ihr Geld auf keinen Fall in den Rachen zu werfen. Als hätte nicht die ganze Stadt davon profitiert, dass sich hier endlich mal was tat.«
    Gustaf lacht auf.
    »Typisch Engelsfors.«
    Sie bleiben stehen und schauen eine Weile zum Herrenhof. Ein riesiges weißes, zweistöckiges Holzhaus. Definitiv das größte und schönste Haus der Stadt. Nicht dass die Konkurrenz besonders groß wäre. Eine breite Steintreppe führt vom verwilderten Garten auf die Veranda, wo zwei massive Säulen den großen Balkon des zweiten Stocks stützen.
    »Wollen wir uns mal umsehen?«, fragt Gustaf.
    »Okay«, sagt Minoo.
    Sie gehen über das Feld. Das völlig vertrocknete Gras reicht Minoo bis zu den Knien, und mit Unbehagen denkt sie an all die ausgehungerten Zecken, die jetzt vermutlich Blut wittern.
    »Willst du in Engelsfors bleiben?«, fragt sie. »Wenn wir mit der Schule fertig sind, meine ich.«
    »Ich werde wohl erst mal arbeiten. Was danach ist, weiß ich noch nicht. Irgendwie mag ich die Stadt. Ich bin hier zu Hause. Aber man hat hier keine Zukunft. Andererseits sollte man vielleicht gerade deshalb irgendwann zurückkommen. Etwas aufbauen.«
    »Vielleicht ein Hotel-Restaurant eröffnen?«
    »Denkst du, zu mir würden sie kommen?«
    Ja, denkt Minoo. Das würden sie garantiert tun. Weil du du bist.
    »Na klar. Du bist ja kein Stockholmer«, sagt sie.
    Aus der Nähe sieht man, wie heruntergekommen das Haus ist. Die Farbe blättert von der Fassade, an manchen Stellen kann man sogar schon das blanke Holz sehen. Die Fenster im Erdgeschoss sind mit Klappläden verschlossen. Minoo denkt an die früheren Besitzer, an die viele Arbeit, die sie in das Gebäude investiert haben. Und jetzt verfällt es wieder.
    Gustaf geht die Treppe zur Veranda hoch, aber auf der Hälfte bleibt er stehen. Lauscht.
    »Was ist los?«, fragt Minoo.
    »Ich glaube, im Haus ist jemand«, sagt Gustaf leise.
    Langsam geht er an der Holzwand entlang. Minoo folgt ihm, schaut nervös zu den Fenstern im oberen Stock. Sie biegen um die Ecke und stehen an der Vorderseite des Hauses.
    Ein dunkelgrünes Auto parkt auf der Kiesauffahrt. Die Beifahrertür steht weit offen und Minoo sieht einen jungen Mann im Wagen sitzen.
    Als er sie entdeckt, steigt er mit einer einzigen fließenden Bewegung aus.
    Er ist in ihrem Alter, aber größer als Gustaf. Aschblonde Locken umrahmen sein Gesicht mit der glatten, makellosen Haut. Er sieht aus, als wäre er einer dieser exklusiven Werbeanzeigen entsprungen, in denen alle immerzu segeln und Golf spielen.
    »Hi«, sagt Gustaf. »Entschuldige, wir dachten, das Haus würde leer stehen …«
    »Da habt ihr falsch gedacht.«
    Er hat genau diesen »vornehmen« Stockholmer Dialekt, der die meisten Leute hier in Engelsfors so provoziert, ganz egal, wie freundlich die Person auch ist. Und in diesem Fall liegt nicht mal ein Hauch von Freundlichkeit in der Stimme.
    Gustaf schaut ihn überrascht an.
    Natürlich, denkt Minoo. Für ihn ist es völlig neu, dass jemand nicht nett zu ihm ist.
    »Sieht so aus«, sagt Gustaf. »Zieht ihr hier ein?«
    »Ja«, sagt der Fremde in einem
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